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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
Da lächelt er in Andacht und in Liebe,
Die Sonne scheint auf ihn mit rothen Lichtern,
In Glorien wallt der Tag und küßt ihn scheidend.
Ach, daß der goldne Glanz zugegen bliebe!
Die Nacht steigt auf mit Wolkenangesichtern,
Das Dunkel faßt ihn und er spricht süß leidend:


Erquicklich war und nicht umsonst mein Wallen,
Maria, Mutter, Sohn und ewge Liebe,
Ich kann in Tönen sagen wie ich liebe,
In schönen Weisen soll mein Preisen schallen.
Bist, Jesus, du vergessen denn von allen?
Mein Herz, mein Schmerz treibt mich zu deiner Liebe,
Die Mutter, Sohn, weiß wohl wie ich dich liebe,
Laß dir gefallen denn mein kindlich Lallen.
O sende du aus deinem lichten Himmel
Die kindlichsten der Englein zu mir nieder,
Mein Herz ist offen, thu es, Gott, mein Vater!
Wir zünden an das rauschende Getümmel,
Ich sterbe gern am Schluß der süßen Lieder,
Denn viel' entzückt nach mir mein Stabat mater.


Stabat mater.
An dem Kreuz die Mutter stande,
Schmerzen fühlt sie vielerhande,
Aufgelöst des Herzens Bande,
Wie der Heiland überwande.
Kommt mit mir zum Sehnsuchtslande!
Ach im Brande

Zweite Abtheilung.
Da laͤchelt er in Andacht und in Liebe,
Die Sonne ſcheint auf ihn mit rothen Lichtern,
In Glorien wallt der Tag und kuͤßt ihn ſcheidend.
Ach, daß der goldne Glanz zugegen bliebe!
Die Nacht ſteigt auf mit Wolkenangeſichtern,
Das Dunkel faßt ihn und er ſpricht ſuͤß leidend:


Erquicklich war und nicht umſonſt mein Wallen,
Maria, Mutter, Sohn und ewge Liebe,
Ich kann in Toͤnen ſagen wie ich liebe,
In ſchoͤnen Weiſen ſoll mein Preiſen ſchallen.
Biſt, Jeſus, du vergeſſen denn von allen?
Mein Herz, mein Schmerz treibt mich zu deiner Liebe,
Die Mutter, Sohn, weiß wohl wie ich dich liebe,
Laß dir gefallen denn mein kindlich Lallen.
O ſende du aus deinem lichten Himmel
Die kindlichſten der Englein zu mir nieder,
Mein Herz iſt offen, thu es, Gott, mein Vater!
Wir zuͤnden an das rauſchende Getuͤmmel,
Ich ſterbe gern am Schluß der ſuͤßen Lieder,
Denn viel' entzuͤckt nach mir mein Stabat mater.


Stabat mater.
An dem Kreuz die Mutter ſtande,
Schmerzen fuͤhlt ſie vielerhande,
Aufgeloͤſt des Herzens Bande,
Wie der Heiland uͤberwande.
Kommt mit mir zum Sehnſuchtslande!
Ach im Brande

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[442/0451] Zweite Abtheilung. Da laͤchelt er in Andacht und in Liebe, Die Sonne ſcheint auf ihn mit rothen Lichtern, In Glorien wallt der Tag und kuͤßt ihn ſcheidend. Ach, daß der goldne Glanz zugegen bliebe! Die Nacht ſteigt auf mit Wolkenangeſichtern, Das Dunkel faßt ihn und er ſpricht ſuͤß leidend: Erquicklich war und nicht umſonſt mein Wallen, Maria, Mutter, Sohn und ewge Liebe, Ich kann in Toͤnen ſagen wie ich liebe, In ſchoͤnen Weiſen ſoll mein Preiſen ſchallen. Biſt, Jeſus, du vergeſſen denn von allen? Mein Herz, mein Schmerz treibt mich zu deiner Liebe, Die Mutter, Sohn, weiß wohl wie ich dich liebe, Laß dir gefallen denn mein kindlich Lallen. O ſende du aus deinem lichten Himmel Die kindlichſten der Englein zu mir nieder, Mein Herz iſt offen, thu es, Gott, mein Vater! Wir zuͤnden an das rauſchende Getuͤmmel, Ich ſterbe gern am Schluß der ſuͤßen Lieder, Denn viel' entzuͤckt nach mir mein Stabat mater. Stabat mater. An dem Kreuz die Mutter ſtande, Schmerzen fuͤhlt ſie vielerhande, Aufgeloͤſt des Herzens Bande, Wie der Heiland uͤberwande. Kommt mit mir zum Sehnſuchtslande! Ach im Brande

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/451>, abgerufen am 17.06.2024.