Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.Der 21te März. etwas: aber gäbe es dorten so lange Tage wie bei uns, so mü[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]alles versengen und der Mensch verschmachten. Je niedriger [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Sonne uns in der Mittagsstunde über dem Haupt stehet: de[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] schräger fallen ihre Strahlen, und desto weniger erwärmen [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Da es nun, näher nach den Weltpolen zu, Länder giebt, wo [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Sonne, auch im Sommer zur Mittagszeit, so niedrig stehe[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] daß ein Hügel oder mittelmäßiges Haus sie versteckt; oder da[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] die Einwohner so langen Schatten werfen, wie wir einige Stun[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] den vor Sonnenuntergang: so mußte die Vorsicht diesen kalte[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Ländern zu hülfe kommen. Und wie weise und einfach hob si[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] nicht alle diese Schwierigkeiten! Die Erde durfte sich nur schief[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] gegen die Sonne bewegen, so war allen Zonen oder Erdgürteln geholfen. Nun scheint die Sonne in diese kalte Gegenden je schräger, desto länger im Sommer. Folglich wird das Erdreich, welches in den längsten Tagen fast durch gar keine Nacht abge- kühler wird, hinlänglich durchwärmt, daß es den nothdürftigen Unterhalt der Bewohner desselben hervorbringen kan. Und zwar geschwinde wie im Treibhause, wegen des heraneilenden Winters. So nützlich also eine beständige Tag - und Nachtgleiche in den Gewürzinseln ist, so schädlich wäre sie in Schweden, wo bei den schrägen Sonnenstralen alsdann wenig oder nichts zur Reife ge- deien könte. Jst diese Betrachtung zu weit gesucht? zu dürre? zu über- Der
Der 21te Maͤrz. etwas: aber gaͤbe es dorten ſo lange Tage wie bei uns, ſo muͤ[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]alles verſengen und der Menſch verſchmachten. Je niedriger [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Sonne uns in der Mittagsſtunde uͤber dem Haupt ſtehet: de[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] ſchraͤger fallen ihre Strahlen, und deſto weniger erwaͤrmen [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Da es nun, naͤher nach den Weltpolen zu, Laͤnder giebt, wo [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Sonne, auch im Sommer zur Mittagszeit, ſo niedrig ſtehe[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] daß ein Huͤgel oder mittelmaͤßiges Haus ſie verſteckt; oder da[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] die Einwohner ſo langen Schatten werfen, wie wir einige Stun[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] den vor Sonnenuntergang: ſo mußte die Vorſicht dieſen kalte[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Laͤndern zu huͤlfe kommen. Und wie weiſe und einfach hob ſi[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] nicht alle dieſe Schwierigkeiten! Die Erde durfte ſich nur ſchief[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] gegen die Sonne bewegen, ſo war allen Zonen oder Erdguͤrteln geholfen. Nun ſcheint die Sonne in dieſe kalte Gegenden je ſchraͤger, deſto laͤnger im Sommer. Folglich wird das Erdreich, welches in den laͤngſten Tagen faſt durch gar keine Nacht abge- kuͤhler wird, hinlaͤnglich durchwaͤrmt, daß es den nothduͤrftigen Unterhalt der Bewohner deſſelben hervorbringen kan. Und zwar geſchwinde wie im Treibhauſe, wegen des heraneilenden Winters. So nuͤtzlich alſo eine beſtaͤndige Tag – und Nachtgleiche in den Gewuͤrzinſeln iſt, ſo ſchaͤdlich waͤre ſie in Schweden, wo bei den ſchraͤgen Sonnenſtralen alsdann wenig oder nichts zur Reife ge- deien koͤnte. Jſt dieſe Betrachtung zu weit geſucht? zu duͤrre? zu uͤber- Der
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Der 21te Maͤrz.
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nicht alle dieſe Schwierigkeiten! Die Erde durfte ſich nur ſchief_
gegen die Sonne bewegen, ſo war allen Zonen oder Erdguͤrteln
geholfen. Nun ſcheint die Sonne in dieſe kalte Gegenden je
ſchraͤger, deſto laͤnger im Sommer. Folglich wird das Erdreich,
welches in den laͤngſten Tagen faſt durch gar keine Nacht abge-
kuͤhler wird, hinlaͤnglich durchwaͤrmt, daß es den nothduͤrftigen
Unterhalt der Bewohner deſſelben hervorbringen kan. Und zwar
geſchwinde wie im Treibhauſe, wegen des heraneilenden Winters.
So nuͤtzlich alſo eine beſtaͤndige Tag – und Nachtgleiche in den
Gewuͤrzinſeln iſt, ſo ſchaͤdlich waͤre ſie in Schweden, wo bei den
ſchraͤgen Sonnenſtralen alsdann wenig oder nichts zur Reife ge-
deien koͤnte.
Jſt dieſe Betrachtung zu weit geſucht? zu duͤrre? zu uͤber-
fluͤßig? — O! ſo iſt alles unter der Sonne eine Kleinigkeit! Aber
dann iſt auch, o Welt! alles was du koͤniglich nenneſt, eine bet-
telhafte Pracht! Gott! dich will ich kennen und bewundern ler-
nen. Ein Wink, der mir deine Eigenſchaften kentlicher macht,
ruͤhre mich mehr und mache mich aufmerkſamer, als alle Kleider
und Feſte der Groſſen! Du verdieneſt, daß ich ganz Ohr, ganz
Auge ſey. Bin ich lebendig von deiner Weisheit und Liebe uͤber-
zeugt, ſo verzage ich nicht, wenn gleich die Welt um mich her
im Feuer ſtaͤnde: denn du biſt mein Gott!
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(2023-05-24T12:24:22Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
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