Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Der Blaubart. Wenn Ihr ihn zu bezwingen gedenkt, so ratheich Euch selbst, ihn anzugreifen. Hugo. Aber wenn ich nun geschlagen werde? Claus. (leise zum Rathgeber) Nehmt ums Himmels Willen Euren ganzen Verstand zusam- men, sonst ist es um unsre Versorgung geschehn. Rathgeber. Wenn Ihr geschlagen wer- det? -- Ja, da seid Ihr denn wahrhaftig in einer üblen Lage. Hugo. Was ist aber dabei zu thun? Rathgeber. Wenn man das Ding von allen Seiten überlegt, so wird es noch immer das Beste seyn, Euch alsdann zurück zu ziehn. Hugo. Wenn mir aber der Rückzug abge- schnitten wird? Rathgeber. Dann, -- haltet, -- dann, -- Das ist ein schwieriger Fall! (geht auf und ab) dann, -- nun hab ichs! -- dann, -- nur einen Augenblick Geduld! -- das ist mir in meiner Pra- xis noch nicht vorgekommen. -- Hm! hm! -- Aber wie kommt Ihr denn auf so närrische Ideen? -- Das nenn' ich einem auf den Zahn fühlen! Hugo. Nun? Rathgeber. Gleich! gleich! -- Könntet Ihr denn nicht entwischen? Hugo. Wenn mir der Rückzug abgeschnit- ten ist, unmöglich. Rathgeber. Ja, da mag Euch der Henker Rath geben! -- Ich glaube, ich könnte eine Reihe von Jahren hinter einander denken, und brächte Der Blaubart. Wenn Ihr ihn zu bezwingen gedenkt, ſo ratheich Euch ſelbſt, ihn anzugreifen. Hugo. Aber wenn ich nun geſchlagen werde? Claus. (leiſe zum Rathgeber) Nehmt ums Himmels Willen Euren ganzen Verſtand zuſam- men, ſonſt iſt es um unſre Verſorgung geſchehn. Rathgeber. Wenn Ihr geſchlagen wer- det? — Ja, da ſeid Ihr denn wahrhaftig in einer uͤblen Lage. Hugo. Was iſt aber dabei zu thun? Rathgeber. Wenn man das Ding von allen Seiten uͤberlegt, ſo wird es noch immer das Beſte ſeyn, Euch alsdann zuruͤck zu ziehn. Hugo. Wenn mir aber der Ruͤckzug abge- ſchnitten wird? Rathgeber. Dann, — haltet, — dann, — Das iſt ein ſchwieriger Fall! (geht auf und ab) dann, — nun hab ichs! — dann, — nur einen Augenblick Geduld! — das iſt mir in meiner Pra- xis noch nicht vorgekommen. — Hm! hm! — Aber wie kommt Ihr denn auf ſo naͤrriſche Ideen? — Das nenn' ich einem auf den Zahn fuͤhlen! Hugo. Nun? Rathgeber. Gleich! gleich! — Koͤnntet Ihr denn nicht entwiſchen? Hugo. Wenn mir der Ruͤckzug abgeſchnit- ten iſt, unmoͤglich. Rathgeber. Ja, da mag Euch der Henker Rath geben! — Ich glaube, ich koͤnnte eine Reihe von Jahren hinter einander denken, und braͤchte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#RATHGEBER"> <p><pb facs="#f0094" n="85"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Blaubart</hi>.</fw><lb/> Wenn Ihr ihn zu bezwingen gedenkt, ſo rathe<lb/> ich Euch ſelbſt, ihn anzugreifen.</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Aber wenn ich nun geſchlagen werde?</p> </sp><lb/> <sp who="#CLAU"> <speaker><hi rendition="#g">Claus</hi>.</speaker> <stage>(leiſe zum Rathgeber)</stage> <p>Nehmt ums<lb/> Himmels Willen Euren ganzen Verſtand zuſam-<lb/> men, ſonſt iſt es um unſre Verſorgung geſchehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#RATHGEBER"> <speaker><hi rendition="#g">Rathgeber</hi>.</speaker> <p>Wenn Ihr geſchlagen wer-<lb/> det? — Ja, da ſeid Ihr denn wahrhaftig in einer<lb/> uͤblen Lage.</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Was iſt aber dabei zu thun?</p> </sp><lb/> <sp who="#RATHGEBER"> <speaker><hi rendition="#g">Rathgeber</hi>.</speaker> <p>Wenn man das Ding von<lb/> allen Seiten uͤberlegt, ſo wird es noch immer das<lb/> Beſte ſeyn, Euch alsdann zuruͤck zu ziehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Wenn mir aber der Ruͤckzug abge-<lb/> ſchnitten wird?</p> </sp><lb/> <sp who="#RATHGEBER"> <speaker><hi rendition="#g">Rathgeber</hi>.</speaker> <p>Dann, — haltet, — dann, —<lb/> Das iſt ein ſchwieriger Fall! <stage>(geht auf und ab)</stage><lb/> dann, — nun hab ichs! — dann, — nur einen<lb/> Augenblick Geduld! — das iſt mir in meiner Pra-<lb/> xis noch nicht vorgekommen. — Hm! hm! —<lb/> Aber wie kommt Ihr denn auf ſo naͤrriſche<lb/> Ideen? — Das nenn' ich einem auf den Zahn<lb/> fuͤhlen!</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Nun?</p> </sp><lb/> <sp who="#RATHGEBER"> <speaker><hi rendition="#g">Rathgeber</hi>.</speaker> <p>Gleich! gleich! — Koͤnntet<lb/> Ihr denn nicht entwiſchen?</p> </sp><lb/> <sp who="#HUGO"> <speaker><hi rendition="#g">Hugo</hi>.</speaker> <p>Wenn mir der Ruͤckzug abgeſchnit-<lb/> ten iſt, unmoͤglich.</p> </sp><lb/> <sp who="#RATHGEBER"> <speaker><hi rendition="#g">Rathgeber</hi>.</speaker> <p>Ja, da mag Euch der Henker<lb/> Rath geben! — Ich glaube, ich koͤnnte eine Reihe<lb/> von Jahren hinter einander denken, und braͤchte<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0094]
Der Blaubart.
Wenn Ihr ihn zu bezwingen gedenkt, ſo rathe
ich Euch ſelbſt, ihn anzugreifen.
Hugo. Aber wenn ich nun geſchlagen werde?
Claus. (leiſe zum Rathgeber) Nehmt ums
Himmels Willen Euren ganzen Verſtand zuſam-
men, ſonſt iſt es um unſre Verſorgung geſchehn.
Rathgeber. Wenn Ihr geſchlagen wer-
det? — Ja, da ſeid Ihr denn wahrhaftig in einer
uͤblen Lage.
Hugo. Was iſt aber dabei zu thun?
Rathgeber. Wenn man das Ding von
allen Seiten uͤberlegt, ſo wird es noch immer das
Beſte ſeyn, Euch alsdann zuruͤck zu ziehn.
Hugo. Wenn mir aber der Ruͤckzug abge-
ſchnitten wird?
Rathgeber. Dann, — haltet, — dann, —
Das iſt ein ſchwieriger Fall! (geht auf und ab)
dann, — nun hab ichs! — dann, — nur einen
Augenblick Geduld! — das iſt mir in meiner Pra-
xis noch nicht vorgekommen. — Hm! hm! —
Aber wie kommt Ihr denn auf ſo naͤrriſche
Ideen? — Das nenn' ich einem auf den Zahn
fuͤhlen!
Hugo. Nun?
Rathgeber. Gleich! gleich! — Koͤnntet
Ihr denn nicht entwiſchen?
Hugo. Wenn mir der Ruͤckzug abgeſchnit-
ten iſt, unmoͤglich.
Rathgeber. Ja, da mag Euch der Henker
Rath geben! — Ich glaube, ich koͤnnte eine Reihe
von Jahren hinter einander denken, und braͤchte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |