Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Fortunat.
Im Arm des Liebsten aller Welt vergessen,
Und mit dem Theuersten ihn gern beglücken;
Ihr niedern Buhlerinnen schmäht und lästert,
Und solltet still dehmüthig hier verehren,
Daß Herzen ganz und voll sich dem ergeben,
Dem sie allmächtig Liebe unterwirft;
Ihr Ehrenvollen, Hochgestellten, Reinen,
Die Ihr noch schlimmer als die Sklavinn seyd,
Die öffentlich mit ihren Reizen wüchert,
Denn Ihr verkauft um schnöden Sold das Höchste,
Des Herzens Herzen, Wahrheit, Liebe, Treue,
Den Stolz, der nur den Menschen macht zum
Menschen.
Was könnte Dich gefährden? Jenes heilge
Jungfrauenthum des Herzens, jene Süße
Der Kinderunschuld, Deiner Liebe Blüthe,
Hast Du für alle Ewigkeit dem Teufel,
Dem schmutzigsten des Geizes baar verkauft.
Drum blitzte falsche Liebe dieses Auge,
Die holden Pfänder, die die Seelen knüpfen
In Lieb' und Andacht, Schwur, Bekenntniß, Flehn,
Sie, alle gleich dem Heer verruchter Räuber,
Entsprangen aus dem Wahrsam schöner Lippen.
Ich Blöder, sah' die Brandmal nicht und Ketten!
Ja Deine Küsse blühten buhlerisch
Wie giftge Rosen mir, das Auge weinte
Die Lügen-Thränen, die dem Liebenden
Im Wonneschmerz den Himmel nieder ziehn. --
Und alle die Entheiligung -- warum?
Um schödes Gold! Nur darum wurden alle
Empfindungen der Seeligkeit verrathen,
Elysium zur schmutzgen Winkelgasse,
Die Götter all in Kuppler umgemarktet.
Fortunat.
Im Arm des Liebſten aller Welt vergeſſen,
Und mit dem Theuerſten ihn gern begluͤcken;
Ihr niedern Buhlerinnen ſchmaͤht und laͤſtert,
Und ſolltet ſtill dehmuͤthig hier verehren,
Daß Herzen ganz und voll ſich dem ergeben,
Dem ſie allmaͤchtig Liebe unterwirft;
Ihr Ehrenvollen, Hochgeſtellten, Reinen,
Die Ihr noch ſchlimmer als die Sklavinn ſeyd,
Die oͤffentlich mit ihren Reizen wuͤchert,
Denn Ihr verkauft um ſchnoͤden Sold das Hoͤchſte,
Des Herzens Herzen, Wahrheit, Liebe, Treue,
Den Stolz, der nur den Menſchen macht zum
Menſchen.
Was koͤnnte Dich gefaͤhrden? Jenes heilge
Jungfrauenthum des Herzens, jene Suͤße
Der Kinderunſchuld, Deiner Liebe Bluͤthe,
Haſt Du fuͤr alle Ewigkeit dem Teufel,
Dem ſchmutzigſten des Geizes baar verkauft.
Drum blitzte falſche Liebe dieſes Auge,
Die holden Pfaͤnder, die die Seelen knuͤpfen
In Lieb' und Andacht, Schwur, Bekenntniß, Flehn,
Sie, alle gleich dem Heer verruchter Raͤuber,
Entſprangen aus dem Wahrſam ſchoͤner Lippen.
Ich Bloͤder, ſah' die Brandmal nicht und Ketten!
Ja Deine Kuͤſſe bluͤhten buhleriſch
Wie giftge Roſen mir, das Auge weinte
Die Luͤgen-Thraͤnen, die dem Liebenden
Im Wonneſchmerz den Himmel nieder ziehn. —
Und alle die Entheiligung — warum?
Um ſchoͤdes Gold! Nur darum wurden alle
Empfindungen der Seeligkeit verrathen,
Elyſium zur ſchmutzgen Winkelgaſſe,
Die Goͤtter all in Kuppler umgemarktet.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#Andalo&#x017F;ia">
                <p><pb facs="#f0453" n="443"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/>
Im Arm des Lieb&#x017F;ten aller Welt verge&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Und mit dem Theuer&#x017F;ten ihn gern beglu&#x0364;cken;<lb/>
Ihr niedern Buhlerinnen &#x017F;chma&#x0364;ht und la&#x0364;&#x017F;tert,<lb/>
Und &#x017F;olltet &#x017F;till dehmu&#x0364;thig hier verehren,<lb/>
Daß Herzen ganz und voll &#x017F;ich dem ergeben,<lb/>
Dem &#x017F;ie allma&#x0364;chtig Liebe unterwirft;<lb/>
Ihr Ehrenvollen, Hochge&#x017F;tellten, Reinen,<lb/>
Die Ihr noch &#x017F;chlimmer als die Sklavinn &#x017F;eyd,<lb/>
Die o&#x0364;ffentlich mit ihren Reizen wu&#x0364;chert,<lb/>
Denn Ihr verkauft um &#x017F;chno&#x0364;den Sold das Ho&#x0364;ch&#x017F;te,<lb/>
Des Herzens Herzen, Wahrheit, Liebe, Treue,<lb/>
Den Stolz, der nur den Men&#x017F;chen macht zum<lb/><hi rendition="#et">Men&#x017F;chen.</hi><lb/>
Was ko&#x0364;nnte Dich gefa&#x0364;hrden? Jenes heilge<lb/>
Jungfrauenthum des Herzens, jene Su&#x0364;ße<lb/>
Der Kinderun&#x017F;chuld, Deiner Liebe Blu&#x0364;the,<lb/>
Ha&#x017F;t Du fu&#x0364;r alle Ewigkeit dem Teufel,<lb/>
Dem &#x017F;chmutzig&#x017F;ten des Geizes baar verkauft.<lb/>
Drum blitzte fal&#x017F;che Liebe die&#x017F;es Auge,<lb/>
Die holden Pfa&#x0364;nder, die die Seelen knu&#x0364;pfen<lb/>
In Lieb' und Andacht, Schwur, Bekenntniß, Flehn,<lb/>
Sie, alle gleich dem Heer verruchter Ra&#x0364;uber,<lb/>
Ent&#x017F;prangen aus dem Wahr&#x017F;am &#x017F;cho&#x0364;ner Lippen.<lb/>
Ich Blo&#x0364;der, &#x017F;ah' die Brandmal nicht und Ketten!<lb/>
Ja Deine Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e blu&#x0364;hten buhleri&#x017F;ch<lb/>
Wie giftge Ro&#x017F;en mir, das Auge weinte<lb/>
Die Lu&#x0364;gen-Thra&#x0364;nen, die dem Liebenden<lb/>
Im Wonne&#x017F;chmerz den Himmel nieder ziehn. &#x2014;<lb/>
Und alle die Entheiligung &#x2014; warum?<lb/>
Um &#x017F;cho&#x0364;des Gold! Nur darum wurden alle<lb/>
Empfindungen der Seeligkeit verrathen,<lb/>
Ely&#x017F;ium zur &#x017F;chmutzgen Winkelga&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
Die Go&#x0364;tter all in Kuppler umgemarktet.<lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[443/0453] Fortunat. Im Arm des Liebſten aller Welt vergeſſen, Und mit dem Theuerſten ihn gern begluͤcken; Ihr niedern Buhlerinnen ſchmaͤht und laͤſtert, Und ſolltet ſtill dehmuͤthig hier verehren, Daß Herzen ganz und voll ſich dem ergeben, Dem ſie allmaͤchtig Liebe unterwirft; Ihr Ehrenvollen, Hochgeſtellten, Reinen, Die Ihr noch ſchlimmer als die Sklavinn ſeyd, Die oͤffentlich mit ihren Reizen wuͤchert, Denn Ihr verkauft um ſchnoͤden Sold das Hoͤchſte, Des Herzens Herzen, Wahrheit, Liebe, Treue, Den Stolz, der nur den Menſchen macht zum Menſchen. Was koͤnnte Dich gefaͤhrden? Jenes heilge Jungfrauenthum des Herzens, jene Suͤße Der Kinderunſchuld, Deiner Liebe Bluͤthe, Haſt Du fuͤr alle Ewigkeit dem Teufel, Dem ſchmutzigſten des Geizes baar verkauft. Drum blitzte falſche Liebe dieſes Auge, Die holden Pfaͤnder, die die Seelen knuͤpfen In Lieb' und Andacht, Schwur, Bekenntniß, Flehn, Sie, alle gleich dem Heer verruchter Raͤuber, Entſprangen aus dem Wahrſam ſchoͤner Lippen. Ich Bloͤder, ſah' die Brandmal nicht und Ketten! Ja Deine Kuͤſſe bluͤhten buhleriſch Wie giftge Roſen mir, das Auge weinte Die Luͤgen-Thraͤnen, die dem Liebenden Im Wonneſchmerz den Himmel nieder ziehn. — Und alle die Entheiligung — warum? Um ſchoͤdes Gold! Nur darum wurden alle Empfindungen der Seeligkeit verrathen, Elyſium zur ſchmutzgen Winkelgaſſe, Die Goͤtter all in Kuppler umgemarktet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/453
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/453>, abgerufen am 22.11.2024.