Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Zweite Abtheilung. koration, die Soldaten als Statisten, die Ka-nonen, Pulverwagen machten es individuell, und Wirklichkeit und Nachahmung ward durch Schie- ßen, Trommeln, die militärischen Ehrenbezeugun- gen von wahrhaften Schildwachten, auf eine bi- zarre und kindische Weise mit einander vermischt. So sehr ich das Stück, und die Schauspieler, welche ich schon kannte, verachtete, so versprach ich mir doch von dem heitern Sommertage, den vielen Menschen, dem Gewirre und der Schlech- tigkeit der Aufführung ein großes Fest, ich hatte daher keine Ruhe, bis ich zu Pferde saß, und in der Mittagshitze hinaus trabte. Um vier Uhr sollte das Schauspiel seinen Anfang neh- men. Ein grüner Platz war abgesteckt, nur leicht mit Schnüren, Latten und Brettern umgeben, ein Amfitheater war hinterwärts für die wohl- feileren Plätze erbaut. Man sah in einen Theil des Feldlagers hinein, zwei Zelte waren auf bei- den Seiten der grünen Bühne benutzt, dem Sou- fleur hatte man eine Grube im Boden zuberei- tet. Die Schauspieler gingen umher, die mit- spielenden Schildwachten standen in mannichfal- tigen Gruppen, doch hatte man ihnen, um ih- ren Militärkarakter nicht herabzuwürdigen, Klap- pen und Aufschläge mit rothem Papier besetzt. Ich nahm großmüthig ein Billet zum ersten Platz, setzte mich, als noch Niemand weiter zu- gegen war, und erwartete heiter die geputzten Herren und Damen. Demüthig trieb sich vor Zweite Abtheilung. koration, die Soldaten als Statiſten, die Ka-nonen, Pulverwagen machten es individuell, und Wirklichkeit und Nachahmung ward durch Schie- ßen, Trommeln, die militaͤriſchen Ehrenbezeugun- gen von wahrhaften Schildwachten, auf eine bi- zarre und kindiſche Weiſe mit einander vermiſcht. So ſehr ich das Stuͤck, und die Schauſpieler, welche ich ſchon kannte, verachtete, ſo verſprach ich mir doch von dem heitern Sommertage, den vielen Menſchen, dem Gewirre und der Schlech- tigkeit der Auffuͤhrung ein großes Feſt, ich hatte daher keine Ruhe, bis ich zu Pferde ſaß, und in der Mittagshitze hinaus trabte. Um vier Uhr ſollte das Schauſpiel ſeinen Anfang neh- men. Ein gruͤner Platz war abgeſteckt, nur leicht mit Schnuͤren, Latten und Brettern umgeben, ein Amfitheater war hinterwaͤrts fuͤr die wohl- feileren Plaͤtze erbaut. Man ſah in einen Theil des Feldlagers hinein, zwei Zelte waren auf bei- den Seiten der gruͤnen Buͤhne benutzt, dem Sou- fleur hatte man eine Grube im Boden zuberei- tet. Die Schauſpieler gingen umher, die mit- ſpielenden Schildwachten ſtanden in mannichfal- tigen Gruppen, doch hatte man ihnen, um ih- ren Militaͤrkarakter nicht herabzuwuͤrdigen, Klap- pen und Aufſchlaͤge mit rothem Papier beſetzt. Ich nahm großmuͤthig ein Billet zum erſten Platz, ſetzte mich, als noch Niemand weiter zu- gegen war, und erwartete heiter die geputzten Herren und Damen. Demuͤthig trieb ſich vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0404" n="395"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> koration, die Soldaten als Statiſten, die Ka-<lb/> nonen, Pulverwagen machten es individuell, und<lb/> Wirklichkeit und Nachahmung ward durch Schie-<lb/> ßen, Trommeln, die militaͤriſchen Ehrenbezeugun-<lb/> gen von wahrhaften Schildwachten, auf eine bi-<lb/> zarre und kindiſche Weiſe mit einander vermiſcht.<lb/> So ſehr ich das Stuͤck, und die Schauſpieler,<lb/> welche ich ſchon kannte, verachtete, ſo verſprach<lb/> ich mir doch von dem heitern Sommertage, den<lb/> vielen Menſchen, dem Gewirre und der Schlech-<lb/> tigkeit der Auffuͤhrung ein großes Feſt, ich hatte<lb/> daher keine Ruhe, bis ich zu Pferde ſaß, und<lb/> in der Mittagshitze hinaus trabte. Um vier<lb/> Uhr ſollte das Schauſpiel ſeinen Anfang neh-<lb/> men. Ein gruͤner Platz war abgeſteckt, nur leicht<lb/> mit Schnuͤren, Latten und Brettern umgeben,<lb/> ein Amfitheater war hinterwaͤrts fuͤr die wohl-<lb/> feileren Plaͤtze erbaut. Man ſah in einen Theil<lb/> des Feldlagers hinein, zwei Zelte waren auf bei-<lb/> den Seiten der gruͤnen Buͤhne benutzt, dem Sou-<lb/> fleur hatte man eine Grube im Boden zuberei-<lb/> tet. Die Schauſpieler gingen umher, die mit-<lb/> ſpielenden Schildwachten ſtanden in mannichfal-<lb/> tigen Gruppen, doch hatte man ihnen, um ih-<lb/> ren Militaͤrkarakter nicht herabzuwuͤrdigen, Klap-<lb/> pen und Aufſchlaͤge mit rothem Papier beſetzt.<lb/> Ich nahm großmuͤthig ein Billet zum erſten<lb/> Platz, ſetzte mich, als noch Niemand weiter zu-<lb/> gegen war, und erwartete heiter die geputzten<lb/> Herren und Damen. Demuͤthig trieb ſich vor<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [395/0404]
Zweite Abtheilung.
koration, die Soldaten als Statiſten, die Ka-
nonen, Pulverwagen machten es individuell, und
Wirklichkeit und Nachahmung ward durch Schie-
ßen, Trommeln, die militaͤriſchen Ehrenbezeugun-
gen von wahrhaften Schildwachten, auf eine bi-
zarre und kindiſche Weiſe mit einander vermiſcht.
So ſehr ich das Stuͤck, und die Schauſpieler,
welche ich ſchon kannte, verachtete, ſo verſprach
ich mir doch von dem heitern Sommertage, den
vielen Menſchen, dem Gewirre und der Schlech-
tigkeit der Auffuͤhrung ein großes Feſt, ich hatte
daher keine Ruhe, bis ich zu Pferde ſaß, und
in der Mittagshitze hinaus trabte. Um vier
Uhr ſollte das Schauſpiel ſeinen Anfang neh-
men. Ein gruͤner Platz war abgeſteckt, nur leicht
mit Schnuͤren, Latten und Brettern umgeben,
ein Amfitheater war hinterwaͤrts fuͤr die wohl-
feileren Plaͤtze erbaut. Man ſah in einen Theil
des Feldlagers hinein, zwei Zelte waren auf bei-
den Seiten der gruͤnen Buͤhne benutzt, dem Sou-
fleur hatte man eine Grube im Boden zuberei-
tet. Die Schauſpieler gingen umher, die mit-
ſpielenden Schildwachten ſtanden in mannichfal-
tigen Gruppen, doch hatte man ihnen, um ih-
ren Militaͤrkarakter nicht herabzuwuͤrdigen, Klap-
pen und Aufſchlaͤge mit rothem Papier beſetzt.
Ich nahm großmuͤthig ein Billet zum erſten
Platz, ſetzte mich, als noch Niemand weiter zu-
gegen war, und erwartete heiter die geputzten
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