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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 25te März.
hat seine Abzeichen. So unmerklich kleine Abweichungen[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Gestalt und Lage der Muskeln! so sanfte Uebergänge vo[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Form zur andern! so feine charakterische Züge in Wangen, [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Kinn, Nase, Mund, sonderlich in den Augen: daß unte[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
zweimal hundert tausend Millionen Menschen, welche ohng[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
seit Adam gelebt haben, noch kein einzig Gesicht dem andern[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
lig gleich war. Noch mehr! Jeder Mensch hat eine andre S[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
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che Sorge für unsre Wohlfarth. Welche gefährliche und schänd-
liche Jrthümer würden entstehen, wenn wir einen Menschen mit
dem andern verwechselten! Viele Menschen ernähren sich von den
geschickten Bewegungen ihrer Füsse, Hände und Finger: alle
diese verlören ihren Unterhalt, oder blieben mittelmäßige Künstler,
wenn ihnen die Natur nicht zu Hülfe kam. Und endlich besorgte
Gott auch unser Vergnügen, daß uns nicht ein ewiges Einerlei
seine Geschöpfe und deren Betrachtung verekeln mögte.

Und dennoch betrachte ich sie so läßig, und suche dich, Höch-
ster! so wenig in deiner geschaffnen Natur? Künstlern gebe ich
die Ehre und nenne sie Meister in ihrer Kunst, und von dir rede
ich, wenn ich ja aufhöre stumm zu seyn, so kleinlaut? Unbegreif-
licher! ich bin nicht werth, dich näher zu kennen! Und ach! indem
ich dis Bekentniß ablege, spricht Jesus: ich sey werth, Gott von
Angesicht zu Angesicht zu sehen. Welche neue Unbegreiflichkeit!

Der

Der 25te Maͤrz.
hat ſeine Abzeichen. So unmerklich kleine Abweichungen[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Geſtalt und Lage der Muskeln! ſo ſanfte Uebergaͤnge vo[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Form zur andern! ſo feine charakteriſche Zuͤge in Wangen, [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Kinn, Naſe, Mund, ſonderlich in den Augen: daß unte[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
zweimal hundert tauſend Millionen Menſchen, welche ohng[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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che Sorge fuͤr unſre Wohlfarth. Welche gefaͤhrliche und ſchaͤnd-
liche Jrthuͤmer wuͤrden entſtehen, wenn wir einen Menſchen mit
dem andern verwechſelten! Viele Menſchen ernaͤhren ſich von den
geſchickten Bewegungen ihrer Fuͤſſe, Haͤnde und Finger: alle
dieſe verloͤren ihren Unterhalt, oder blieben mittelmaͤßige Kuͤnſtler,
wenn ihnen die Natur nicht zu Huͤlfe kam. Und endlich beſorgte
Gott auch unſer Vergnuͤgen, daß uns nicht ein ewiges Einerlei
ſeine Geſchoͤpfe und deren Betrachtung verekeln moͤgte.

Und dennoch betrachte ich ſie ſo laͤßig, und ſuche dich, Hoͤch-
ſter! ſo wenig in deiner geſchaffnen Natur? Kuͤnſtlern gebe ich
die Ehre und nenne ſie Meiſter in ihrer Kunſt, und von dir rede
ich, wenn ich ja aufhoͤre ſtumm zu ſeyn, ſo kleinlaut? Unbegreif-
licher! ich bin nicht werth, dich naͤher zu kennen! Und ach! indem
ich dis Bekentniß ablege, ſpricht Jeſus: ich ſey werth, Gott von
Angeſicht zu Angeſicht zu ſehen. Welche neue Unbegreiflichkeit!

Der
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[176[206]/0213] Der 25te Maͤrz. hat ſeine Abzeichen. So unmerklich kleine Abweichungen_ Geſtalt und Lage der Muskeln! ſo ſanfte Uebergaͤnge vo_ Form zur andern! ſo feine charakteriſche Zuͤge in Wangen, _ Kinn, Naſe, Mund, ſonderlich in den Augen: daß unte_ zweimal hundert tauſend Millionen Menſchen, welche ohng_ ſeit Adam gelebt haben, noch kein einzig Geſicht dem andern_ lig gleich war. Noch mehr! Jeder Menſch hat eine andre S_ me, und einen beſondern Gang. Selbſt die Art zu ſchlafen _ eſſen, zu lachen, zu ſchreiben, zu nieſen u. ſ. w. iſt ſo verſchie_ daß wenn wir lange genug mit einer Perſon umgehen, ſie uns_ allen dieſen Stuͤcken vor andern kentlich wird. Jſt das alles _ blindes Ohngefehr? Aber was nennet ihr blind und ein Ohn_ gefehr? — Jſt es ein Erbtheil, eine Folge der Erziehung? Ab_ ſelbſt Zwillinge ſind in allen erwehnten Stuͤcken doch noch etw_ verſchieden. Kein Tanzmeiſter ziehet zween gleiche Schuͤler. Es war nicht blos der Reichthum ſeiner Schoͤpferskraf_ welchen Gott uns durch dieſe Verſchiedenheit unſrer Koͤrper un_ ſeiner Bewegungen darſtellen wolte: ſondern es war auch liebrei_ che Sorge fuͤr unſre Wohlfarth. Welche gefaͤhrliche und ſchaͤnd- liche Jrthuͤmer wuͤrden entſtehen, wenn wir einen Menſchen mit dem andern verwechſelten! Viele Menſchen ernaͤhren ſich von den geſchickten Bewegungen ihrer Fuͤſſe, Haͤnde und Finger: alle dieſe verloͤren ihren Unterhalt, oder blieben mittelmaͤßige Kuͤnſtler, wenn ihnen die Natur nicht zu Huͤlfe kam. Und endlich beſorgte Gott auch unſer Vergnuͤgen, daß uns nicht ein ewiges Einerlei ſeine Geſchoͤpfe und deren Betrachtung verekeln moͤgte. Und dennoch betrachte ich ſie ſo laͤßig, und ſuche dich, Hoͤch- ſter! ſo wenig in deiner geſchaffnen Natur? Kuͤnſtlern gebe ich die Ehre und nenne ſie Meiſter in ihrer Kunſt, und von dir rede ich, wenn ich ja aufhoͤre ſtumm zu ſeyn, ſo kleinlaut? Unbegreif- licher! ich bin nicht werth, dich naͤher zu kennen! Und ach! indem ich dis Bekentniß ablege, ſpricht Jeſus: ich ſey werth, Gott von Angeſicht zu Angeſicht zu ſehen. Welche neue Unbegreiflichkeit! Der

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 176[206]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/213>, abgerufen am 21.11.2024.