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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 30te April.
immer schon ernten! Was wird mir dafür? spricht es be[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
tugendhaften Handlung. Es trauet Gott so wenig zu, [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
auf der Stelle für die geringste Mühwaltung bezahler seyn[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Thörigte Rechnung: was hab ich diesen Monat genossen u[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
worben? Frag lieber: wieviel hab ich in diesem Monat, voll [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
trauen auf ewige Ernte ausgesäet? Jch solte mein Brod über
Wasser fahren, und meine Tugenden über das Grab: die Er[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
davon würde etwas später, aber auch desto reichlicher seyn.

Du, vor dem tausend Jahre wie eine Nachtwache sin[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Herr! ich bin nun um einen starken Schritt deinem Richterstu[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
näher gekommen! Unglücklich, wofern ich dort mit leeren Hände[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
erscheine, und keine Garben aufweisen kan! Aber lassen sich auch
von Thorheit und Eitelkeit Garben im Himmel sammlen? Mein
Herz war so wetterwendisch als die Witterung dieses Monats.
Kan ich wol in diesen dahin geflohnen dreißig Tagen auch nur
zehn Handlungen ausfindig machen, über welche ich in der Ewig-
keit Gott loben könte? O! wie murmelt mein erwachendes Ge-
wissen mir hundert schlechte Gedanken und Handlungen dieses
Monats vor! Zurück, ihr Mißgeburten! ich will beten, damit
Jesus euch vertilge, und ich euch nimmermehr wieder zu sehen
bekomme! Rott aus das Unkraut, o! Jesu, und steh mir gnä-
dig bei, daß ich im kommenden Monat, und solte es unter Thrä-
nen geschehen, eine edlere Aussaat thun möge! Jeder Tag des
angenehmen Mai müsse mir noch angenehmer in der Ewigkeit
werden! Aber nur von wahren Tugenden kan man dort mit Freu-
den ernten.



Der

Der 30te April.
immer ſchon ernten! Was wird mir dafuͤr? ſpricht es be[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
tugendhaften Handlung. Es trauet Gott ſo wenig zu, [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
auf der Stelle fuͤr die geringſte Muͤhwaltung bezahler ſeyn[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Thoͤrigte Rechnung: was hab ich dieſen Monat genoſſen u[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
worben? Frag lieber: wieviel hab ich in dieſem Monat, voll [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
trauen auf ewige Ernte ausgeſaͤet? Jch ſolte mein Brod uͤber
Waſſer fahren, und meine Tugenden uͤber das Grab: die Er[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
davon wuͤrde etwas ſpaͤter, aber auch deſto reichlicher ſeyn.

Du, vor dem tauſend Jahre wie eine Nachtwache ſin[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Herr! ich bin nun um einen ſtarken Schritt deinem Richterſtu[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
naͤher gekommen! Ungluͤcklich, wofern ich dort mit leeren Haͤnde[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
erſcheine, und keine Garben aufweiſen kan! Aber laſſen ſich auch
von Thorheit und Eitelkeit Garben im Himmel ſammlen? Mein
Herz war ſo wetterwendiſch als die Witterung dieſes Monats.
Kan ich wol in dieſen dahin geflohnen dreißig Tagen auch nur
zehn Handlungen ausfindig machen, uͤber welche ich in der Ewig-
keit Gott loben koͤnte? O! wie murmelt mein erwachendes Ge-
wiſſen mir hundert ſchlechte Gedanken und Handlungen dieſes
Monats vor! Zuruͤck, ihr Mißgeburten! ich will beten, damit
Jeſus euch vertilge, und ich euch nimmermehr wieder zu ſehen
bekomme! Rott aus das Unkraut, o! Jeſu, und ſteh mir gnaͤ-
dig bei, daß ich im kommenden Monat, und ſolte es unter Thraͤ-
nen geſchehen, eine edlere Ausſaat thun moͤge! Jeder Tag des
angenehmen Mai muͤſſe mir noch angenehmer in der Ewigkeit
werden! Aber nur von wahren Tugenden kan man dort mit Freu-
den ernten.



Der
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[250[280]/0287] Der 30te April. immer ſchon ernten! Was wird mir dafuͤr? ſpricht es be_ tugendhaften Handlung. Es trauet Gott ſo wenig zu, _ auf der Stelle fuͤr die geringſte Muͤhwaltung bezahler ſeyn_ Thoͤrigte Rechnung: was hab ich dieſen Monat genoſſen u_ worben? Frag lieber: wieviel hab ich in dieſem Monat, voll _ trauen auf ewige Ernte ausgeſaͤet? Jch ſolte mein Brod uͤber Waſſer fahren, und meine Tugenden uͤber das Grab: die Er_ davon wuͤrde etwas ſpaͤter, aber auch deſto reichlicher ſeyn. Du, vor dem tauſend Jahre wie eine Nachtwache ſin_ Herr! ich bin nun um einen ſtarken Schritt deinem Richterſtu_ naͤher gekommen! Ungluͤcklich, wofern ich dort mit leeren Haͤnde_ erſcheine, und keine Garben aufweiſen kan! Aber laſſen ſich auch von Thorheit und Eitelkeit Garben im Himmel ſammlen? Mein Herz war ſo wetterwendiſch als die Witterung dieſes Monats. Kan ich wol in dieſen dahin geflohnen dreißig Tagen auch nur zehn Handlungen ausfindig machen, uͤber welche ich in der Ewig- keit Gott loben koͤnte? O! wie murmelt mein erwachendes Ge- wiſſen mir hundert ſchlechte Gedanken und Handlungen dieſes Monats vor! Zuruͤck, ihr Mißgeburten! ich will beten, damit Jeſus euch vertilge, und ich euch nimmermehr wieder zu ſehen bekomme! Rott aus das Unkraut, o! Jeſu, und ſteh mir gnaͤ- dig bei, daß ich im kommenden Monat, und ſolte es unter Thraͤ- nen geſchehen, eine edlere Ausſaat thun moͤge! Jeder Tag des angenehmen Mai muͤſſe mir noch angenehmer in der Ewigkeit werden! Aber nur von wahren Tugenden kan man dort mit Freu- den ernten. Der

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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 250[280]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/287>, abgerufen am 24.11.2024.