Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Der gestiefelte Kater. dran zu denken. -- Es ist doch meiner Seel einBischen viel, so tausend Millionen. Leander. Der menschliche Geist wächst mit den Zahlen. König. Sagt mal, wie groß ist wohl so die ganze Welt im Umfange, Fixsterne, Milch- straßen, Nebelkappen und allen Plunder mitge- rechnet. Leander. Das läßt sich gar nicht aussprechen. König. Du sollst es aber aussprechen, oder -- (mit dem Zepter drohend.) Leander. Wenn wir eine Million wieder als Eins ansehn, dann ohngefähr zehn mal hundert tausend Trillionen solcher Einheiten, die jede an sich schon eine Million Meilen ausmachen. König. Denkt nur, Kinder denkt! -- Sollte man meinen, daß das Ding von Welt so groß sein könnte? Aber wie das den Geist beschäftigt! Hanswurst. Ihro Majestät, das ist eine kuriose Erhabenheit, davon krieg ich noch weniger in den Kopf als in den Magen; mir kommt die Schüssel mit Reiß hier viel erhabener vor. König. Wie so, Narr? Hanswurst. Bei solchen ungeheuren Zahlen kann man gar nichts denken, denn die höchste Zahl wird ja am Ende wieder die kleinste. Man darf sich ja nur alle Zahlen denken, die es geben kann. Wir können nicht leicht, ohne uns zu verirren, bis fünfe zählen. König. Aber da ist was Wahres drinn. Der geſtiefelte Kater. dran zu denken. — Es iſt doch meiner Seel einBischen viel, ſo tauſend Millionen. Leander. Der menſchliche Geiſt waͤchſt mit den Zahlen. Koͤnig. Sagt mal, wie groß iſt wohl ſo die ganze Welt im Umfange, Fixſterne, Milch- ſtraßen, Nebelkappen und allen Plunder mitge- rechnet. Leander. Das laͤßt ſich gar nicht ausſprechen. Koͤnig. Du ſollſt es aber ausſprechen, oder — (mit dem Zepter drohend.) Leander. Wenn wir eine Million wieder als Eins anſehn, dann ohngefaͤhr zehn mal hundert tauſend Trillionen ſolcher Einheiten, die jede an ſich ſchon eine Million Meilen ausmachen. Koͤnig. Denkt nur, Kinder denkt! — Sollte man meinen, daß das Ding von Welt ſo groß ſein koͤnnte? Aber wie das den Geiſt beſchaͤftigt! Hanswurſt. Ihro Majeſtaͤt, das iſt eine kurioſe Erhabenheit, davon krieg ich noch weniger in den Kopf als in den Magen; mir kommt die Schuͤſſel mit Reiß hier viel erhabener vor. Koͤnig. Wie ſo, Narr? Hanswurſt. Bei ſolchen ungeheuren Zahlen kann man gar nichts denken, denn die hoͤchſte Zahl wird ja am Ende wieder die kleinſte. Man darf ſich ja nur alle Zahlen denken, die es geben kann. Wir koͤnnen nicht leicht, ohne uns zu verirren, bis fuͤnfe zaͤhlen. Koͤnig. Aber da iſt was Wahres drinn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#KOENIG"> <p><pb facs="#f0204" n="195"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der geſtiefelte Kater</hi>.</fw><lb/> dran zu denken. — Es iſt doch meiner Seel ein<lb/> Bischen viel, ſo tauſend Millionen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LEANDER"> <speaker><hi rendition="#g">Leander</hi>.</speaker> <p>Der menſchliche Geiſt waͤchſt mit<lb/> den Zahlen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <p>Sagt mal, wie groß iſt wohl ſo<lb/> die ganze Welt im Umfange, Fixſterne, Milch-<lb/> ſtraßen, Nebelkappen und allen Plunder mitge-<lb/> rechnet.</p> </sp><lb/> <sp who="#LEANDER"> <speaker><hi rendition="#g">Leander</hi>.</speaker> <p>Das laͤßt ſich gar nicht ausſprechen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <p>Du ſollſt es aber ausſprechen, oder<lb/> —</p> <stage>(mit dem Zepter drohend.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#LEANDER"> <speaker><hi rendition="#g">Leander</hi>.</speaker> <p>Wenn wir eine Million wieder als<lb/> Eins anſehn, dann ohngefaͤhr zehn mal hundert<lb/> tauſend Trillionen ſolcher Einheiten, die jede an<lb/> ſich ſchon eine Million Meilen ausmachen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <p>Denkt nur, Kinder denkt! — Sollte<lb/> man meinen, daß das Ding von Welt ſo groß ſein<lb/> koͤnnte? Aber wie das den Geiſt beſchaͤftigt!</p> </sp><lb/> <sp who="#HANSWURST"> <speaker><hi rendition="#g">Hanswurſt</hi>.</speaker> <p>Ihro Majeſtaͤt, das iſt eine<lb/> kurioſe Erhabenheit, davon krieg ich noch weniger<lb/> in den Kopf als in den Magen; mir kommt die<lb/> Schuͤſſel mit Reiß hier viel erhabener vor.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <p>Wie ſo, Narr?</p> </sp><lb/> <sp who="#HANSWURST"> <speaker><hi rendition="#g">Hanswurſt</hi>.</speaker> <p>Bei ſolchen ungeheuren Zahlen<lb/> kann man gar nichts denken, denn die hoͤchſte Zahl<lb/> wird ja am Ende wieder die kleinſte. Man darf<lb/> ſich ja nur alle Zahlen denken, die es geben kann.<lb/> Wir koͤnnen nicht leicht, ohne uns zu verirren,<lb/> bis fuͤnfe zaͤhlen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <p>Aber da iſt was Wahres drinn.<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [195/0204]
Der geſtiefelte Kater.
dran zu denken. — Es iſt doch meiner Seel ein
Bischen viel, ſo tauſend Millionen.
Leander. Der menſchliche Geiſt waͤchſt mit
den Zahlen.
Koͤnig. Sagt mal, wie groß iſt wohl ſo
die ganze Welt im Umfange, Fixſterne, Milch-
ſtraßen, Nebelkappen und allen Plunder mitge-
rechnet.
Leander. Das laͤßt ſich gar nicht ausſprechen.
Koͤnig. Du ſollſt es aber ausſprechen, oder
— (mit dem Zepter drohend.)
Leander. Wenn wir eine Million wieder als
Eins anſehn, dann ohngefaͤhr zehn mal hundert
tauſend Trillionen ſolcher Einheiten, die jede an
ſich ſchon eine Million Meilen ausmachen.
Koͤnig. Denkt nur, Kinder denkt! — Sollte
man meinen, daß das Ding von Welt ſo groß ſein
koͤnnte? Aber wie das den Geiſt beſchaͤftigt!
Hanswurſt. Ihro Majeſtaͤt, das iſt eine
kurioſe Erhabenheit, davon krieg ich noch weniger
in den Kopf als in den Magen; mir kommt die
Schuͤſſel mit Reiß hier viel erhabener vor.
Koͤnig. Wie ſo, Narr?
Hanswurſt. Bei ſolchen ungeheuren Zahlen
kann man gar nichts denken, denn die hoͤchſte Zahl
wird ja am Ende wieder die kleinſte. Man darf
ſich ja nur alle Zahlen denken, die es geben kann.
Wir koͤnnen nicht leicht, ohne uns zu verirren,
bis fuͤnfe zaͤhlen.
Koͤnig. Aber da iſt was Wahres drinn.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |