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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 18te April.
reichert. Und wie demütigend ist es für denkende Wese[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
beschwerlichsten Märsche anzutreten, ohne zu wissen wohin[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
herznagend, Unrecht und Fehler der Feldherrn auszuführ[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
mit Blut zu bezahlen! Jch will tödten, oder getödtet we[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
welch ein Gedanke! und er ist noch erträglicher, als: ich[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
meine Ehre, meine Freunde, meine gesunde Gliedmassen v[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
ren, und das alles vieleicht ohne den geringsten Ersatz!

Deine Strafgerichte, gerechter Gott! sind in jedem Kr[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
zu sichtbar. Die Feldmusik, die bunde Tracht der Regimen[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
die Siegesfeste und aller andre Prunk der Armeen verbirget
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Verwundete oder Magazine in den Tempeln des Herrn gewah[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
wird? -- Und dennoch verharschen bei vielen die Wunden des
Krieges so bald? Ein Mensch, der Krieg wünschet, verräth
Einfalt oder Eigennutz, ein leichtsinniges oder böses Herz

Langmüthiger Gott! laß doch unter uns der Sünden weniger
werden, auf daß wir Friede haben! Laß Gnade für Recht ergehen!
Lenk das Herz der Grossen und ihrer Räthe zum Frieden! Zeig
ihnen öfters im Traume, wenn sie wachend nicht hören wollen,
das blutige Gewand ihrer Schlachtopfer, oder den Brand ihrer
eignen Paläste! Laß sie ihre Kinder oder nächsten Freunde auf
der Wahlstatt röcheln und verzweifeln hören! Vater! du mußt
dich erbarmen, denn wir haben keine andre Hülfe! Wenn wir
beten, so lässest du die Zuchtruthe fallen. Jch will an meinem
theil jetzt brünstig beten: (im Kriege beten es auch wol Gottlose)

Ach! bewahre mich vor Schrecken,
Schütze mich vor Ueberfall,
Laß mich Krankheit nicht aufwecken.
Treibe weg des Krieges Schall!
Der

Der 18te April.
reichert. Und wie demuͤtigend iſt es fuͤr denkende Weſe[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
beſchwerlichſten Maͤrſche anzutreten, ohne zu wiſſen wohin[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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mit Blut zu bezahlen! Jch will toͤdten, oder getoͤdtet we[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
welch ein Gedanke! und er iſt noch ertraͤglicher, als: ich[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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ren, und das alles vieleicht ohne den geringſten Erſatz!

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die Siegesfeſte und aller andre Prunk der Armeen verbirget
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wird? — Und dennoch verharſchen bei vielen die Wunden des
Krieges ſo bald? Ein Menſch, der Krieg wuͤnſchet, verraͤth
Einfalt oder Eigennutz, ein leichtſinniges oder boͤſes Herz

Langmuͤthiger Gott! laß doch unter uns der Suͤnden weniger
werden, auf daß wir Friede haben! Laß Gnade fuͤr Recht ergehen!
Lenk das Herz der Groſſen und ihrer Raͤthe zum Frieden! Zeig
ihnen oͤfters im Traume, wenn ſie wachend nicht hoͤren wollen,
das blutige Gewand ihrer Schlachtopfer, oder den Brand ihrer
eignen Palaͤſte! Laß ſie ihre Kinder oder naͤchſten Freunde auf
der Wahlſtatt roͤcheln und verzweifeln hoͤren! Vater! du mußt
dich erbarmen, denn wir haben keine andre Huͤlfe! Wenn wir
beten, ſo laͤſſeſt du die Zuchtruthe fallen. Jch will an meinem
theil jetzt bruͤnſtig beten: (im Kriege beten es auch wol Gottloſe)

Ach! bewahre mich vor Schrecken,
Schuͤtze mich vor Ueberfall,
Laß mich Krankheit nicht aufwecken.
Treibe weg des Krieges Schall!
Der
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[226[256]/0263] Der 18te April. reichert. Und wie demuͤtigend iſt es fuͤr denkende Weſe_ beſchwerlichſten Maͤrſche anzutreten, ohne zu wiſſen wohin_ herznagend, Unrecht und Fehler der Feldherrn auszufuͤhr_ mit Blut zu bezahlen! Jch will toͤdten, oder getoͤdtet we_ welch ein Gedanke! und er iſt noch ertraͤglicher, als: ich_ meine Ehre, meine Freunde, meine geſunde Gliedmaſſen v_ ren, und das alles vieleicht ohne den geringſten Erſatz! Deine Strafgerichte, gerechter Gott! ſind in jedem Kr_ zu ſichtbar. Die Feldmuſik, die bunde Tracht der Regimen_ die Siegesfeſte und aller andre Prunk der Armeen verbirget nicht. Kan ein Menſchenfreund ſcherzen, wenn ſeine Bruͤd_ ſich in Thraͤnen baden, oder im Blute kruͤmmen? wenn er Pferd_ Verwundete oder Magazine in den Tempeln des Herrn gewah_ wird? — Und dennoch verharſchen bei vielen die Wunden des Krieges ſo bald? Ein Menſch, der Krieg wuͤnſchet, verraͤth Einfalt oder Eigennutz, ein leichtſinniges oder boͤſes Herz Langmuͤthiger Gott! laß doch unter uns der Suͤnden weniger werden, auf daß wir Friede haben! Laß Gnade fuͤr Recht ergehen! Lenk das Herz der Groſſen und ihrer Raͤthe zum Frieden! Zeig ihnen oͤfters im Traume, wenn ſie wachend nicht hoͤren wollen, das blutige Gewand ihrer Schlachtopfer, oder den Brand ihrer eignen Palaͤſte! Laß ſie ihre Kinder oder naͤchſten Freunde auf der Wahlſtatt roͤcheln und verzweifeln hoͤren! Vater! du mußt dich erbarmen, denn wir haben keine andre Huͤlfe! Wenn wir beten, ſo laͤſſeſt du die Zuchtruthe fallen. Jch will an meinem theil jetzt bruͤnſtig beten: (im Kriege beten es auch wol Gottloſe) Ach! bewahre mich vor Schrecken, Schuͤtze mich vor Ueberfall, Laß mich Krankheit nicht aufwecken. Treibe weg des Krieges Schall! Der

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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 226[256]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/263>, abgerufen am 21.11.2024.