Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. Limosin. Schließ' auf den innern Raum, der Graf mein Freund Will ihn besuchen. -- Ich, verlaß Euch jetzt. (geht ab.) Barnabas schließt auf, man sieht Andalosia in Ketten, blaß und abgezehrt auf der Steinbank sitzen; sein Haar und Bart ist verwildert, die Kleidung zer- rissen. Theodor.. Ich will doch hören, was er sagen mag. Andalosia. O Lichtstrahl! wirst Du nimmer mich besuchen? O Menschenantlitz, seh ich nie Dich mehr? Nicht mehr den feuchten Blick des Auges, Freund- schaft Und holde Lieb' in seinem Glanze schwimmend? Kann mich der König, alle, so vergessen? O Bruder, warum kommst Du nicht zu mir, Und bringst das Wort der Freiheit und Erlösung? Wie leicht ists Dir, im Abgrund mich zu finden. Wie, bist Du todt? Ein Opfer auch der Bosheit? Da droben tobt und ras't mein wildes Gold, Kuppelt Verbrechen mit dem Laster, düngt Die fette Bosheit und Verworfenheit, Mordet der Jungfrau Tugend, hezt die Freunde Zu Gift und teuflischem Verrath: denn schnaubend Sucht es, der Kette los, nach Beute gierig, Trägt sie im Rachen hin in Höll' und Tod; Gebändigt nur, erzogen thut es wohl, Doch unbewahrt erwacht der alte Blutdurst. Indeß verlassen, mit dem Tode ringend, Mit Hunger kämpfend und von Durst gepeinigt, Schlaflos, zermalmt, gequält von hundert Wunden, Fortunat. Limoſin. Schließ' auf den innern Raum, der Graf mein Freund Will ihn beſuchen. — Ich, verlaß Euch jetzt. (geht ab.) Barnabas ſchließt auf, man ſieht Andaloſia in Ketten, blaß und abgezehrt auf der Steinbank ſitzen; ſein Haar und Bart iſt verwildert, die Kleidung zer- riſſen. Theodor.. Ich will doch hoͤren, was er ſagen mag. Andaloſia. O Lichtſtrahl! wirſt Du nimmer mich beſuchen? O Menſchenantlitz, ſeh ich nie Dich mehr? Nicht mehr den feuchten Blick des Auges, Freund- ſchaft Und holde Lieb' in ſeinem Glanze ſchwimmend? Kann mich der Koͤnig, alle, ſo vergeſſen? O Bruder, warum kommſt Du nicht zu mir, Und bringſt das Wort der Freiheit und Erloͤſung? Wie leicht iſts Dir, im Abgrund mich zu finden. Wie, biſt Du todt? Ein Opfer auch der Bosheit? Da droben tobt und raſ't mein wildes Gold, Kuppelt Verbrechen mit dem Laſter, duͤngt Die fette Bosheit und Verworfenheit, Mordet der Jungfrau Tugend, hezt die Freunde Zu Gift und teufliſchem Verrath: denn ſchnaubend Sucht es, der Kette los, nach Beute gierig, Traͤgt ſie im Rachen hin in Hoͤll' und Tod; Gebaͤndigt nur, erzogen thut es wohl, Doch unbewahrt erwacht der alte Blutdurſt. Indeß verlaſſen, mit dem Tode ringend, Mit Hunger kaͤmpfend und von Durſt gepeinigt, Schlaflos, zermalmt, gequaͤlt von hundert Wunden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0499" n="489"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/> <sp who="#Limoſin"> <speaker><hi rendition="#g">Limoſin</hi>.</speaker><lb/> <p>Schließ' auf den innern Raum, der Graf mein<lb/><hi rendition="#et">Freund</hi><lb/> Will ihn beſuchen. — Ich, verlaß Euch jetzt.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(geht ab.)</hi> </stage><lb/> <stage><hi rendition="#g">Barnabas</hi> ſchließt auf, man ſieht <hi rendition="#g">Andaloſia</hi> in<lb/><hi rendition="#et">Ketten, blaß und abgezehrt auf der Steinbank ſitzen;<lb/> ſein Haar und Bart iſt verwildert, die Kleidung zer-<lb/> riſſen.</hi></stage> </sp><lb/> <sp who="#THEO"> <speaker><hi rendition="#g">Theodor</hi>..</speaker><lb/> <p>Ich will doch hoͤren, was er ſagen mag.</p> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker><lb/> <p>O Lichtſtrahl! wirſt Du nimmer mich beſuchen?<lb/> O Menſchenantlitz, ſeh ich nie Dich mehr?<lb/> Nicht mehr den feuchten Blick des Auges, Freund-<lb/><hi rendition="#et">ſchaft</hi><lb/> Und holde Lieb' in ſeinem Glanze ſchwimmend?<lb/> Kann mich der Koͤnig, alle, ſo vergeſſen?<lb/> O Bruder, warum kommſt Du nicht zu mir,<lb/> Und bringſt das Wort der Freiheit und Erloͤſung?<lb/> Wie leicht iſts Dir, im Abgrund mich zu finden.<lb/> Wie, biſt Du todt? Ein Opfer auch der Bosheit?<lb/> Da droben tobt und raſ't mein wildes Gold,<lb/> Kuppelt Verbrechen mit dem Laſter, duͤngt<lb/> Die fette Bosheit und Verworfenheit,<lb/> Mordet der Jungfrau Tugend, hezt die Freunde<lb/> Zu Gift und teufliſchem Verrath: denn ſchnaubend<lb/> Sucht es, der Kette los, nach Beute gierig,<lb/> Traͤgt ſie im Rachen hin in Hoͤll' und Tod;<lb/> Gebaͤndigt nur, erzogen thut es wohl,<lb/> Doch unbewahrt erwacht der alte Blutdurſt.<lb/> Indeß verlaſſen, mit dem Tode ringend,<lb/> Mit Hunger kaͤmpfend und von Durſt gepeinigt,<lb/> Schlaflos, zermalmt, gequaͤlt von hundert Wunden,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [489/0499]
Fortunat.
Limoſin.
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Freund
Will ihn beſuchen. — Ich, verlaß Euch jetzt.
(geht ab.)
Barnabas ſchließt auf, man ſieht Andaloſia in
Ketten, blaß und abgezehrt auf der Steinbank ſitzen;
ſein Haar und Bart iſt verwildert, die Kleidung zer-
riſſen.
Theodor..
Ich will doch hoͤren, was er ſagen mag.
Andaloſia.
O Lichtſtrahl! wirſt Du nimmer mich beſuchen?
O Menſchenantlitz, ſeh ich nie Dich mehr?
Nicht mehr den feuchten Blick des Auges, Freund-
ſchaft
Und holde Lieb' in ſeinem Glanze ſchwimmend?
Kann mich der Koͤnig, alle, ſo vergeſſen?
O Bruder, warum kommſt Du nicht zu mir,
Und bringſt das Wort der Freiheit und Erloͤſung?
Wie leicht iſts Dir, im Abgrund mich zu finden.
Wie, biſt Du todt? Ein Opfer auch der Bosheit?
Da droben tobt und raſ't mein wildes Gold,
Kuppelt Verbrechen mit dem Laſter, duͤngt
Die fette Bosheit und Verworfenheit,
Mordet der Jungfrau Tugend, hezt die Freunde
Zu Gift und teufliſchem Verrath: denn ſchnaubend
Sucht es, der Kette los, nach Beute gierig,
Traͤgt ſie im Rachen hin in Hoͤll' und Tod;
Gebaͤndigt nur, erzogen thut es wohl,
Doch unbewahrt erwacht der alte Blutdurſt.
Indeß verlaſſen, mit dem Tode ringend,
Mit Hunger kaͤmpfend und von Durſt gepeinigt,
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