Wohlthat, die wohl von wenigen geschätzet wird, und die allerdings meinen Dank erfodert. Wie, wenn nur Einer un[ - 3 Zeichen fehlen] Sinne recht geschmeicheit werden müßte, wofern wir ruhig sch[ - 2 Zeichen fehlen] fen wolten! dann würden viele so lange an dieser nothdürftig[ - 2 Zeichen fehlen] Kost des Gehörs, Geruchs etc. künsteln, bis ihnen vollend ke[ - 2 Zeichen fehlen] Almosen für die Armen übrig blieben. Reiche Müßiggäng[ - 2 Zeichen fehlen] würden schlafen, und müde Arbeiter müßten wachen.
Ich danke dir, Allgütiger! daß du dich, auch bei Einric[ - 1 Zeichen fehlt] tung meines Schlafes, so liebreich bewiesen hast. Die Nach[ - 1 Zeichen fehlt] löset meine Verbindungen mit allen Kreaturen auf, ich falle di[ - 1 Zeichen fehlt] mein Schöpfer! allein anheim, und bedarf weiter nichts als de[i] ner Obhut. Du bewahrest die Kanäle meines strömenden Bluts für Stockung; und, leidet ein innerer oder äusserer Theil meines Körpers, so muß ich mich, ohne mein Wissen, im Schlafe der gestalt bewegen, damit diesen leidenden Theilen Hülfe wiederfahre. Was ich öfters mit Geld und Arzeneien nicht erzwingen kan, das schenkt mir ein wohlthätiger Schlaf, indem er mir neue Kräfte zuhaucht, und mein schwer schleichendes Blut weit schneller um- hertreibt. Wie mancher wird jetzt blos durch den Schlaf er- wärmt, weil er zu arm ist, sich des Frosts am Tage zu erwehren! Der Schlaf, den Ermüdete nicht für Gold vertauschen würden, ist auch darin ein Bruder des Todes, daß er nicht erkauft werden darf. So Schlafende als Sterbende können der Welt und ihrer Gnade entbehren: nur nicht der deinigen, Herr der Schlafenden und Todten! Aber auch die giebst du umsonst, und bist jedem gnädig, der nur nach deiner Gnade schmachtet. Und solte ich mich nach ihr nicht sehnen, noch ehe ich mich jetzt zur Ruhe be- gebe? Denn ach! wie leicht könte ich nicht im Tode entschlafen: und wie unglücklich wäre ich alsdann ohne Gnade Gottes! Er- wirb sie mir, Herr Jesu! durch dein Leiden; nenne mich den Dei- nen, mehr bedarf ich zu einem sichern Schlafe nicht. Denn was fehlet mir noch, wenn ich der Deine bin: und das will ich seyn, ich mag wachen oder schlafen.
Der
Der 14te Januar.
Wohlthat, die wohl von wenigen geſchaͤtzet wird, und die allerdings meinen Dank erfodert. Wie, wenn nur Einer un[ – 3 Zeichen fehlen] Sinne recht geſchmeicheit werden muͤßte, wofern wir ruhig ſch[ – 2 Zeichen fehlen] fen wolten! dann wuͤrden viele ſo lange an dieſer nothduͤrftig[ – 2 Zeichen fehlen] Koſt des Gehoͤrs, Geruchs ꝛc. kuͤnſteln, bis ihnen vollend ke[ – 2 Zeichen fehlen] Almoſen fuͤr die Armen uͤbrig blieben. Reiche Muͤßiggaͤng[ – 2 Zeichen fehlen] wuͤrden ſchlafen, und muͤde Arbeiter muͤßten wachen.
Ich danke dir, Allguͤtiger! daß du dich, auch bei Einric[ – 1 Zeichen fehlt] tung meines Schlafes, ſo liebreich bewieſen haſt. Die Nach[ – 1 Zeichen fehlt] loͤſet meine Verbindungen mit allen Kreaturen auf, ich falle di[ – 1 Zeichen fehlt] mein Schoͤpfer! allein anheim, und bedarf weiter nichts als de[i] ner Obhut. Du bewahreſt die Kanaͤle meines ſtroͤmenden Blutſ fuͤr Stockung; und, leidet ein innerer oder aͤuſſerer Theil meines Koͤrpers, ſo muß ich mich, ohne mein Wiſſen, im Schlafe der geſtalt bewegen, damit dieſen leidenden Theilen Huͤlfe wiederfahre. Was ich oͤfters mit Geld und Arzeneien nicht erzwingen kan, das ſchenkt mir ein wohlthaͤtiger Schlaf, indem er mir neue Kraͤfte zuhaucht, und mein ſchwer ſchleichendes Blut weit ſchneller um- hertreibt. Wie mancher wird jetzt blos durch den Schlaf er- waͤrmt, weil er zu arm iſt, ſich des Froſts am Tage zu erwehren! Der Schlaf, den Ermuͤdete nicht fuͤr Gold vertauſchen wuͤrden, iſt auch darin ein Bruder des Todes, daß er nicht erkauft werden darf. So Schlafende als Sterbende koͤnnen der Welt und ihrer Gnade entbehren: nur nicht der deinigen, Herr der Schlafenden und Todten! Aber auch die giebſt du umſonſt, und biſt jedem gnaͤdig, der nur nach deiner Gnade ſchmachtet. Und ſolte ich mich nach ihr nicht ſehnen, noch ehe ich mich jetzt zur Ruhe be- gebe? Denn ach! wie leicht koͤnte ich nicht im Tode entſchlafen: und wie ungluͤcklich waͤre ich alsdann ohne Gnade Gottes! Er- wirb ſie mir, Herr Jeſu! durch dein Leiden; nenne mich den Dei- nen, mehr bedarf ich zu einem ſichern Schlafe nicht. Denn was fehlet mir noch, wenn ich der Deine bin: und das will ich ſeyn, ich mag wachen oder ſchlafen.
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[30[60]/0067]
Der 14te Januar.
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Koͤrpers, ſo muß ich mich, ohne mein Wiſſen, im Schlafe der
geſtalt bewegen, damit dieſen leidenden Theilen Huͤlfe wiederfahre.
Was ich oͤfters mit Geld und Arzeneien nicht erzwingen kan, das
ſchenkt mir ein wohlthaͤtiger Schlaf, indem er mir neue Kraͤfte
zuhaucht, und mein ſchwer ſchleichendes Blut weit ſchneller um-
hertreibt. Wie mancher wird jetzt blos durch den Schlaf er-
waͤrmt, weil er zu arm iſt, ſich des Froſts am Tage zu erwehren!
Der Schlaf, den Ermuͤdete nicht fuͤr Gold vertauſchen wuͤrden,
iſt auch darin ein Bruder des Todes, daß er nicht erkauft werden
darf. So Schlafende als Sterbende koͤnnen der Welt und ihrer
Gnade entbehren: nur nicht der deinigen, Herr der Schlafenden
und Todten! Aber auch die giebſt du umſonſt, und biſt jedem
gnaͤdig, der nur nach deiner Gnade ſchmachtet. Und ſolte ich
mich nach ihr nicht ſehnen, noch ehe ich mich jetzt zur Ruhe be-
gebe? Denn ach! wie leicht koͤnte ich nicht im Tode entſchlafen:
und wie ungluͤcklich waͤre ich alsdann ohne Gnade Gottes! Er-
wirb ſie mir, Herr Jeſu! durch dein Leiden; nenne mich den Dei-
nen, mehr bedarf ich zu einem ſichern Schlafe nicht. Denn was
fehlet mir noch, wenn ich der Deine bin: und das will ich ſeyn,
ich mag wachen oder ſchlafen.
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 30[60]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/67>, abgerufen am 17.02.2025.
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