Die Morgenröthe lächelt Mir zwar noch ofte zu, Und matte Hofnung fächelt Mich dann in schönre Ruh:
Daß ich ihn wieder finde, Den ich wohl sonst gekannt, Und daß nun uns sich winde Ein glückgewirktes Band.
Wer weiß, durch welche Schatten Sein Fuß schon heute geht, Dann kömmt er über Matten Und alles ist verweht,
Die Seufzer und die Thränen, Sie löscht das neue Glück, Und Hoffen, Fürchten, Sehnen Verschmilzt in Einen Blick.
18. Beschluß.
Peter fühlte sich von dem Gesange wie von einer lieblichen Gewalt nach der Hütte hingezogen. Die Schäferin, welche vor der Thür saß, nahm ihn freundlich auf, und ließ ihn in der Hütte ausruhn und sich erquicken. Die beiden Alten kamen auch bald zurück, und hießen ihren edlen Gast von Her- zen willkommen.
Magelone ging indessen im Felde nachdenklich auf und ab, denn sie hatte auf den ersten Blick den Ritter erkannt; alle ihre Sorgen waren nun
Erſte Abtheilung.
Die Morgenroͤthe laͤchelt Mir zwar noch ofte zu, Und matte Hofnung faͤchelt Mich dann in ſchoͤnre Ruh:
Daß ich ihn wieder finde, Den ich wohl ſonſt gekannt, Und daß nun uns ſich winde Ein gluͤckgewirktes Band.
Wer weiß, durch welche Schatten Sein Fuß ſchon heute geht, Dann koͤmmt er uͤber Matten Und alles iſt verweht,
Die Seufzer und die Thraͤnen, Sie loͤſcht das neue Gluͤck, Und Hoffen, Fuͤrchten, Sehnen Verſchmilzt in Einen Blick.
18. Beſchluß.
Peter fuͤhlte ſich von dem Geſange wie von einer lieblichen Gewalt nach der Huͤtte hingezogen. Die Schaͤferin, welche vor der Thuͤr ſaß, nahm ihn freundlich auf, und ließ ihn in der Huͤtte ausruhn und ſich erquicken. Die beiden Alten kamen auch bald zuruͤck, und hießen ihren edlen Gaſt von Her- zen willkommen.
Magelone ging indeſſen im Felde nachdenklich auf und ab, denn ſie hatte auf den erſten Blick den Ritter erkannt; alle ihre Sorgen waren nun
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Erſte Abtheilung.
Die Morgenroͤthe laͤchelt
Mir zwar noch ofte zu,
Und matte Hofnung faͤchelt
Mich dann in ſchoͤnre Ruh:
Daß ich ihn wieder finde,
Den ich wohl ſonſt gekannt,
Und daß nun uns ſich winde
Ein gluͤckgewirktes Band.
Wer weiß, durch welche Schatten
Sein Fuß ſchon heute geht,
Dann koͤmmt er uͤber Matten
Und alles iſt verweht,
Die Seufzer und die Thraͤnen,
Sie loͤſcht das neue Gluͤck,
Und Hoffen, Fuͤrchten, Sehnen
Verſchmilzt in Einen Blick.
18.
Beſchluß.
Peter fuͤhlte ſich von dem Geſange wie von einer
lieblichen Gewalt nach der Huͤtte hingezogen. Die
Schaͤferin, welche vor der Thuͤr ſaß, nahm ihn
freundlich auf, und ließ ihn in der Huͤtte ausruhn
und ſich erquicken. Die beiden Alten kamen auch
bald zuruͤck, und hießen ihren edlen Gaſt von Her-
zen willkommen.
Magelone ging indeſſen im Felde nachdenklich
auf und ab, denn ſie hatte auf den erſten Blick
den Ritter erkannt; alle ihre Sorgen waren nun
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/401>, abgerufen am 22.11.2024.
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