Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. 5. Kläger. Sagen Sie nichts, ich bitte Sie recht sehr, schon vorher hat mich alles das Spre- chen herzlich gelangweilt, ich habe es auch nur ver- gessen fortzugehen; aber jetzt soll mich nichts mehr aufhalten, vielleicht ist draußen, oder auf der Straße etwas das mir besser gefällt. (geht.) 6. Kläger. Alle sind fortgegangen, und es scheint wohl, daß wir hier kein sonderliches Recht finden werden. Wenn Sie mich ansehen, so wer- den Sie noch jetzt die Spuren finden, daß ich ein sehr schöner Mann gewesen bin, aber gerade diese Gabe der Dame Fortuna hat mich unglücklich ge- macht, denn alle Menschen sind mir aufsässig gewor- den, die Weiber haben mich gehaßt, die Männer verachtet, die häßlichsten erbärmlichsten Geschöpfe machten neben mir Glück, meine Verdienste wur- den nie bemerkt, darüber bin ich ein Menschenfeind und Verächter aller Geschöpfe geworden, stehe ein- sam und verlassen im Alter da, und fluche dem Ge- schenk, welches mir die Frau zu meinem Verderben zugetheilt hat. 1. Rath. Aber, mein Herr, vielleicht haben Sie durch Eitelkeit und Hoffarth die Menschen von sich gestoßen -- 6. Kläger. Recht so! das ist auch so eine Nase, solche glatte Physiognomie, die mitsprechen, die sich etwas herausnehmen will, wo unser eins auftritt, die wir doch den Stempel des Ueberirdi- schen, des hohen Menschlichen wenigstens empfan- gen haben; aber solch pockengrübiges, verzacktes Zweite Abtheilung. 5. Klaͤger. Sagen Sie nichts, ich bitte Sie recht ſehr, ſchon vorher hat mich alles das Spre- chen herzlich gelangweilt, ich habe es auch nur ver- geſſen fortzugehen; aber jetzt ſoll mich nichts mehr aufhalten, vielleicht iſt draußen, oder auf der Straße etwas das mir beſſer gefaͤllt. (geht.) 6. Klaͤger. Alle ſind fortgegangen, und es ſcheint wohl, daß wir hier kein ſonderliches Recht finden werden. Wenn Sie mich anſehen, ſo wer- den Sie noch jetzt die Spuren finden, daß ich ein ſehr ſchoͤner Mann geweſen bin, aber gerade dieſe Gabe der Dame Fortuna hat mich ungluͤcklich ge- macht, denn alle Menſchen ſind mir aufſaͤſſig gewor- den, die Weiber haben mich gehaßt, die Maͤnner verachtet, die haͤßlichſten erbaͤrmlichſten Geſchoͤpfe machten neben mir Gluͤck, meine Verdienſte wur- den nie bemerkt, daruͤber bin ich ein Menſchenfeind und Veraͤchter aller Geſchoͤpfe geworden, ſtehe ein- ſam und verlaſſen im Alter da, und fluche dem Ge- ſchenk, welches mir die Frau zu meinem Verderben zugetheilt hat. 1. Rath. Aber, mein Herr, vielleicht haben Sie durch Eitelkeit und Hoffarth die Menſchen von ſich geſtoßen — 6. Klaͤger. Recht ſo! das iſt auch ſo eine Naſe, ſolche glatte Phyſiognomie, die mitſprechen, die ſich etwas herausnehmen will, wo unſer eins auftritt, die wir doch den Stempel des Ueberirdi- ſchen, des hohen Menſchlichen wenigſtens empfan- gen haben; aber ſolch pockengruͤbiges, verzacktes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0271" n="261"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> <sp who="#5Klaͤger"> <speaker>5. <hi rendition="#g">Klaͤger</hi>.</speaker> <p>Sagen Sie nichts, ich bitte Sie<lb/> recht ſehr, ſchon vorher hat mich alles das Spre-<lb/> chen herzlich gelangweilt, ich habe es auch nur ver-<lb/> geſſen fortzugehen; aber jetzt ſoll mich nichts mehr<lb/> aufhalten, vielleicht iſt draußen, oder auf der Straße<lb/> etwas das mir beſſer gefaͤllt.</p> <stage>(geht.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#6Klaͤger"> <speaker>6. <hi rendition="#g">Klaͤger</hi>.</speaker> <p>Alle ſind fortgegangen, und es<lb/> ſcheint wohl, daß wir hier kein ſonderliches Recht<lb/> finden werden. Wenn Sie mich anſehen, ſo wer-<lb/> den Sie noch jetzt die Spuren finden, daß ich ein<lb/> ſehr ſchoͤner Mann geweſen bin, aber gerade dieſe<lb/> Gabe der Dame Fortuna hat mich ungluͤcklich ge-<lb/> macht, denn alle Menſchen ſind mir aufſaͤſſig gewor-<lb/> den, die Weiber haben mich gehaßt, die Maͤnner<lb/> verachtet, die haͤßlichſten erbaͤrmlichſten Geſchoͤpfe<lb/> machten neben mir Gluͤck, meine Verdienſte wur-<lb/> den nie bemerkt, daruͤber bin ich ein Menſchenfeind<lb/> und Veraͤchter aller Geſchoͤpfe geworden, ſtehe ein-<lb/> ſam und verlaſſen im Alter da, und fluche dem Ge-<lb/> ſchenk, welches mir die Frau zu meinem Verderben<lb/> zugetheilt hat.</p> </sp><lb/> <sp who="#1Rath"> <speaker>1. <hi rendition="#g">Rath</hi>.</speaker> <p>Aber, mein Herr, vielleicht haben<lb/> Sie durch Eitelkeit und Hoffarth die Menſchen von<lb/> ſich geſtoßen —</p> </sp><lb/> <sp who="#6Klaͤger"> <speaker>6. <hi rendition="#g">Klaͤger</hi>.</speaker> <p>Recht ſo! das iſt auch ſo eine<lb/> Naſe, ſolche glatte Phyſiognomie, die mitſprechen,<lb/> die ſich etwas herausnehmen will, wo unſer eins<lb/> auftritt, die wir doch den Stempel des Ueberirdi-<lb/> ſchen, des hohen Menſchlichen wenigſtens empfan-<lb/> gen haben; aber ſolch pockengruͤbiges, verzacktes<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [261/0271]
Zweite Abtheilung.
5. Klaͤger. Sagen Sie nichts, ich bitte Sie
recht ſehr, ſchon vorher hat mich alles das Spre-
chen herzlich gelangweilt, ich habe es auch nur ver-
geſſen fortzugehen; aber jetzt ſoll mich nichts mehr
aufhalten, vielleicht iſt draußen, oder auf der Straße
etwas das mir beſſer gefaͤllt. (geht.)
6. Klaͤger. Alle ſind fortgegangen, und es
ſcheint wohl, daß wir hier kein ſonderliches Recht
finden werden. Wenn Sie mich anſehen, ſo wer-
den Sie noch jetzt die Spuren finden, daß ich ein
ſehr ſchoͤner Mann geweſen bin, aber gerade dieſe
Gabe der Dame Fortuna hat mich ungluͤcklich ge-
macht, denn alle Menſchen ſind mir aufſaͤſſig gewor-
den, die Weiber haben mich gehaßt, die Maͤnner
verachtet, die haͤßlichſten erbaͤrmlichſten Geſchoͤpfe
machten neben mir Gluͤck, meine Verdienſte wur-
den nie bemerkt, daruͤber bin ich ein Menſchenfeind
und Veraͤchter aller Geſchoͤpfe geworden, ſtehe ein-
ſam und verlaſſen im Alter da, und fluche dem Ge-
ſchenk, welches mir die Frau zu meinem Verderben
zugetheilt hat.
1. Rath. Aber, mein Herr, vielleicht haben
Sie durch Eitelkeit und Hoffarth die Menſchen von
ſich geſtoßen —
6. Klaͤger. Recht ſo! das iſt auch ſo eine
Naſe, ſolche glatte Phyſiognomie, die mitſprechen,
die ſich etwas herausnehmen will, wo unſer eins
auftritt, die wir doch den Stempel des Ueberirdi-
ſchen, des hohen Menſchlichen wenigſtens empfan-
gen haben; aber ſolch pockengruͤbiges, verzacktes
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |