funden haben. Lassenius, Graf Henkel, v. Schütz, v. Bonatzky, Schinmeyer, Gramlich, Palm und Ermisch haben durch Spruch- und Schatzkästlein, durch Erquickstunden und Blumenlesen jeden Tag des Jahrs mit Andachten besetzt. Joh. Arndt, der denkende und folglich für seine Zeit erbauliche Casp. Neumann, -- jedoch ich will kein Register der Gebetbücher verfertigen, sondern einige Gedanken über ihren Werth und Unwerth beibringen.
Man theile überhaupt die Menschen in solche, welche selbst göttliche Warheiten denken, und folglich beten kön- nen: und in Einfältige, welchen alle Unterhaltung mit Gott vorgeschrieben seyn muß. Für beide Theile können erbauliche Bücher sehr nützlich seyn. Gehe ich zu weit, wenn ich sage: man hat für erstere zu wenig gesorgt? Der ungeübtere Christ hat die Auswahl unter Gebetbüchern: aber der nachdenkende Theil, dem nicht jede Vorstellung der Religionswahrheiten gleich gut ist, sondern der seine eigne Betrachtungen anstellt, so bald er dazu ermuntert wird: diesen hat man zu sehr aus der Acht gelassen. Man machte die Eintheilung unter Gelehrte und Ungelehrte, und da bedurfte es freilich nichts weiter, als gewöhnlicher Ge- betbücher. Die ersten konten sich helfen: die letzten muß- ten vorlieb nehmen. Aber zu welcher Gattung wollt ihr denn nun so viele würdige Menschen rechnen, die zwar weder Latein verstehen, noch ihre Gedanken schulmäßig zusammen- ketten können, die aber mehr Kentniß von Gott, der Welt und dem Menschen haben, als viele zunftmäßige Gelehrte? Eure Systeme lesen sie freilich nicht: aber euren Cubach noch weniger. Und dennoch hat man in dieser Gattung die verständigsten und besten Christen zu hoffen. Es ist
daher
Vorrede.
funden haben. Laſſenius, Graf Henkel, v. Schuͤtz, v. Bonatzky, Schinmeyer, Gramlich, Palm und Ermiſch haben durch Spruch- und Schatzkaͤſtlein, durch Erquickſtunden und Blumenleſen jeden Tag des Jahrs mit Andachten beſetzt. Joh. Arndt, der denkende und folglich fuͤr ſeine Zeit erbauliche Caſp. Neumann, — jedoch ich will kein Regiſter der Gebetbuͤcher verfertigen, ſondern einige Gedanken uͤber ihren Werth und Unwerth beibringen.
Man theile uͤberhaupt die Menſchen in ſolche, welche ſelbſt goͤttliche Warheiten denken, und folglich beten koͤn- nen: und in Einfaͤltige, welchen alle Unterhaltung mit Gott vorgeſchrieben ſeyn muß. Fuͤr beide Theile koͤnnen erbauliche Buͤcher ſehr nuͤtzlich ſeyn. Gehe ich zu weit, wenn ich ſage: man hat fuͤr erſtere zu wenig geſorgt? Der ungeuͤbtere Chriſt hat die Auswahl unter Gebetbuͤchern: aber der nachdenkende Theil, dem nicht jede Vorſtellung der Religionswahrheiten gleich gut iſt, ſondern der ſeine eigne Betrachtungen anſtellt, ſo bald er dazu ermuntert wird: dieſen hat man zu ſehr aus der Acht gelaſſen. Man machte die Eintheilung unter Gelehrte und Ungelehrte, und da bedurfte es freilich nichts weiter, als gewoͤhnlicher Ge- betbuͤcher. Die erſten konten ſich helfen: die letzten muß- ten vorlieb nehmen. Aber zu welcher Gattung wollt ihr denn nun ſo viele wuͤrdige Menſchen rechnen, die zwar weder Latein verſtehen, noch ihre Gedanken ſchulmaͤßig zuſammen- ketten koͤnnen, die aber mehr Kentniß von Gott, der Welt und dem Menſchen haben, als viele zunftmaͤßige Gelehrte? Eure Syſteme leſen ſie freilich nicht: aber euren Cubach noch weniger. Und dennoch hat man in dieſer Gattung die verſtaͤndigſten und beſten Chriſten zu hoffen. Es iſt
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Vorrede.
funden haben. Laſſenius, Graf Henkel, v. Schuͤtz,
v. Bonatzky, Schinmeyer, Gramlich, Palm und
Ermiſch haben durch Spruch- und Schatzkaͤſtlein, durch
Erquickſtunden und Blumenleſen jeden Tag des Jahrs mit
Andachten beſetzt. Joh. Arndt, der denkende und
folglich fuͤr ſeine Zeit erbauliche Caſp. Neumann, —
jedoch ich will kein Regiſter der Gebetbuͤcher verfertigen,
ſondern einige Gedanken uͤber ihren Werth und Unwerth
beibringen.
Man theile uͤberhaupt die Menſchen in ſolche, welche
ſelbſt goͤttliche Warheiten denken, und folglich beten koͤn-
nen: und in Einfaͤltige, welchen alle Unterhaltung mit
Gott vorgeſchrieben ſeyn muß. Fuͤr beide Theile koͤnnen
erbauliche Buͤcher ſehr nuͤtzlich ſeyn. Gehe ich zu weit,
wenn ich ſage: man hat fuͤr erſtere zu wenig geſorgt? Der
ungeuͤbtere Chriſt hat die Auswahl unter Gebetbuͤchern:
aber der nachdenkende Theil, dem nicht jede Vorſtellung
der Religionswahrheiten gleich gut iſt, ſondern der ſeine
eigne Betrachtungen anſtellt, ſo bald er dazu ermuntert
wird: dieſen hat man zu ſehr aus der Acht gelaſſen. Man
machte die Eintheilung unter Gelehrte und Ungelehrte, und
da bedurfte es freilich nichts weiter, als gewoͤhnlicher Ge-
betbuͤcher. Die erſten konten ſich helfen: die letzten muß-
ten vorlieb nehmen. Aber zu welcher Gattung wollt ihr
denn nun ſo viele wuͤrdige Menſchen rechnen, die zwar weder
Latein verſtehen, noch ihre Gedanken ſchulmaͤßig zuſammen-
ketten koͤnnen, die aber mehr Kentniß von Gott, der Welt
und dem Menſchen haben, als viele zunftmaͤßige Gelehrte?
Eure Syſteme leſen ſie freilich nicht: aber euren Cubach
noch weniger. Und dennoch hat man in dieſer Gattung
die verſtaͤndigſten und beſten Chriſten zu hoffen. Es iſt
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/25>, abgerufen am 16.07.2024.
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