und die Verwirrung seiner Sinne das Bildniß und vielleicht sein Glück zerstört habe.
Als nach der Mittagsstunde der Spaziergang sich allgemach mit Menschen füllte, zog er sich tie- fer in das Gebüsch zurück; spähend behielt er aber die ferne Landstraße im Auge, und jeder Wagen, der durch das Thor kam, wurde aufmerksam von ihm geprüft.
Es näherte sich dem Abende. Rothe Schim- mer warf die untergehende Sonne, da flog aus dem Thor der reiche vergoldete Wagen, der feurig im Abendglanze leuchtete. Er eilte hinzu. Ihr Auge hatte das seinige schon gesucht. Freundlich und lächelnd lehnte sie den glänzenden Busen aus dem Schlage, er fing ihren liebevollen Gruß und Wink auf; jetzt stand er neben dem Wagen, ihr voller Blick fiel auf ihn, und indem sie sich weiter fahrend wieder zurück zog, flog die Rose, welche ihren Busen zierte, heraus, und lag zu seinen Füßen. Er hob sie auf und küßte sie, und ihm war, als weissage sie ihm, daß er seine Geliebte nicht wieder sehn würde, daß nun sein Glück auf immer zerbrochen sey.
Auf und ab lief man die Treppen, das ganze Haus war in Bewegung, alles machte Geschrei und Lärmen zum morgenden großen Feste. Die Mutter war am thätigsten so wie am freudigsten; die Braut ließ alles geschehn, und zog sich, ihrem
Der Pokal.
und die Verwirrung ſeiner Sinne das Bildniß und vielleicht ſein Gluͤck zerſtoͤrt habe.
Als nach der Mittagsſtunde der Spaziergang ſich allgemach mit Menſchen fuͤllte, zog er ſich tie- fer in das Gebuͤſch zuruͤck; ſpaͤhend behielt er aber die ferne Landſtraße im Auge, und jeder Wagen, der durch das Thor kam, wurde aufmerkſam von ihm gepruͤft.
Es naͤherte ſich dem Abende. Rothe Schim- mer warf die untergehende Sonne, da flog aus dem Thor der reiche vergoldete Wagen, der feurig im Abendglanze leuchtete. Er eilte hinzu. Ihr Auge hatte das ſeinige ſchon geſucht. Freundlich und laͤchelnd lehnte ſie den glaͤnzenden Buſen aus dem Schlage, er fing ihren liebevollen Gruß und Wink auf; jetzt ſtand er neben dem Wagen, ihr voller Blick fiel auf ihn, und indem ſie ſich weiter fahrend wieder zuruͤck zog, flog die Roſe, welche ihren Buſen zierte, heraus, und lag zu ſeinen Fuͤßen. Er hob ſie auf und kuͤßte ſie, und ihm war, als weiſſage ſie ihm, daß er ſeine Geliebte nicht wieder ſehn wuͤrde, daß nun ſein Gluͤck auf immer zerbrochen ſey.
Auf und ab lief man die Treppen, das ganze Haus war in Bewegung, alles machte Geſchrei und Laͤrmen zum morgenden großen Feſte. Die Mutter war am thaͤtigſten ſo wie am freudigſten; die Braut ließ alles geſchehn, und zog ſich, ihrem
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Der Pokal.
und die Verwirrung ſeiner Sinne das Bildniß und
vielleicht ſein Gluͤck zerſtoͤrt habe.
Als nach der Mittagsſtunde der Spaziergang
ſich allgemach mit Menſchen fuͤllte, zog er ſich tie-
fer in das Gebuͤſch zuruͤck; ſpaͤhend behielt er aber
die ferne Landſtraße im Auge, und jeder Wagen,
der durch das Thor kam, wurde aufmerkſam von
ihm gepruͤft.
Es naͤherte ſich dem Abende. Rothe Schim-
mer warf die untergehende Sonne, da flog aus
dem Thor der reiche vergoldete Wagen, der feurig
im Abendglanze leuchtete. Er eilte hinzu. Ihr
Auge hatte das ſeinige ſchon geſucht. Freundlich
und laͤchelnd lehnte ſie den glaͤnzenden Buſen aus
dem Schlage, er fing ihren liebevollen Gruß und
Wink auf; jetzt ſtand er neben dem Wagen, ihr
voller Blick fiel auf ihn, und indem ſie ſich weiter
fahrend wieder zuruͤck zog, flog die Roſe, welche
ihren Buſen zierte, heraus, und lag zu ſeinen
Fuͤßen. Er hob ſie auf und kuͤßte ſie, und ihm
war, als weiſſage ſie ihm, daß er ſeine Geliebte
nicht wieder ſehn wuͤrde, daß nun ſein Gluͤck auf
immer zerbrochen ſey.
Auf und ab lief man die Treppen, das ganze
Haus war in Bewegung, alles machte Geſchrei
und Laͤrmen zum morgenden großen Feſte. Die
Mutter war am thaͤtigſten ſo wie am freudigſten;
die Braut ließ alles geſchehn, und zog ſich, ihrem
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/452>, abgerufen am 22.11.2024.
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