nes Mahl von Milch und Früchten auf, an dem sie sich erquickten. Ferdinand war sich vor Glückseligkeit kaum seiner selbst bewußt, er fühlte sich wie in einer neuen Welt, al¬ les was vor heute geschehen war, gehörte gleichsam gar nicht in seinen Lebenslauf; von diesem entzückende Kusse, der ihm alle Sinnen geraubt hatte, begann ihm ein neues Gestirn, eine neue Sonne emporzuleuchten, alles vorige Licht war nur matte Finsterniß gewesen. Dann wies der Einsiedel Leonoren ein Lager an, und Ferdinand mußte sich ge¬ genüber in eine kleine leere Hütte begeben.
Ferdinand konnte in der Nacht nicht schlafen, seine glückliche Zukunft trat vor sein Lager, und erhielt seine Augen wach, er ward nicht müde hinunter zu sehn, und in dem glücklichen Reiche der Liebe auf und ab zu wandeln. Leonorens Stimme schien ihm beständig wiederzutönen, er glaubte sie
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nes Mahl von Milch und Früchten auf, an dem ſie ſich erquickten. Ferdinand war ſich vor Glückſeligkeit kaum ſeiner ſelbſt bewußt, er fühlte ſich wie in einer neuen Welt, al¬ les was vor heute geſchehen war, gehörte gleichſam gar nicht in ſeinen Lebenslauf; von dieſem entzückende Kuſſe, der ihm alle Sinnen geraubt hatte, begann ihm ein neues Geſtirn, eine neue Sonne emporzuleuchten, alles vorige Licht war nur matte Finſterniß geweſen. Dann wies der Einſiedel Leonoren ein Lager an, und Ferdinand mußte ſich ge¬ genüber in eine kleine leere Hütte begeben.
Ferdinand konnte in der Nacht nicht ſchlafen, ſeine glückliche Zukunft trat vor ſein Lager, und erhielt ſeine Augen wach, er ward nicht müde hinunter zu ſehn, und in dem glücklichen Reiche der Liebe auf und ab zu wandeln. Leonorens Stimme ſchien ihm beſtändig wiederzutönen, er glaubte ſie
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nes Mahl von Milch und Früchten auf, an
dem ſie ſich erquickten. Ferdinand war ſich
vor Glückſeligkeit kaum ſeiner ſelbſt bewußt,
er fühlte ſich wie in einer neuen Welt, al¬
les was vor heute geſchehen war, gehörte
gleichſam gar nicht in ſeinen Lebenslauf;
von dieſem entzückende Kuſſe, der ihm alle
Sinnen geraubt hatte, begann ihm ein neues
Geſtirn, eine neue Sonne emporzuleuchten,
alles vorige Licht war nur matte Finſterniß
geweſen. Dann wies der Einſiedel Leonoren
ein Lager an, und Ferdinand mußte ſich ge¬
genüber in eine kleine leere Hütte begeben.
Ferdinand konnte in der Nacht nicht
ſchlafen, ſeine glückliche Zukunft trat vor
ſein Lager, und erhielt ſeine Augen wach,
er ward nicht müde hinunter zu ſehn, und
in dem glücklichen Reiche der Liebe auf und
ab zu wandeln. Leonorens Stimme ſchien
ihm beſtändig wiederzutönen, er glaubte ſie
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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/316>, abgerufen am 24.11.2024.
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