Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. nes Vaters durch Handel und Verkehr erübrigthatte, ganz anders vorkam, wie alle andre Münze der Welt, hundertmal dreht' ich ihn um und be- trachtete ihn von allen Seiten. Als ich ein Gold- stück eingewuchert hatte, küßt' ich es und weinte vor Freuden. Des Nachts träumt' ich von Geld- säcken Bald durfte mir mein Vater die wichtig- sten Geschäfte vertrauen, und er hatte seine Freude daran, wie ich ihm ein Profitchen nach dem an- dern so sauber vor der Nase wegnahm, so daß er am Ende wie neidisch wurde. Keinen Rock wollt' ich an mich wenden: -- aber jezt, man sehe nur das junge Kaufmannsvolk, lauter Putz, Flit- terstaat, den Vornehmen wollen sie's gleich thun, wollen die Edelleute spielen, verachten Geld und Gewinnst, und setzen eine Ehre darin, wer am meisten verschwenden kann. O die Haare stehn mir zu Berge, wenn ich an die böse Zeit denke! Ridolfo. Die ganze Welt ist umgekehrt, das ist gewiß. Aber, Herr Hieronymus, Ihr sagt kein Wort dazu? Hieronym. Ihr habt recht, meine Herren, aber ich denke jetzt auf meine Rückreise, und muß mich Eurem Wohlwollen empfehlen. Valerio. Ihr erlaubt uns erst noch Euch zu Eurem Schiff zu begleiten. Hieronym. Ihr seyd zu gütig und höflich. (gehn ab.) Fortunat und Felix kommen. Felix. Es ist dein Ernst? Zweite Abtheilung. nes Vaters durch Handel und Verkehr eruͤbrigthatte, ganz anders vorkam, wie alle andre Muͤnze der Welt, hundertmal dreht' ich ihn um und be- trachtete ihn von allen Seiten. Als ich ein Gold- ſtuͤck eingewuchert hatte, kuͤßt' ich es und weinte vor Freuden. Des Nachts traͤumt' ich von Geld- ſaͤcken Bald durfte mir mein Vater die wichtig- ſten Geſchaͤfte vertrauen, und er hatte ſeine Freude daran, wie ich ihm ein Profitchen nach dem an- dern ſo ſauber vor der Naſe wegnahm, ſo daß er am Ende wie neidiſch wurde. Keinen Rock wollt' ich an mich wenden: — aber jezt, man ſehe nur das junge Kaufmannsvolk, lauter Putz, Flit- terſtaat, den Vornehmen wollen ſie's gleich thun, wollen die Edelleute ſpielen, verachten Geld und Gewinnſt, und ſetzen eine Ehre darin, wer am meiſten verſchwenden kann. O die Haare ſtehn mir zu Berge, wenn ich an die boͤſe Zeit denke! Ridolfo. Die ganze Welt iſt umgekehrt, das iſt gewiß. Aber, Herr Hieronymus, Ihr ſagt kein Wort dazu? Hieronym. Ihr habt recht, meine Herren, aber ich denke jetzt auf meine Ruͤckreiſe, und muß mich Eurem Wohlwollen empfehlen. Valerio. Ihr erlaubt uns erſt noch Euch zu Eurem Schiff zu begleiten. Hieronym. Ihr ſeyd zu guͤtig und hoͤflich. (gehn ab.) Fortunat und Felix kommen. Felix. Es iſt dein Ernſt? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#VAL"> <p><pb facs="#f0028" n="18"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> nes Vaters durch Handel und Verkehr eruͤbrigt<lb/> hatte, ganz anders vorkam, wie alle andre Muͤnze<lb/> der Welt, hundertmal dreht' ich ihn um und be-<lb/> trachtete ihn von allen Seiten. Als ich ein Gold-<lb/> ſtuͤck eingewuchert hatte, kuͤßt' ich es und weinte<lb/> vor Freuden. Des Nachts traͤumt' ich von Geld-<lb/> ſaͤcken Bald durfte mir mein Vater die wichtig-<lb/> ſten Geſchaͤfte vertrauen, und er hatte ſeine Freude<lb/> daran, wie ich ihm ein Profitchen nach dem an-<lb/> dern ſo ſauber vor der Naſe wegnahm, ſo daß<lb/> er am Ende wie neidiſch wurde. Keinen Rock<lb/> wollt' ich an mich wenden: — aber jezt, man ſehe<lb/> nur das junge Kaufmannsvolk, lauter Putz, Flit-<lb/> terſtaat, den Vornehmen wollen ſie's gleich thun,<lb/> wollen die Edelleute ſpielen, verachten Geld und<lb/> Gewinnſt, und ſetzen eine Ehre darin, wer am<lb/> meiſten verſchwenden kann. O die Haare ſtehn<lb/> mir zu Berge, wenn ich an die boͤſe Zeit denke!</p> </sp><lb/> <sp who="#RIDO"> <speaker><hi rendition="#g">Ridolfo</hi>.</speaker> <p>Die ganze Welt iſt umgekehrt, das<lb/> iſt gewiß. Aber, Herr Hieronymus, Ihr ſagt kein<lb/> Wort dazu?</p> </sp><lb/> <sp who="#HIERO"> <speaker><hi rendition="#g">Hieronym</hi>.</speaker> <p>Ihr habt recht, meine Herren,<lb/> aber ich denke jetzt auf meine Ruͤckreiſe, und muß<lb/> mich Eurem Wohlwollen empfehlen.</p> </sp><lb/> <sp who="#VAL"> <speaker><hi rendition="#g">Valerio</hi>.</speaker> <p>Ihr erlaubt uns erſt noch Euch zu<lb/> Eurem Schiff zu begleiten.</p> </sp><lb/> <sp who="#HIERO"> <speaker><hi rendition="#g">Hieronym</hi>.</speaker> <p>Ihr ſeyd zu guͤtig und hoͤflich.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(gehn ab.)</hi> </stage><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Fortunat</hi> und <hi rendition="#g">Felix</hi> kommen.</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#FELIX"> <speaker><hi rendition="#g">Felix</hi>.</speaker> <p>Es iſt dein Ernſt?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0028]
Zweite Abtheilung.
nes Vaters durch Handel und Verkehr eruͤbrigt
hatte, ganz anders vorkam, wie alle andre Muͤnze
der Welt, hundertmal dreht' ich ihn um und be-
trachtete ihn von allen Seiten. Als ich ein Gold-
ſtuͤck eingewuchert hatte, kuͤßt' ich es und weinte
vor Freuden. Des Nachts traͤumt' ich von Geld-
ſaͤcken Bald durfte mir mein Vater die wichtig-
ſten Geſchaͤfte vertrauen, und er hatte ſeine Freude
daran, wie ich ihm ein Profitchen nach dem an-
dern ſo ſauber vor der Naſe wegnahm, ſo daß
er am Ende wie neidiſch wurde. Keinen Rock
wollt' ich an mich wenden: — aber jezt, man ſehe
nur das junge Kaufmannsvolk, lauter Putz, Flit-
terſtaat, den Vornehmen wollen ſie's gleich thun,
wollen die Edelleute ſpielen, verachten Geld und
Gewinnſt, und ſetzen eine Ehre darin, wer am
meiſten verſchwenden kann. O die Haare ſtehn
mir zu Berge, wenn ich an die boͤſe Zeit denke!
Ridolfo. Die ganze Welt iſt umgekehrt, das
iſt gewiß. Aber, Herr Hieronymus, Ihr ſagt kein
Wort dazu?
Hieronym. Ihr habt recht, meine Herren,
aber ich denke jetzt auf meine Ruͤckreiſe, und muß
mich Eurem Wohlwollen empfehlen.
Valerio. Ihr erlaubt uns erſt noch Euch zu
Eurem Schiff zu begleiten.
Hieronym. Ihr ſeyd zu guͤtig und hoͤflich.
(gehn ab.)
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