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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Die verkehrte Welt.
gar nicht gewahr. Und wie ist dieser Stand jetzt
auch vernachlässigt, so daß kaum noch hie und da
ein einzelner Obrist sich in den gangbaren Stücken
blicken läßt?
Wirth. Was gilts, ich arbeite mich noch sel-
ber zum Poeten um, und erfinde eine neue Dicht-
art, die die Hofrathsstücke verdrängen soll, und in
denen die Scene immer im Wirthshause spielt.
Anne. Thut das, lieber Vater, ich will die
Liebesscenen auf mich nehmen.
Wirth. Still! -- Es fährt wahrhaftig ein
Wagen vor. -- Sogar eine Extrapost! lieber Him-
mel, wo muß der unwissende Mensch herkommen;
daß er bei mir einkehrt?

Ein Fremder tritt herein.
Fremder. Guten Morgen, Herr Wirth.
Wirth. Diener, Diener von Ihnen, gnä-
diger Herr. -- Wer in aller Welt sind Sie, daß
Sie inkognito reisen und bei mir einkehren? Sie
sind gewiß noch aus der alten Schule; gelt, so
ein Mann vom alten Schlage, vielleicht aus dem
Englischen übersetzt?
Fremder. Ich bin weder gnädiger Herr,
noch reise ich incognito. -- Kann ich diesen Tag
und die Nacht hier logiren?
Wirth. Mein ganzes Haus steht Ihnen zu
Befehl. -- Aber, im Ernst, wollen Sie hier in
der Gegend keine Familie unvermutheterweise glück-
lich machen? oder plötzlich heirathen? oder eine
Schwester aufsuchen?

Die verkehrte Welt.
gar nicht gewahr. Und wie iſt dieſer Stand jetzt
auch vernachlaͤſſigt, ſo daß kaum noch hie und da
ein einzelner Obriſt ſich in den gangbaren Stuͤcken
blicken laͤßt?
Wirth. Was gilts, ich arbeite mich noch ſel-
ber zum Poeten um, und erfinde eine neue Dicht-
art, die die Hofrathsſtuͤcke verdraͤngen ſoll, und in
denen die Scene immer im Wirthshauſe ſpielt.
Anne. Thut das, lieber Vater, ich will die
Liebesſcenen auf mich nehmen.
Wirth. Still! — Es faͤhrt wahrhaftig ein
Wagen vor. — Sogar eine Extrapoſt! lieber Him-
mel, wo muß der unwiſſende Menſch herkommen;
daß er bei mir einkehrt?

Ein Fremder tritt herein.
Fremder. Guten Morgen, Herr Wirth.
Wirth. Diener, Diener von Ihnen, gnaͤ-
diger Herr. — Wer in aller Welt ſind Sie, daß
Sie inkognito reiſen und bei mir einkehren? Sie
ſind gewiß noch aus der alten Schule; gelt, ſo
ein Mann vom alten Schlage, vielleicht aus dem
Engliſchen uͤberſetzt?
Fremder. Ich bin weder gnaͤdiger Herr,
noch reiſe ich incognito. — Kann ich dieſen Tag
und die Nacht hier logiren?
Wirth. Mein ganzes Haus ſteht Ihnen zu
Befehl. — Aber, im Ernſt, wollen Sie hier in
der Gegend keine Familie unvermutheterweiſe gluͤck-
lich machen? oder ploͤtzlich heirathen? oder eine
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[287/0296] Die verkehrte Welt. gar nicht gewahr. Und wie iſt dieſer Stand jetzt auch vernachlaͤſſigt, ſo daß kaum noch hie und da ein einzelner Obriſt ſich in den gangbaren Stuͤcken blicken laͤßt? Wirth. Was gilts, ich arbeite mich noch ſel- ber zum Poeten um, und erfinde eine neue Dicht- art, die die Hofrathsſtuͤcke verdraͤngen ſoll, und in denen die Scene immer im Wirthshauſe ſpielt. Anne. Thut das, lieber Vater, ich will die Liebesſcenen auf mich nehmen. Wirth. Still! — Es faͤhrt wahrhaftig ein Wagen vor. — Sogar eine Extrapoſt! lieber Him- mel, wo muß der unwiſſende Menſch herkommen; daß er bei mir einkehrt? Ein Fremder tritt herein. Fremder. Guten Morgen, Herr Wirth. Wirth. Diener, Diener von Ihnen, gnaͤ- diger Herr. — Wer in aller Welt ſind Sie, daß Sie inkognito reiſen und bei mir einkehren? Sie ſind gewiß noch aus der alten Schule; gelt, ſo ein Mann vom alten Schlage, vielleicht aus dem Engliſchen uͤberſetzt? Fremder. Ich bin weder gnaͤdiger Herr, noch reiſe ich incognito. — Kann ich dieſen Tag und die Nacht hier logiren? Wirth. Mein ganzes Haus ſteht Ihnen zu Befehl. — Aber, im Ernſt, wollen Sie hier in der Gegend keine Familie unvermutheterweiſe gluͤck- lich machen? oder ploͤtzlich heirathen? oder eine Schweſter aufſuchen?

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/296>, abgerufen am 23.11.2024.