Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. Andalosia. Ich hole Dir den größten dieser Aepfel, Was thät ich nicht für Dich? Bist Du gestärkt, Dann sprechen wir von meiner bittern Kränkung Nur fürcht' ich, wenn ich oben pflücke, regnet Das reife Obst herab, Dich zu verletzen. Trag' diesen Hut, er schützt das zarte Haupt. (setzt ihr den Hut auf und steigt auf den Baum.) Agrippina. Ach, stürze nicht -- Andalosia. Gleich bin ich oben. Agrippina. Wirf Herunter schnell mir. -- O Du gütger Himmel, Wär' ich auf meinem Schlosse doch daheim! (sie verschwindet.) Andalosia. Hier, nimm -- wie? was? bin ich im Traum? Ich rase, Ich sterbe, breche mit den Baum zur Hölle. (springt herab.) O Thor! o blöder, dumpfer ungehirnter Thor! So recht, Du Schalksnarr! Kannst Du nicht den Leib, Die Seel' ihr nach noch werfen? Stirb! Streck Deinen Leichnam hin in feuchten Moder, Daß Kröten, Molch und Schlangen ihn verzehren! Spei aus den Geist, der nur in Deinem Leibe Wie ein Verbrecher im Gefängniß wohnt! Reiß nieder rings die Mauern, brich die Ketten, Und stürm Dich los mit lautem Hohngelach, Das Weite, Freie, Leere zu erfliegen! -- III. [ 23 ]
Fortunat. Andaloſia. Ich hole Dir den groͤßten dieſer Aepfel, Was thaͤt ich nicht fuͤr Dich? Biſt Du geſtaͤrkt, Dann ſprechen wir von meiner bittern Kraͤnkung Nur fuͤrcht' ich, wenn ich oben pfluͤcke, regnet Das reife Obſt herab, Dich zu verletzen. Trag' dieſen Hut, er ſchuͤtzt das zarte Haupt. (ſetzt ihr den Hut auf und ſteigt auf den Baum.) Agrippina. Ach, ſtuͤrze nicht — Andaloſia. Gleich bin ich oben. Agrippina. Wirf Herunter ſchnell mir. — O Du guͤtger Himmel, Waͤr' ich auf meinem Schloſſe doch daheim! (ſie verſchwindet.) Andaloſia. Hier, nimm — wie? was? bin ich im Traum? Ich raſe, Ich ſterbe, breche mit den Baum zur Hoͤlle. (ſpringt herab.) O Thor! o bloͤder, dumpfer ungehirnter Thor! So recht, Du Schalksnarr! Kannſt Du nicht den Leib, Die Seel' ihr nach noch werfen? Stirb! Streck Deinen Leichnam hin in feuchten Moder, Daß Kroͤten, Molch und Schlangen ihn verzehren! Spei aus den Geiſt, der nur in Deinem Leibe Wie ein Verbrecher im Gefaͤngniß wohnt! Reiß nieder rings die Mauern, brich die Ketten, Und ſtuͤrm Dich los mit lautem Hohngelach, Das Weite, Freie, Leere zu erfliegen! — III. [ 23 ]
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Fortunat.
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Ich hole Dir den groͤßten dieſer Aepfel,
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Dann ſprechen wir von meiner bittern Kraͤnkung
Nur fuͤrcht' ich, wenn ich oben pfluͤcke, regnet
Das reife Obſt herab, Dich zu verletzen.
Trag' dieſen Hut, er ſchuͤtzt das zarte Haupt.
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Agrippina.
Ach, ſtuͤrze nicht —
Andaloſia.
Gleich bin ich oben.
Agrippina.
Wirf
Herunter ſchnell mir. — O Du guͤtger Himmel,
Waͤr' ich auf meinem Schloſſe doch daheim!
(ſie verſchwindet.)
Andaloſia.
Hier, nimm — wie? was? bin ich im Traum?
Ich raſe,
Ich ſterbe, breche mit den Baum zur Hoͤlle.
(ſpringt herab.)
O Thor! o bloͤder, dumpfer ungehirnter Thor!
So recht, Du Schalksnarr! Kannſt Du nicht
den Leib,
Die Seel' ihr nach noch werfen? Stirb!
Streck Deinen Leichnam hin in feuchten Moder,
Daß Kroͤten, Molch und Schlangen ihn verzehren!
Spei aus den Geiſt, der nur in Deinem Leibe
Wie ein Verbrecher im Gefaͤngniß wohnt!
Reiß nieder rings die Mauern, brich die Ketten,
Und ſtuͤrm Dich los mit lautem Hohngelach,
Das Weite, Freie, Leere zu erfliegen! —
III. [ 23 ]
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