Es währte nicht lange, so wurde ein zweites Turnier gehalten, und die schöne Magelone wünschte heimlich im Herzen, daß sie des Ritters mit den silbernen Schlüsseln wieder ansichtig werden möchte; denn sie war ihm zugethan, hatte es aber noch Nie- mand anvertraut, ja sich selber kaum, denn die erste Liebe ist zaghaft, und hält sich selbst für einen Verräther. Sie ward roth, als Peter wieder mit seiner kenntlichen Waffenrüstung in die Schranken trat, und nun die Trommeten schmetterten, und bald darauf die Spieße an den Schilden krachten. Unverwandt blickte sie auf Peter, und er blieb in jedem Kampfe Sieger; sie verwunderte sich endlich darüber nicht mehr, weil ihr war, als könne es nicht anders seyn. Die Feierlichkeit war geendigt, und Peter hatte von neuem großes Lob und große Ehre eingesammelt.
Der König ließ ihn an seine Tafel laden, wo Peter der Prinzessin gegenüber saß und über ihre Schönheit erstaunte, denn er sah sie jezt zum er- stenmal in der Nähe. Sie blickte immer freundlich auf ihn hin, und dadurch kam er in große Ver- wirrung; sein Sprechen belustigte den König, und sein edler und kräftiger Anstand setzte das Hofge- sinde in Erstaunen. Im Saale kam er nachher mit der Prinzessin allein zu sprechen, und sie lud ihn ein, öfter wieder zu kommen, worauf er Ab- schied nahm, und sie ihn noch zuletzt mit einem sehr freundlichen Blicke entließ.
Peter ging wie berauscht durch die Straßen, er eilte in einen schönen Garten, und wandelte mit
ver-
Erſte Abtheilung.
Es waͤhrte nicht lange, ſo wurde ein zweites Turnier gehalten, und die ſchoͤne Magelone wuͤnſchte heimlich im Herzen, daß ſie des Ritters mit den ſilbernen Schluͤſſeln wieder anſichtig werden moͤchte; denn ſie war ihm zugethan, hatte es aber noch Nie- mand anvertraut, ja ſich ſelber kaum, denn die erſte Liebe iſt zaghaft, und haͤlt ſich ſelbſt fuͤr einen Verraͤther. Sie ward roth, als Peter wieder mit ſeiner kenntlichen Waffenruͤſtung in die Schranken trat, und nun die Trommeten ſchmetterten, und bald darauf die Spieße an den Schilden krachten. Unverwandt blickte ſie auf Peter, und er blieb in jedem Kampfe Sieger; ſie verwunderte ſich endlich daruͤber nicht mehr, weil ihr war, als koͤnne es nicht anders ſeyn. Die Feierlichkeit war geendigt, und Peter hatte von neuem großes Lob und große Ehre eingeſammelt.
Der Koͤnig ließ ihn an ſeine Tafel laden, wo Peter der Prinzeſſin gegenuͤber ſaß und uͤber ihre Schoͤnheit erſtaunte, denn er ſah ſie jezt zum er- ſtenmal in der Naͤhe. Sie blickte immer freundlich auf ihn hin, und dadurch kam er in große Ver- wirrung; ſein Sprechen beluſtigte den Koͤnig, und ſein edler und kraͤftiger Anſtand ſetzte das Hofge- ſinde in Erſtaunen. Im Saale kam er nachher mit der Prinzeſſin allein zu ſprechen, und ſie lud ihn ein, oͤfter wieder zu kommen, worauf er Ab- ſchied nahm, und ſie ihn noch zuletzt mit einem ſehr freundlichen Blicke entließ.
Peter ging wie berauſcht durch die Straßen, er eilte in einen ſchoͤnen Garten, und wandelte mit
ver-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0347"n="336"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Erſte Abtheilung</hi>.</fw><lb/><p>Es waͤhrte nicht lange, ſo wurde ein zweites<lb/>
Turnier gehalten, und die ſchoͤne Magelone wuͤnſchte<lb/>
heimlich im Herzen, daß ſie des Ritters mit den<lb/>ſilbernen Schluͤſſeln wieder anſichtig werden moͤchte;<lb/>
denn ſie war ihm zugethan, hatte es aber noch Nie-<lb/>
mand anvertraut, ja ſich ſelber kaum, denn die<lb/>
erſte Liebe iſt zaghaft, und haͤlt ſich ſelbſt fuͤr einen<lb/>
Verraͤther. Sie ward roth, als Peter wieder mit<lb/>ſeiner kenntlichen Waffenruͤſtung in die Schranken<lb/>
trat, und nun die Trommeten ſchmetterten, und<lb/>
bald darauf die Spieße an den Schilden krachten.<lb/>
Unverwandt blickte ſie auf Peter, und er blieb in<lb/>
jedem Kampfe Sieger; ſie verwunderte ſich endlich<lb/>
daruͤber nicht mehr, weil ihr war, als koͤnne es<lb/>
nicht anders ſeyn. Die Feierlichkeit war geendigt,<lb/>
und Peter hatte von neuem großes Lob und große<lb/>
Ehre eingeſammelt.</p><lb/><p>Der Koͤnig ließ ihn an ſeine Tafel laden, wo<lb/>
Peter der Prinzeſſin gegenuͤber ſaß und uͤber ihre<lb/>
Schoͤnheit erſtaunte, denn er ſah ſie jezt zum er-<lb/>ſtenmal in der Naͤhe. Sie blickte immer freundlich<lb/>
auf ihn hin, und dadurch kam er in große Ver-<lb/>
wirrung; ſein Sprechen beluſtigte den Koͤnig, und<lb/>ſein edler und kraͤftiger Anſtand ſetzte das Hofge-<lb/>ſinde in Erſtaunen. Im Saale kam er nachher<lb/>
mit der Prinzeſſin allein zu ſprechen, und ſie lud<lb/>
ihn ein, oͤfter wieder zu kommen, worauf er Ab-<lb/>ſchied nahm, und ſie ihn noch zuletzt mit einem ſehr<lb/>
freundlichen Blicke entließ.</p><lb/><p>Peter ging wie berauſcht durch die Straßen,<lb/>
er eilte in einen ſchoͤnen Garten, und wandelte mit<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ver-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[336/0347]
Erſte Abtheilung.
Es waͤhrte nicht lange, ſo wurde ein zweites
Turnier gehalten, und die ſchoͤne Magelone wuͤnſchte
heimlich im Herzen, daß ſie des Ritters mit den
ſilbernen Schluͤſſeln wieder anſichtig werden moͤchte;
denn ſie war ihm zugethan, hatte es aber noch Nie-
mand anvertraut, ja ſich ſelber kaum, denn die
erſte Liebe iſt zaghaft, und haͤlt ſich ſelbſt fuͤr einen
Verraͤther. Sie ward roth, als Peter wieder mit
ſeiner kenntlichen Waffenruͤſtung in die Schranken
trat, und nun die Trommeten ſchmetterten, und
bald darauf die Spieße an den Schilden krachten.
Unverwandt blickte ſie auf Peter, und er blieb in
jedem Kampfe Sieger; ſie verwunderte ſich endlich
daruͤber nicht mehr, weil ihr war, als koͤnne es
nicht anders ſeyn. Die Feierlichkeit war geendigt,
und Peter hatte von neuem großes Lob und große
Ehre eingeſammelt.
Der Koͤnig ließ ihn an ſeine Tafel laden, wo
Peter der Prinzeſſin gegenuͤber ſaß und uͤber ihre
Schoͤnheit erſtaunte, denn er ſah ſie jezt zum er-
ſtenmal in der Naͤhe. Sie blickte immer freundlich
auf ihn hin, und dadurch kam er in große Ver-
wirrung; ſein Sprechen beluſtigte den Koͤnig, und
ſein edler und kraͤftiger Anſtand ſetzte das Hofge-
ſinde in Erſtaunen. Im Saale kam er nachher
mit der Prinzeſſin allein zu ſprechen, und ſie lud
ihn ein, oͤfter wieder zu kommen, worauf er Ab-
ſchied nahm, und ſie ihn noch zuletzt mit einem ſehr
freundlichen Blicke entließ.
Peter ging wie berauſcht durch die Straßen,
er eilte in einen ſchoͤnen Garten, und wandelte mit
ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/347>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.