Fast seit seiner Ankunft auf dem Dorfe hatte sich Franz eine Arbeit vorgenommen, es war nehmlich nichts Geringers, als daß er seinem Geburtsorte ein Gemälde von sich hinterlassen wollte. Der Gedanke der Ver¬ kündigung der Geburt Christi lag ihm noch im Sinn, und er bildete ihn weiter aus, und mahlte fleißig. Aber nun fehlte ihm diese Seelenruhe, die er damals in sei¬ nem Briefe geschildert hatte, alles hatte ihn betäubt, und die bildende Kraft erlag oft den Umständen. Er fühlte es lebhaft wieder, wie es ganz etwas anders sey, in einer glücklichen Minute ein kühnes und edles Kunstwerk zu entwerfen, und es nach¬ her mit unermüdeter Ämsigkeit, und dem nie ermattenden Reiz der Neuheit durchzu¬ führen. Mitten in der Arbeit verzweifelte
Siebendes Kapitel.
Faſt ſeit ſeiner Ankunft auf dem Dorfe hatte ſich Franz eine Arbeit vorgenommen, es war nehmlich nichts Geringers, als daß er ſeinem Geburtsorte ein Gemälde von ſich hinterlaſſen wollte. Der Gedanke der Ver¬ kündigung der Geburt Chriſti lag ihm noch im Sinn, und er bildete ihn weiter aus, und mahlte fleißig. Aber nun fehlte ihm dieſe Seelenruhe, die er damals in ſei¬ nem Briefe geſchildert hatte, alles hatte ihn betäubt, und die bildende Kraft erlag oft den Umſtänden. Er fühlte es lebhaft wieder, wie es ganz etwas anders ſey, in einer glücklichen Minute ein kühnes und edles Kunſtwerk zu entwerfen, und es nach¬ her mit unermüdeter Ämſigkeit, und dem nie ermattenden Reiz der Neuheit durchzu¬ führen. Mitten in der Arbeit verzweifelte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0129"n="118"/></div><divn="3"><head><hirendition="#g">Siebendes Kapitel.</hi><lb/></head><p><hirendition="#in">F</hi>aſt ſeit ſeiner Ankunft auf dem Dorfe<lb/>
hatte ſich Franz eine Arbeit vorgenommen,<lb/>
es war nehmlich nichts Geringers, als daß<lb/>
er ſeinem Geburtsorte ein Gemälde von ſich<lb/>
hinterlaſſen wollte. Der Gedanke der Ver¬<lb/>
kündigung der Geburt Chriſti lag ihm noch<lb/>
im Sinn, und er bildete ihn weiter aus,<lb/>
und mahlte fleißig. Aber nun fehlte ihm<lb/>
dieſe Seelenruhe, die er damals in ſei¬<lb/>
nem Briefe geſchildert hatte, alles hatte ihn<lb/>
betäubt, und die bildende Kraft erlag oft<lb/>
den Umſtänden. Er fühlte es lebhaft wieder,<lb/>
wie es ganz etwas anders ſey, in einer<lb/>
glücklichen Minute ein kühnes und edles<lb/>
Kunſtwerk zu entwerfen, und es nach¬<lb/>
her mit unermüdeter Ämſigkeit, und dem<lb/>
nie ermattenden Reiz der Neuheit durchzu¬<lb/>
führen. Mitten in der Arbeit verzweifelte<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[118/0129]
Siebendes Kapitel.
Faſt ſeit ſeiner Ankunft auf dem Dorfe
hatte ſich Franz eine Arbeit vorgenommen,
es war nehmlich nichts Geringers, als daß
er ſeinem Geburtsorte ein Gemälde von ſich
hinterlaſſen wollte. Der Gedanke der Ver¬
kündigung der Geburt Chriſti lag ihm noch
im Sinn, und er bildete ihn weiter aus,
und mahlte fleißig. Aber nun fehlte ihm
dieſe Seelenruhe, die er damals in ſei¬
nem Briefe geſchildert hatte, alles hatte ihn
betäubt, und die bildende Kraft erlag oft
den Umſtänden. Er fühlte es lebhaft wieder,
wie es ganz etwas anders ſey, in einer
glücklichen Minute ein kühnes und edles
Kunſtwerk zu entwerfen, und es nach¬
her mit unermüdeter Ämſigkeit, und dem
nie ermattenden Reiz der Neuheit durchzu¬
führen. Mitten in der Arbeit verzweifelte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/129>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.