Lukas hielt eine Weile mit Mahlen in¬ ne und betrachtete Sternbald sehr aufmerk¬ sam, der sich durch Reden erhitzt hatte, dann sagte er: Lieber Freund, ich glaube daß Ihr so auf einem ganz unrechten We¬ ge seid. Ich kann mir Eure Verfassung wohl so ziemlich vorstellen, aber ich bin nie¬ mals in solcher Gemüthsstimmung gewe¬ sen. Von der frühsten Jugend habe ich ei¬ nen heftigen Trieb in mir empfunden zu bil¬ den, und ein Künstler zu seyn; aber von je an lag mir die Nachahmung klar im Sinne, daß ich nie zweifelhaft war oder zögerte, was aus einer Zeichnung werden sollte. Schon während der Arbeit lag mir dann ein andrer Entwurf schon ganz deutlich im Kopfe, den ich aber so schnell und eben so unverzagt als den vorigen ausführte, und so sind meine zahlreichen Werke entstanden, ob ich gleich noch nicht alt bin. Euer Za¬
Lukas hielt eine Weile mit Mahlen in¬ ne und betrachtete Sternbald ſehr aufmerk¬ ſam, der ſich durch Reden erhitzt hatte, dann ſagte er: Lieber Freund, ich glaube daß Ihr ſo auf einem ganz unrechten We¬ ge ſeid. Ich kann mir Eure Verfaſſung wohl ſo ziemlich vorſtellen, aber ich bin nie¬ mals in ſolcher Gemüthsſtimmung gewe¬ ſen. Von der frühſten Jugend habe ich ei¬ nen heftigen Trieb in mir empfunden zu bil¬ den, und ein Künſtler zu ſeyn; aber von je an lag mir die Nachahmung klar im Sinne, daß ich nie zweifelhaft war oder zögerte, was aus einer Zeichnung werden ſollte. Schon während der Arbeit lag mir dann ein andrer Entwurf ſchon ganz deutlich im Kopfe, den ich aber ſo ſchnell und eben ſo unverzagt als den vorigen ausführte, und ſo ſind meine zahlreichen Werke entſtanden, ob ich gleich noch nicht alt bin. Euer Za¬
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Lukas hielt eine Weile mit Mahlen in¬
ne und betrachtete Sternbald ſehr aufmerk¬
ſam, der ſich durch Reden erhitzt hatte,
dann ſagte er: Lieber Freund, ich glaube
daß Ihr ſo auf einem ganz unrechten We¬
ge ſeid. Ich kann mir Eure Verfaſſung
wohl ſo ziemlich vorſtellen, aber ich bin nie¬
mals in ſolcher Gemüthsſtimmung gewe¬
ſen. Von der frühſten Jugend habe ich ei¬
nen heftigen Trieb in mir empfunden zu bil¬
den, und ein Künſtler zu ſeyn; aber von je
an lag mir die Nachahmung klar im Sinne,
daß ich nie zweifelhaft war oder zögerte,
was aus einer Zeichnung werden ſollte.
Schon während der Arbeit lag mir dann
ein andrer Entwurf ſchon ganz deutlich im
Kopfe, den ich aber ſo ſchnell und eben ſo
unverzagt als den vorigen ausführte, und
ſo ſind meine zahlreichen Werke entſtanden,
ob ich gleich noch nicht alt bin. Euer Za¬
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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/200>, abgerufen am 15.05.2024.
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