stück erscheinen; Walther schien sich nicht viel dar- um zu kümmern, und verließ auch den Ritter ziem- lich gleichgültig. Eckbert konnte sein Betragen nicht begreifen; er besuchte seine Gattin, sie lag in einer Fieberhitze und sagte, die Erzählung in der Nacht müsse sie auf diese Art gespannt haben.
Seit diesem Abend besuchte Walther nur selten die Burg seines Freundes, und wenn er auch kam, ging er nach einigen unbedeutenden Worten wieder weg. Eckbert ward durch dieses Betragen im äußersten Grade gepeinigt; er ließ sich zwar gegen Bertha und Walther nichts davon merken, aber jeder muste doch seine innerliche Unruhe an ihm gewahr werden.
Mit Berthas Krankheit ward es immer be- denklicher; der Arzt ward ängstlich, die Röthe von ihren Wangen war verschwunden, und ihre Augen wurden immer glühender. -- An einem Morgen ließ sie ihren Mann an ihr Bette rufen, die Mägde mußten sich entfernen.
Lieber Mann, fing sie an, ich muß dir etwas entdecken, das mich fast um meinen Verstand ge- bracht hat, das meine Gesundheit zerrüttet, so eine unbedeutende Kleinigkeit es auch an sich schei- nen möchte. -- Du weißt, daß ich mich immer nicht, so oft ich von meiner Kindheit sprach, trotz aller angewandten Mühe auf den Namen des klei- nen Hundes besinnen konnte, mit welchem ich so lange umging; an jenem Abend sagte Walther beim Abschiede plötzlich zu mir: ich kann mir euch recht vorstellen, wie Ihr den kleinen Strohmian füt-
Erſte Abtheilung.
ſtuͤck erſcheinen; Walther ſchien ſich nicht viel dar- um zu kuͤmmern, und verließ auch den Ritter ziem- lich gleichguͤltig. Eckbert konnte ſein Betragen nicht begreifen; er beſuchte ſeine Gattin, ſie lag in einer Fieberhitze und ſagte, die Erzaͤhlung in der Nacht muͤſſe ſie auf dieſe Art geſpannt haben.
Seit dieſem Abend beſuchte Walther nur ſelten die Burg ſeines Freundes, und wenn er auch kam, ging er nach einigen unbedeutenden Worten wieder weg. Eckbert ward durch dieſes Betragen im aͤußerſten Grade gepeinigt; er ließ ſich zwar gegen Bertha und Walther nichts davon merken, aber jeder muſte doch ſeine innerliche Unruhe an ihm gewahr werden.
Mit Berthas Krankheit ward es immer be- denklicher; der Arzt ward aͤngſtlich, die Roͤthe von ihren Wangen war verſchwunden, und ihre Augen wurden immer gluͤhender. — An einem Morgen ließ ſie ihren Mann an ihr Bette rufen, die Maͤgde mußten ſich entfernen.
Lieber Mann, fing ſie an, ich muß dir etwas entdecken, das mich faſt um meinen Verſtand ge- bracht hat, das meine Geſundheit zerruͤttet, ſo eine unbedeutende Kleinigkeit es auch an ſich ſchei- nen moͤchte. — Du weißt, daß ich mich immer nicht, ſo oft ich von meiner Kindheit ſprach, trotz aller angewandten Muͤhe auf den Namen des klei- nen Hundes beſinnen konnte, mit welchem ich ſo lange umging; an jenem Abend ſagte Walther beim Abſchiede ploͤtzlich zu mir: ich kann mir euch recht vorſtellen, wie Ihr den kleinen Strohmian fuͤt-
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Erſte Abtheilung.
ſtuͤck erſcheinen; Walther ſchien ſich nicht viel dar-
um zu kuͤmmern, und verließ auch den Ritter ziem-
lich gleichguͤltig. Eckbert konnte ſein Betragen nicht
begreifen; er beſuchte ſeine Gattin, ſie lag in einer
Fieberhitze und ſagte, die Erzaͤhlung in der Nacht
muͤſſe ſie auf dieſe Art geſpannt haben.
Seit dieſem Abend beſuchte Walther nur ſelten
die Burg ſeines Freundes, und wenn er auch kam,
ging er nach einigen unbedeutenden Worten wieder
weg. Eckbert ward durch dieſes Betragen im
aͤußerſten Grade gepeinigt; er ließ ſich zwar gegen
Bertha und Walther nichts davon merken, aber
jeder muſte doch ſeine innerliche Unruhe an ihm
gewahr werden.
Mit Berthas Krankheit ward es immer be-
denklicher; der Arzt ward aͤngſtlich, die Roͤthe von
ihren Wangen war verſchwunden, und ihre Augen
wurden immer gluͤhender. — An einem Morgen
ließ ſie ihren Mann an ihr Bette rufen, die Maͤgde
mußten ſich entfernen.
Lieber Mann, fing ſie an, ich muß dir etwas
entdecken, das mich faſt um meinen Verſtand ge-
bracht hat, das meine Geſundheit zerruͤttet, ſo
eine unbedeutende Kleinigkeit es auch an ſich ſchei-
nen moͤchte. — Du weißt, daß ich mich immer
nicht, ſo oft ich von meiner Kindheit ſprach, trotz
aller angewandten Muͤhe auf den Namen des klei-
nen Hundes beſinnen konnte, mit welchem ich ſo
lange umging; an jenem Abend ſagte Walther beim
Abſchiede ploͤtzlich zu mir: ich kann mir euch recht
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/197>, abgerufen am 24.11.2024.
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