Die Menschen um mich her schweigen nun allgemach[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] desto lauter ertönet der Gesang der himmlischen Heere. Und jetzt alle Menschen schnarchten oder lästerten: so würde de[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] der kleinste Stern, als ein Herold, durch die ganze Schö[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] mit vernehmlicher Stimme rufen; der Herr ist Gott und k[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] mehr! und alle Geschöpfe sind Staub unter seinem Fußtrit[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Ewiger! Unermeßlicher! Allgenugsamer! das bist du, [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] was ist dagegen der Mensch, dessen Tage kaum einer Hand b[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] sind vor dir! der nichts ist, so bald du deine Hand von ihm [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] ziehst! Doch nein! ich bin mehr als alle Sonnen, und höher a[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] alle meine Begriffe. Wann einst Sterne verlöschen, tausend[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] jährige Felsen zerstäuben; wann Palläste, Kronen und Marmor im allgemeinen Brande glimmen: alsdann bin ich noch vorhan- den, und stehe am Throne des Allerhöchsten. Vollkommenster Gott! du kanst nicht grösser oder kleiner werden: aber der Mensch ist nur groß, in so fern er dich erkennen kan. Mag er das nicht, so ist er, trotz aller eingebildeten Grösse, ein Zwerg, ein Son- nenstäubgen, das von dir nur gewogen werden kan. Der arme Thor! er brüstet sich, wenn er viel verzehren, und Seide statt Wolle tragen mag! Er dünkt sich groß, wenn Menschen vor sei- nem Blick erzittern, und hat diese Ehre mit Löwen und Bären gemein. Gerne versuchte er es, die Sonne zu regieren, den Mond zu drehen, die Himmelsluft zu beschiffen, und den innern Mittel- punkt der Erde zu pachten, oder zu verpachten: aber er ist auf seinen Erdklos angewiesen, bis ihn im Tode der Allmächtige hin- wegwinkt.
Herr! (Menschen verdienen diesen Namen nicht!) Gott! Quelle des Lebens und jeder Vollkommenheit! ich bete dich hier im Staube an. Wunderbare Veränderung: erhebe ich Men- schen, so werde ich klein; erhebe ich dich, so schwillet mein Herz: und ich werde durch meine Erniedrigung vor dir so groß, daß ich nichts nach Himmel und Erde frage! Welch ein Gedanke: ich bin ein Hauch, und soll ewig vor dir leben!
Der
Der 26te April.
Die Menſchen um mich her ſchweigen nun allgemach[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] deſto lauter ertoͤnet der Geſang der himmliſchen Heere. Und jetzt alle Menſchen ſchnarchten oder laͤſterten: ſo wuͤrde de[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] der kleinſte Stern, als ein Herold, durch die ganze Schoͤ[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] mit vernehmlicher Stimme rufen; der Herr iſt Gott und k[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] mehr! und alle Geſchoͤpfe ſind Staub unter ſeinem Fußtrit[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Ewiger! Unermeßlicher! Allgenugſamer! das biſt du, [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] was iſt dagegen der Menſch, deſſen Tage kaum einer Hand b[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] ſind vor dir! der nichts iſt, ſo bald du deine Hand von ihm [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] ziehſt! Doch nein! ich bin mehr als alle Sonnen, und hoͤher a[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] alle meine Begriffe. Wann einſt Sterne verloͤſchen, tauſend[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] jaͤhrige Felſen zerſtaͤuben; wann Pallaͤſte, Kronen und Marmor im allgemeinen Brande glimmen: alsdann bin ich noch vorhan- den, und ſtehe am Throne des Allerhoͤchſten. Vollkommenſter Gott! du kanſt nicht groͤſſer oder kleiner werden: aber der Menſch iſt nur groß, in ſo fern er dich erkennen kan. Mag er das nicht, ſo iſt er, trotz aller eingebildeten Groͤſſe, ein Zwerg, ein Son- nenſtaͤubgen, das von dir nur gewogen werden kan. Der arme Thor! er bruͤſtet ſich, wenn er viel verzehren, und Seide ſtatt Wolle tragen mag! Er duͤnkt ſich groß, wenn Menſchen vor ſei- nem Blick erzittern, und hat dieſe Ehre mit Loͤwen und Baͤren gemein. Gerne verſuchte er es, die Sonne zu regieren, den Mond zu drehen, die Himmelsluft zu beſchiffen, und den innern Mittel- punkt der Erde zu pachten, oder zu verpachten: aber er iſt auf ſeinen Erdklos angewieſen, bis ihn im Tode der Allmaͤchtige hin- wegwinkt.
Herr! (Menſchen verdienen dieſen Namen nicht!) Gott! Quelle des Lebens und jeder Vollkommenheit! ich bete dich hier im Staube an. Wunderbare Veraͤnderung: erhebe ich Men- ſchen, ſo werde ich klein; erhebe ich dich, ſo ſchwillet mein Herz: und ich werde durch meine Erniedrigung vor dir ſo groß, daß ich nichts nach Himmel und Erde frage! Welch ein Gedanke: ich bin ein Hauch, und ſoll ewig vor dir leben!
Der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0279"n="242[272]"/><fwplace="top"type="header">Der 26<hirendition="#sup">te</hi> April.</fw><lb/><p>Die Menſchen um mich her ſchweigen nun allgemach<gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/><lb/>
deſto lauter ertoͤnet der Geſang der himmliſchen Heere. Und<lb/>
jetzt alle Menſchen ſchnarchten oder laͤſterten: ſo wuͤrde de<gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/><lb/>
der kleinſte Stern, als ein Herold, durch die ganze Schoͤ<gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/><lb/>
mit vernehmlicher Stimme rufen; der Herr iſt Gott und k<gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/><lb/>
mehr! und alle Geſchoͤpfe ſind Staub unter ſeinem Fußtrit<gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/></p><lb/><p>Ewiger! Unermeßlicher! Allgenugſamer! das biſt du, <gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/><lb/>
was iſt dagegen der Menſch, deſſen Tage kaum einer Hand b<gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/><lb/>ſind vor dir! der nichts iſt, ſo bald du deine Hand von ihm <gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/><lb/>
ziehſt! Doch nein! ich bin mehr als alle Sonnen, und hoͤher a<gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/><lb/>
alle meine Begriffe. Wann einſt Sterne verloͤſchen, tauſend<gapreason="illegible"unit="chars"quantity="1"/><lb/>
jaͤhrige Felſen zerſtaͤuben; wann Pallaͤſte, Kronen und Marmor<lb/>
im allgemeinen Brande glimmen: alsdann bin ich noch vorhan-<lb/>
den, und ſtehe am Throne des Allerhoͤchſten. Vollkommenſter<lb/>
Gott! du kanſt nicht groͤſſer oder kleiner werden: aber der Menſch<lb/>
iſt nur groß, in ſo fern er dich erkennen kan. Mag er das nicht,<lb/>ſo iſt er, trotz aller eingebildeten Groͤſſe, ein Zwerg, ein Son-<lb/>
nenſtaͤubgen, das von dir nur gewogen werden kan. Der arme<lb/>
Thor! er bruͤſtet ſich, wenn er viel verzehren, und Seide ſtatt<lb/>
Wolle tragen mag! Er duͤnkt ſich groß, wenn Menſchen vor ſei-<lb/>
nem Blick erzittern, und hat dieſe Ehre mit Loͤwen und Baͤren<lb/>
gemein. Gerne verſuchte er es, die Sonne zu regieren, den Mond<lb/>
zu drehen, die Himmelsluft zu beſchiffen, und den innern Mittel-<lb/>
punkt der Erde zu pachten, oder zu verpachten: aber er iſt auf<lb/>ſeinen Erdklos angewieſen, bis ihn im Tode der Allmaͤchtige hin-<lb/>
wegwinkt.</p><lb/><p>Herr! (Menſchen verdienen dieſen Namen nicht!) Gott!<lb/>
Quelle des Lebens und jeder Vollkommenheit! ich bete dich hier<lb/>
im Staube an. Wunderbare Veraͤnderung: erhebe ich Men-<lb/>ſchen, ſo werde ich klein; erhebe ich dich, ſo ſchwillet mein Herz:<lb/>
und ich werde durch meine Erniedrigung vor dir ſo groß, daß ich<lb/>
nichts nach Himmel und Erde frage! Welch ein Gedanke: ich<lb/>
bin ein Hauch, und ſoll ewig vor dir leben!</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[242[272]/0279]
Der 26te April.
Die Menſchen um mich her ſchweigen nun allgemach_
deſto lauter ertoͤnet der Geſang der himmliſchen Heere. Und
jetzt alle Menſchen ſchnarchten oder laͤſterten: ſo wuͤrde de_
der kleinſte Stern, als ein Herold, durch die ganze Schoͤ_
mit vernehmlicher Stimme rufen; der Herr iſt Gott und k_
mehr! und alle Geſchoͤpfe ſind Staub unter ſeinem Fußtrit_
Ewiger! Unermeßlicher! Allgenugſamer! das biſt du, _
was iſt dagegen der Menſch, deſſen Tage kaum einer Hand b_
ſind vor dir! der nichts iſt, ſo bald du deine Hand von ihm _
ziehſt! Doch nein! ich bin mehr als alle Sonnen, und hoͤher a_
alle meine Begriffe. Wann einſt Sterne verloͤſchen, tauſend_
jaͤhrige Felſen zerſtaͤuben; wann Pallaͤſte, Kronen und Marmor
im allgemeinen Brande glimmen: alsdann bin ich noch vorhan-
den, und ſtehe am Throne des Allerhoͤchſten. Vollkommenſter
Gott! du kanſt nicht groͤſſer oder kleiner werden: aber der Menſch
iſt nur groß, in ſo fern er dich erkennen kan. Mag er das nicht,
ſo iſt er, trotz aller eingebildeten Groͤſſe, ein Zwerg, ein Son-
nenſtaͤubgen, das von dir nur gewogen werden kan. Der arme
Thor! er bruͤſtet ſich, wenn er viel verzehren, und Seide ſtatt
Wolle tragen mag! Er duͤnkt ſich groß, wenn Menſchen vor ſei-
nem Blick erzittern, und hat dieſe Ehre mit Loͤwen und Baͤren
gemein. Gerne verſuchte er es, die Sonne zu regieren, den Mond
zu drehen, die Himmelsluft zu beſchiffen, und den innern Mittel-
punkt der Erde zu pachten, oder zu verpachten: aber er iſt auf
ſeinen Erdklos angewieſen, bis ihn im Tode der Allmaͤchtige hin-
wegwinkt.
Herr! (Menſchen verdienen dieſen Namen nicht!) Gott!
Quelle des Lebens und jeder Vollkommenheit! ich bete dich hier
im Staube an. Wunderbare Veraͤnderung: erhebe ich Men-
ſchen, ſo werde ich klein; erhebe ich dich, ſo ſchwillet mein Herz:
und ich werde durch meine Erniedrigung vor dir ſo groß, daß ich
nichts nach Himmel und Erde frage! Welch ein Gedanke: ich
bin ein Hauch, und ſoll ewig vor dir leben!
Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 242[272]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/279>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.