Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Misgeburt zu machen. Du kränktest Deinen
Vater, und er starb nun weit früher, als ich
es geglaubt hatte. Ich fuhr indessen mit mei-
nen Künsten fort, weil die Maschinen einmal
in den Gang gebracht waren und ich mich
daran gewöhnt hatte, Dich als mein gehegtes
Wild zu betrachten. Du wirst hier nicht von
mir verlangen, daß ich Dir weitläuftig aus-
einandersetze, auf welche plumpe Art Du Dich
hintergehen ließest, es würde Deiner Eitelkeit
nur zu wehe thun. Es gelang mir, Dich im-
mer in Spannung zu erhalten; ein Zustand,
der am leichtesten die Vernunft verdunkelt.
Jetzt hörte ich, daß der alte Burton gestorben
sey, und ich schickte Dich nun mit Aufträgen
nach England, die Du so ungeschickt wie ein
unwissender Knabe ausrichtetest. Wenn Eduard
nicht mehr lebte, und seine Schwester Dir zu-
gehörte, oder auch aus dem Wege geschafft
war, so hatte ich die nächsten Ansprüche auf
das ansehnliche Vermögen dieser Familie, Du
hättest dann Deine verlornen Güter wieder zu-
rückbekommen, und alles wäre in einem ganz
guten Zustande gewesen. Weil ich Dir aber
damals noch nicht sagen mochte, daß ich Wa-

Misgeburt zu machen. Du kraͤnkteſt Deinen
Vater, und er ſtarb nun weit fruͤher, als ich
es geglaubt hatte. Ich fuhr indeſſen mit mei-
nen Kuͤnſten fort, weil die Maſchinen einmal
in den Gang gebracht waren und ich mich
daran gewoͤhnt hatte, Dich als mein gehegtes
Wild zu betrachten. Du wirſt hier nicht von
mir verlangen, daß ich Dir weitlaͤuftig aus-
einanderſetze, auf welche plumpe Art Du Dich
hintergehen ließeſt, es wuͤrde Deiner Eitelkeit
nur zu wehe thun. Es gelang mir, Dich im-
mer in Spannung zu erhalten; ein Zuſtand,
der am leichteſten die Vernunft verdunkelt.
Jetzt hoͤrte ich, daß der alte Burton geſtorben
ſey, und ich ſchickte Dich nun mit Auftraͤgen
nach England, die Du ſo ungeſchickt wie ein
unwiſſender Knabe ausrichteteſt. Wenn Eduard
nicht mehr lebte, und ſeine Schweſter Dir zu-
gehoͤrte, oder auch aus dem Wege geſchafft
war, ſo hatte ich die naͤchſten Anſpruͤche auf
das anſehnliche Vermoͤgen dieſer Familie, Du
haͤtteſt dann Deine verlornen Guͤter wieder zu-
ruͤckbekommen, und alles waͤre in einem ganz
guten Zuſtande geweſen. Weil ich Dir aber
damals noch nicht ſagen mochte, daß ich Wa-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0460" n="453"/>
Misgeburt zu machen. Du kra&#x0364;nkte&#x017F;t Deinen<lb/>
Vater, und er &#x017F;tarb nun weit fru&#x0364;her, als ich<lb/>
es geglaubt hatte. Ich fuhr inde&#x017F;&#x017F;en mit mei-<lb/>
nen Ku&#x0364;n&#x017F;ten fort, weil die Ma&#x017F;chinen einmal<lb/>
in den Gang gebracht waren und ich mich<lb/>
daran gewo&#x0364;hnt hatte, Dich als mein gehegtes<lb/>
Wild zu betrachten. Du wir&#x017F;t hier nicht von<lb/>
mir verlangen, daß ich Dir weitla&#x0364;uftig aus-<lb/>
einander&#x017F;etze, auf welche plumpe Art Du Dich<lb/>
hintergehen ließe&#x017F;t, es wu&#x0364;rde Deiner Eitelkeit<lb/>
nur zu wehe thun. Es gelang mir, Dich im-<lb/>
mer in Spannung zu erhalten; ein Zu&#x017F;tand,<lb/>
der am leichte&#x017F;ten die Vernunft verdunkelt.<lb/>
Jetzt ho&#x0364;rte ich, daß der alte Burton ge&#x017F;torben<lb/>
&#x017F;ey, und ich &#x017F;chickte Dich nun mit Auftra&#x0364;gen<lb/>
nach England, die Du &#x017F;o unge&#x017F;chickt wie ein<lb/>
unwi&#x017F;&#x017F;ender Knabe ausrichtete&#x017F;t. Wenn Eduard<lb/>
nicht mehr lebte, und &#x017F;eine Schwe&#x017F;ter Dir zu-<lb/>
geho&#x0364;rte, oder auch aus dem Wege ge&#x017F;chafft<lb/>
war, &#x017F;o hatte ich die na&#x0364;ch&#x017F;ten An&#x017F;pru&#x0364;che auf<lb/>
das an&#x017F;ehnliche Vermo&#x0364;gen die&#x017F;er Familie, Du<lb/>
ha&#x0364;tte&#x017F;t dann Deine verlornen Gu&#x0364;ter wieder zu-<lb/>
ru&#x0364;ckbekommen, und alles wa&#x0364;re in einem ganz<lb/>
guten Zu&#x017F;tande gewe&#x017F;en. Weil ich Dir aber<lb/>
damals noch nicht &#x017F;agen mochte, daß ich <hi rendition="#g">Wa-<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0460] Misgeburt zu machen. Du kraͤnkteſt Deinen Vater, und er ſtarb nun weit fruͤher, als ich es geglaubt hatte. Ich fuhr indeſſen mit mei- nen Kuͤnſten fort, weil die Maſchinen einmal in den Gang gebracht waren und ich mich daran gewoͤhnt hatte, Dich als mein gehegtes Wild zu betrachten. Du wirſt hier nicht von mir verlangen, daß ich Dir weitlaͤuftig aus- einanderſetze, auf welche plumpe Art Du Dich hintergehen ließeſt, es wuͤrde Deiner Eitelkeit nur zu wehe thun. Es gelang mir, Dich im- mer in Spannung zu erhalten; ein Zuſtand, der am leichteſten die Vernunft verdunkelt. Jetzt hoͤrte ich, daß der alte Burton geſtorben ſey, und ich ſchickte Dich nun mit Auftraͤgen nach England, die Du ſo ungeſchickt wie ein unwiſſender Knabe ausrichteteſt. Wenn Eduard nicht mehr lebte, und ſeine Schweſter Dir zu- gehoͤrte, oder auch aus dem Wege geſchafft war, ſo hatte ich die naͤchſten Anſpruͤche auf das anſehnliche Vermoͤgen dieſer Familie, Du haͤtteſt dann Deine verlornen Guͤter wieder zu- ruͤckbekommen, und alles waͤre in einem ganz guten Zuſtande geweſen. Weil ich Dir aber damals noch nicht ſagen mochte, daß ich Wa-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/460
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/460>, abgerufen am 04.12.2024.