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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 18te März.
heiligem Schauer, als ob mir mein Rückfall geahndet hät[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
neuerte ich meinen Taufbund. Ich wäre damals gestorben, [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
die Hölle zu fürchten. Aber hätte ich auch wol geglaubt, [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
ich noch so viele Untugenden lieb gewinnen, und so manche [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
tigung Gottes verdienen würde? Ich war geehrter damals [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
jetzt. Kein Schmeichler betrog mich, kein Verläumder m[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
mich ehrlos; Verführer und alte Sünder, selbst Freig[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
schwiegen in meiner Gegenwart, der heilige Geist wohnte in [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
nem Herzen, und Schutzengel begleiteten mich froh auf me[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
geraden Wegen. Eltern, Anverwandten und Lehrer beteten[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
mich. Ich selbst betete inbrünstig, mit niedergeschlagnen si[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
men Augen; Unschuld und Scham färbten meine Wangen!

Ach! glückliche Zeiten! wo seyd ihr hin: Wo ist die Einf[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
meiner Sitten! Wo, mein sorgenfreies Herz! mein leichtes G[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
wissen! wo die Vorsorge und liebreiche Unterstützung meiner zä[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
lichen Eltern oder Freunde! -- O! die Welt hat sich für mi[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
verschlimmert, und wird sich wol noch mehr verschlimmer[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Nur du, mein Gott und Vater! bist noch derselbe. Mög[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
doch auch ich noch das dir gefällige und gläubig betende Kind seyn[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Jesus gebot es uns, daß wir wieder Kinder werden müßten, wo[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
fern wir in das Reich Gottes kommen wolten: nim also, mein
Heiland! den alternden Eigensinn, das harte Herz aus meinem
Fleische hinweg! Schaff in mir ein reines Herz, und gib mir ei-
nen neuen gewissen Geist; verwirf mich nicht von deinem Ange-
sichte, und nim deinen heiligen Geist nicht von mir! Tröste mich
wieder mit deiner Hülfe, und dein freudiger Geist erhalte mich
dir! Selbst mein Schlaf ist nicht mehr so fest und sorgenlos, als
ehedem. Aber ich will wieder an Unschuld und Gehorsam dein
Kind werden; dann Vater! wirst du auch meinen leichten
Schlummer versüssen! Nicht was ich will, sondern was du wilst:
wenn ich so handle, so bewahrest du mich, wie eine Mutter ihr
folgsames Kind.

Der

Der 18te Maͤrz.
heiligem Schauer, als ob mir mein Ruͤckfall geahndet haͤt[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
neuerte ich meinen Taufbund. Ich waͤre damals geſtorben, [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
die Hoͤlle zu fuͤrchten. Aber haͤtte ich auch wol geglaubt, [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
ich noch ſo viele Untugenden lieb gewinnen, und ſo manche [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
tigung Gottes verdienen wuͤrde? Ich war geehrter damals [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
jetzt. Kein Schmeichler betrog mich, kein Verlaͤumder m[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
mich ehrlos; Verfuͤhrer und alte Suͤnder, ſelbſt Freig[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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nem Herzen, und Schutzengel begleiteten mich froh auf me[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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men Augen; Unſchuld und Scham faͤrbten meine Wangen!

Ach! gluͤckliche Zeiten! wo ſeyd ihr hin: Wo iſt die Einf[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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Nur du, mein Gott und Vater! biſt noch derſelbe. Moͤg[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
doch auch ich noch das dir gefaͤllige und glaͤubig betende Kind ſeyn[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Jeſus gebot es uns, daß wir wieder Kinder werden muͤßten, wo[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
fern wir in das Reich Gottes kommen wolten: nim alſo, mein
Heiland! den alternden Eigenſinn, das harte Herz aus meinem
Fleiſche hinweg! Schaff in mir ein reines Herz, und gib mir ei-
nen neuen gewiſſen Geiſt; verwirf mich nicht von deinem Ange-
ſichte, und nim deinen heiligen Geiſt nicht von mir! Troͤſte mich
wieder mit deiner Huͤlfe, und dein freudiger Geiſt erhalte mich
dir! Selbſt mein Schlaf iſt nicht mehr ſo feſt und ſorgenlos, als
ehedem. Aber ich will wieder an Unſchuld und Gehorſam dein
Kind werden; dann Vater! wirſt du auch meinen leichten
Schlummer verſuͤſſen! Nicht was ich will, ſondern was du wilſt:
wenn ich ſo handle, ſo bewahreſt du mich, wie eine Mutter ihr
folgſames Kind.

Der
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[162[192]/0199] Der 18te Maͤrz. heiligem Schauer, als ob mir mein Ruͤckfall geahndet haͤt_ neuerte ich meinen Taufbund. Ich waͤre damals geſtorben, _ die Hoͤlle zu fuͤrchten. Aber haͤtte ich auch wol geglaubt, _ ich noch ſo viele Untugenden lieb gewinnen, und ſo manche _ tigung Gottes verdienen wuͤrde? Ich war geehrter damals _ jetzt. Kein Schmeichler betrog mich, kein Verlaͤumder m_ mich ehrlos; Verfuͤhrer und alte Suͤnder, ſelbſt Freig_ ſchwiegen in meiner Gegenwart, der heilige Geiſt wohnte in _ nem Herzen, und Schutzengel begleiteten mich froh auf me_ geraden Wegen. Eltern, Anverwandten und Lehrer beteten_ mich. Ich ſelbſt betete inbruͤnſtig, mit niedergeſchlagnen ſi_ men Augen; Unſchuld und Scham faͤrbten meine Wangen! Ach! gluͤckliche Zeiten! wo ſeyd ihr hin: Wo iſt die Einf_ meiner Sitten! Wo, mein ſorgenfreies Herz! mein leichtes G_ wiſſen! wo die Vorſorge und liebreiche Unterſtuͤtzung meiner zaͤ_ lichen Eltern oder Freunde! — O! die Welt hat ſich fuͤr mi_ verſchlimmert, und wird ſich wol noch mehr verſchlimmer_ Nur du, mein Gott und Vater! biſt noch derſelbe. Moͤg_ doch auch ich noch das dir gefaͤllige und glaͤubig betende Kind ſeyn_ Jeſus gebot es uns, daß wir wieder Kinder werden muͤßten, wo_ fern wir in das Reich Gottes kommen wolten: nim alſo, mein Heiland! den alternden Eigenſinn, das harte Herz aus meinem Fleiſche hinweg! Schaff in mir ein reines Herz, und gib mir ei- nen neuen gewiſſen Geiſt; verwirf mich nicht von deinem Ange- ſichte, und nim deinen heiligen Geiſt nicht von mir! Troͤſte mich wieder mit deiner Huͤlfe, und dein freudiger Geiſt erhalte mich dir! Selbſt mein Schlaf iſt nicht mehr ſo feſt und ſorgenlos, als ehedem. Aber ich will wieder an Unſchuld und Gehorſam dein Kind werden; dann Vater! wirſt du auch meinen leichten Schlummer verſuͤſſen! Nicht was ich will, ſondern was du wilſt: wenn ich ſo handle, ſo bewahreſt du mich, wie eine Mutter ihr folgſames Kind. Der

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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 162[192]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/199>, abgerufen am 21.11.2024.