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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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chen leide ich unaussprechlich. Ihr seid gut,
Ihr habt Mitleiden mit mir getragen,
ich habe es wohl bemerkt, und darum will
ich Euch alles sagen. Nicht weit von uns
wohnt ein junger Schmid, den ich schon
seit lange kenne, der mich liebt und der
jetzt krank liegt. Es soll mit seiner Krank¬
heit immer schlimmer werden; er fürchtet
jetzt, mein Vater will mich verheirathen, er
ist arm, ein Handwerker und nun der Ver¬
zweiflung nahe. O wollt Ihr so gütig
gegen mich seyn und ihn besuchen und trö¬
sten? Ihr glaubt nicht, wie gut, wie brav
er ist. Ihr würdet gewiß sein Freund wer¬
den, wenn Ihr ihn kennen solltet, denn je¬
dermann muß ihn lieben, der ihm nahe
kömmt.

Franz war gerührt; er ließ sich das
Haus bezeichnen und ging sogleich hin. Er
kam in eine armselige Stube, in der der

chen leide ich unausſprechlich. Ihr ſeid gut,
Ihr habt Mitleiden mit mir getragen,
ich habe es wohl bemerkt, und darum will
ich Euch alles ſagen. Nicht weit von uns
wohnt ein junger Schmid, den ich ſchon
ſeit lange kenne, der mich liebt und der
jetzt krank liegt. Es ſoll mit ſeiner Krank¬
heit immer ſchlimmer werden; er fürchtet
jetzt, mein Vater will mich verheirathen, er
iſt arm, ein Handwerker und nun der Ver¬
zweiflung nahe. O wollt Ihr ſo gütig
gegen mich ſeyn und ihn beſuchen und trö¬
ſten? Ihr glaubt nicht, wie gut, wie brav
er iſt. Ihr würdet gewiß ſein Freund wer¬
den, wenn Ihr ihn kennen ſolltet, denn je¬
dermann muß ihn lieben, der ihm nahe
kömmt.

Franz war gerührt; er ließ ſich das
Haus bezeichnen und ging ſogleich hin. Er
kam in eine armſelige Stube, in der der

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[360/0371] chen leide ich unausſprechlich. Ihr ſeid gut, Ihr habt Mitleiden mit mir getragen, ich habe es wohl bemerkt, und darum will ich Euch alles ſagen. Nicht weit von uns wohnt ein junger Schmid, den ich ſchon ſeit lange kenne, der mich liebt und der jetzt krank liegt. Es ſoll mit ſeiner Krank¬ heit immer ſchlimmer werden; er fürchtet jetzt, mein Vater will mich verheirathen, er iſt arm, ein Handwerker und nun der Ver¬ zweiflung nahe. O wollt Ihr ſo gütig gegen mich ſeyn und ihn beſuchen und trö¬ ſten? Ihr glaubt nicht, wie gut, wie brav er iſt. Ihr würdet gewiß ſein Freund wer¬ den, wenn Ihr ihn kennen ſolltet, denn je¬ dermann muß ihn lieben, der ihm nahe kömmt. Franz war gerührt; er ließ ſich das Haus bezeichnen und ging ſogleich hin. Er kam in eine armſelige Stube, in der der

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/371>, abgerufen am 21.11.2024.