Die Truppe bestand aber auch nur aus fünf Per- sonen: die Königin der Nacht ward von dersel- ben Dame dargestellt, welche die Pamina sang, Sarastro und Papageno sprach und sang aus einer Kehle, Tamino hatte ohne zweite Rolle genug zu thun, den Mohren hatte man ganz ausgelassen, noch ein Frauenzimmer war für die Genien bestimmt, und das fünfte Mitglied füllte das Priesterchor aus, und stellte dar, was außer- dem noch gebraucht wurde. Noch jetzt gereut mich, daß ich nicht dieses Abentheuer gesehn habe, denn meine Phantasie kann es durchaus nicht erschwingen, wie die Vorstellung mag aus- gefallen seyn. Als wir ziemlich laut spaßten, in der Ueberzeugung, daß uns kein Interessent hören könne, trat plötzlich die Truppe aus einem Nebenzimmer mit schmutzigen deutschen Karten in den Händen, mit welchen die Künstler so eben spielten; die erste Dame, die uns unsers Ueber- muthes und der Anzahl der Männer und Frauen wegen wohl für eine wohlhabendere Truppe an- sehn mochte, sagte sehr bitter: nicht aufs Thea- ter, sondern aufs Spiel kommts an, lachen kann ein jeder, aber das Bessermachen ist nicht jedem Pfuscher gegeben! Ohne Zweifel kam dieser Aus- spruch von der schrecklichen Königin der Nacht.
Der junge Mensch, fuhr Lothar in seiner Erzählung fort, interessirte und dauerte mich, denn sein Wesen war nicht gemein; ich bezeigte ihm meine Theilnahme und er erwiederte: wer
Zweite Abtheilung.
Die Truppe beſtand aber auch nur aus fuͤnf Per- ſonen: die Koͤnigin der Nacht ward von derſel- ben Dame dargeſtellt, welche die Pamina ſang, Saraſtro und Papageno ſprach und ſang aus einer Kehle, Tamino hatte ohne zweite Rolle genug zu thun, den Mohren hatte man ganz ausgelaſſen, noch ein Frauenzimmer war fuͤr die Genien beſtimmt, und das fuͤnfte Mitglied fuͤllte das Prieſterchor aus, und ſtellte dar, was außer- dem noch gebraucht wurde. Noch jetzt gereut mich, daß ich nicht dieſes Abentheuer geſehn habe, denn meine Phantaſie kann es durchaus nicht erſchwingen, wie die Vorſtellung mag aus- gefallen ſeyn. Als wir ziemlich laut ſpaßten, in der Ueberzeugung, daß uns kein Intereſſent hoͤren koͤnne, trat ploͤtzlich die Truppe aus einem Nebenzimmer mit ſchmutzigen deutſchen Karten in den Haͤnden, mit welchen die Kuͤnſtler ſo eben ſpielten; die erſte Dame, die uns unſers Ueber- muthes und der Anzahl der Maͤnner und Frauen wegen wohl fuͤr eine wohlhabendere Truppe an- ſehn mochte, ſagte ſehr bitter: nicht aufs Thea- ter, ſondern aufs Spiel kommts an, lachen kann ein jeder, aber das Beſſermachen iſt nicht jedem Pfuſcher gegeben! Ohne Zweifel kam dieſer Aus- ſpruch von der ſchrecklichen Koͤnigin der Nacht.
Der junge Menſch, fuhr Lothar in ſeiner Erzaͤhlung fort, intereſſirte und dauerte mich, denn ſein Weſen war nicht gemein; ich bezeigte ihm meine Theilnahme und er erwiederte: wer
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[412/0421]
Zweite Abtheilung.
Die Truppe beſtand aber auch nur aus fuͤnf Per-
ſonen: die Koͤnigin der Nacht ward von derſel-
ben Dame dargeſtellt, welche die Pamina ſang,
Saraſtro und Papageno ſprach und ſang aus
einer Kehle, Tamino hatte ohne zweite Rolle
genug zu thun, den Mohren hatte man ganz
ausgelaſſen, noch ein Frauenzimmer war fuͤr die
Genien beſtimmt, und das fuͤnfte Mitglied fuͤllte
das Prieſterchor aus, und ſtellte dar, was außer-
dem noch gebraucht wurde. Noch jetzt gereut
mich, daß ich nicht dieſes Abentheuer geſehn
habe, denn meine Phantaſie kann es durchaus
nicht erſchwingen, wie die Vorſtellung mag aus-
gefallen ſeyn. Als wir ziemlich laut ſpaßten,
in der Ueberzeugung, daß uns kein Intereſſent
hoͤren koͤnne, trat ploͤtzlich die Truppe aus einem
Nebenzimmer mit ſchmutzigen deutſchen Karten
in den Haͤnden, mit welchen die Kuͤnſtler ſo eben
ſpielten; die erſte Dame, die uns unſers Ueber-
muthes und der Anzahl der Maͤnner und Frauen
wegen wohl fuͤr eine wohlhabendere Truppe an-
ſehn mochte, ſagte ſehr bitter: nicht aufs Thea-
ter, ſondern aufs Spiel kommts an, lachen kann
ein jeder, aber das Beſſermachen iſt nicht jedem
Pfuſcher gegeben! Ohne Zweifel kam dieſer Aus-
ſpruch von der ſchrecklichen Koͤnigin der Nacht.
Der junge Menſch, fuhr Lothar in ſeiner
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denn ſein Weſen war nicht gemein; ich bezeigte
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/421>, abgerufen am 16.06.2024.
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