Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.Zweite Abtheilung. Die Erde ungeschmücket, Blumlos und ohne Gras, -- Wohl hab ich dich erblicket, Die Heimath ist nun das. Du rufst mit stillem Winken Mich wie das Laub herab, Und gern will ich versinken In dieses offne Grab. Doch kommt nicht Frühling wieder? Bleibt nicht die Liebe neu? Es stehn ja muntre Lieder Mir baldigst wieder bei. Hab ich nicht trost gegeben? Ist nicht mein Blick erkannt? So bin ich auch dem Leben Von neuem zugewandt. Die Himmelslüfte spielen Mild durch mein Herz dahin, Das ist ein seelig Fühlen, Als ob im May ich bin. Wie fliehen viele Wogen Hinab in Strom und Meer, Und muthig angeflogen Schwimmt neue Flut daher. Liebe kann nicht versiegen, Sie ist ein ewger Quell, Will jedes Bild verfliegen Bleibt doch ihr Antlitz hell. Zweite Abtheilung. Die Erde ungeſchmuͤcket, Blumlos und ohne Gras, — Wohl hab ich dich erblicket, Die Heimath iſt nun das. Du rufſt mit ſtillem Winken Mich wie das Laub herab, Und gern will ich verſinken In dieſes offne Grab. Doch kommt nicht Fruͤhling wieder? Bleibt nicht die Liebe neu? Es ſtehn ja muntre Lieder Mir baldigſt wieder bei. Hab ich nicht troſt gegeben? Iſt nicht mein Blick erkannt? So bin ich auch dem Leben Von neuem zugewandt. Die Himmelsluͤfte ſpielen Mild durch mein Herz dahin, Das iſt ein ſeelig Fuͤhlen, Als ob im May ich bin. Wie fliehen viele Wogen Hinab in Strom und Meer, Und muthig angeflogen Schwimmt neue Flut daher. Liebe kann nicht verſiegen, Sie iſt ein ewger Quell, Will jedes Bild verfliegen Bleibt doch ihr Antlitz hell. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0526" n="515"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> <lg n="21"> <l>Die Erde ungeſchmuͤcket,</l><lb/> <l>Blumlos und ohne Gras, —</l><lb/> <l>Wohl hab ich dich erblicket,</l><lb/> <l>Die Heimath iſt nun das.</l> </lg><lb/> <lg n="22"> <l>Du rufſt mit ſtillem Winken</l><lb/> <l>Mich wie das Laub herab,</l><lb/> <l>Und gern will ich verſinken</l><lb/> <l>In dieſes offne Grab.</l> </lg><lb/> <lg n="23"> <l>Doch kommt nicht Fruͤhling wieder?</l><lb/> <l>Bleibt nicht die Liebe neu?</l><lb/> <l>Es ſtehn ja muntre Lieder</l><lb/> <l>Mir baldigſt wieder bei.</l> </lg><lb/> <lg n="24"> <l>Hab ich nicht troſt gegeben?</l><lb/> <l>Iſt nicht mein Blick erkannt?</l><lb/> <l>So bin ich auch dem Leben</l><lb/> <l>Von neuem zugewandt.</l> </lg><lb/> <lg n="25"> <l>Die Himmelsluͤfte ſpielen</l><lb/> <l>Mild durch mein Herz dahin,</l><lb/> <l>Das iſt ein ſeelig Fuͤhlen,</l><lb/> <l>Als ob im May ich bin.</l> </lg><lb/> <lg n="26"> <l>Wie fliehen viele Wogen</l><lb/> <l>Hinab in Strom und Meer,</l><lb/> <l>Und muthig angeflogen</l><lb/> <l>Schwimmt neue Flut daher.</l> </lg><lb/> <lg n="27"> <l>Liebe kann nicht verſiegen,</l><lb/> <l>Sie iſt ein ewger Quell,</l><lb/> <l>Will jedes Bild verfliegen</l><lb/> <l>Bleibt doch ihr Antlitz hell.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [515/0526]
Zweite Abtheilung.
Die Erde ungeſchmuͤcket,
Blumlos und ohne Gras, —
Wohl hab ich dich erblicket,
Die Heimath iſt nun das.
Du rufſt mit ſtillem Winken
Mich wie das Laub herab,
Und gern will ich verſinken
In dieſes offne Grab.
Doch kommt nicht Fruͤhling wieder?
Bleibt nicht die Liebe neu?
Es ſtehn ja muntre Lieder
Mir baldigſt wieder bei.
Hab ich nicht troſt gegeben?
Iſt nicht mein Blick erkannt?
So bin ich auch dem Leben
Von neuem zugewandt.
Die Himmelsluͤfte ſpielen
Mild durch mein Herz dahin,
Das iſt ein ſeelig Fuͤhlen,
Als ob im May ich bin.
Wie fliehen viele Wogen
Hinab in Strom und Meer,
Und muthig angeflogen
Schwimmt neue Flut daher.
Liebe kann nicht verſiegen,
Sie iſt ein ewger Quell,
Will jedes Bild verfliegen
Bleibt doch ihr Antlitz hell.
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