Orestes, der vormals dem Attila, nachher den Römern gedienet hatte und jezt vom Nepote zum Feldherren ernant war, brauchte 475475 diesen nachtheiligen Vergleich mit den Gothen zum Vorwande der Empörung und rükte gegen Ravenna; daher Nepos, welcher nicht wiederstehen konte den 28 August zu Schiffe nach Salona floh, wo er von dem nunmerigen Bischofe Glycerio unterhalten wurde. Orestes lies darauf den 29 October seinen minderjährigen Sohn Romulum Augustum zum Kaiser ausrufen. Bei solcher Verwirrung wurden die Turcilinger, Scyrren, Heruler, Rügier und andern Fremden, so in römischen Solde stunden, so kün, daß sie zur Belonung ihrer Dienste das dritte Theil der Akker in Italien forderten; um selbst sich zuverschaffen, was ihnen 476verweiget ward, erwehleten sie 476 aus ihrer Mitte den Odoaeer zum Anfürer: unter diesem eroberten sie Pavia, plünderten es und legtens in die Asche, Orestes, der daselbst gefangen worden, wurde zu Placencia den 28 August hingerichtet, Augustulus aber, der zu Ravenna in die Gefangenschaft geriet, ward seiner Jugend wegen am Leben gelaßen und eingesperret: Rom öfnete die Thore und Odoacer wurde als König von Italien ausgerufen; der königliche Name ward also zu Rom nach langer Zeit wieder eingefüret. Die Aufhebung des westigen Kaiserthums ist in diesen Worten der Schrift vorher angezeiget
Orestes, der vormals dem Attila, nachher den Römern gedienet hatte und jezt vom Nepote zum Feldherren ernant war, brauchte 475475 diesen nachtheiligen Vergleich mit den Gothen zum Vorwande der Empörung und rükte gegen Ravenna; daher Nepos, welcher nicht wiederstehen konte den 28 August zu Schiffe nach Salona floh, wo er von dem nunmerigen Bischofe Glycerio unterhalten wurde. Orestes lies darauf den 29 October seinen minderjährigen Sohn Romulum Augustum zum Kaiser ausrufen. Bei solcher Verwirrung wurden die Turcilinger, Scyrren, Heruler, Rügier und andern Fremden, so in römischen Solde stunden, so kün, daß sie zur Belonung ihrer Dienste das dritte Theil der Akker in Italien forderten; um selbst sich zuverschaffen, was ihnen 476verweiget ward, erwehleten sie 476 aus ihrer Mitte den Odoaeer zum Anfürer: unter diesem eroberten sie Pavia, plünderten es und legtens in die Asche, Orestes, der daselbst gefangen worden, wurde zu Placencia den 28 August hingerichtet, Augustulus aber, der zu Ravenna in die Gefangenschaft geriet, ward seiner Jugend wegen am Leben gelaßen und eingesperret: Rom öfnete die Thore und Odoacer wurde als König von Italien ausgerufen; der königliche Name ward also zu Rom nach langer Zeit wieder eingefüret. Die Aufhebung des westigen Kaiserthums ist in diesen Worten der Schrift vorher angezeiget
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0158"n="146"/>
Orestes, der vormals dem Attila, nachher den Römern gedienet hatte und jezt vom Nepote zum Feldherren ernant war, brauchte <noteplace="left">475</note>475 diesen nachtheiligen Vergleich mit den Gothen zum Vorwande der Empörung und rükte gegen Ravenna; daher Nepos, welcher nicht wiederstehen konte den 28 August zu Schiffe nach Salona floh, wo er von dem nunmerigen Bischofe Glycerio unterhalten wurde. Orestes lies darauf den 29 October seinen minderjährigen Sohn Romulum Augustum zum Kaiser ausrufen. Bei solcher Verwirrung wurden die Turcilinger, Scyrren, Heruler, Rügier und andern Fremden, so in römischen Solde stunden, so kün, daß sie zur Belonung ihrer Dienste das dritte Theil der Akker in Italien forderten; um selbst sich zuverschaffen, was ihnen <noteplace="left">476</note>verweiget ward, erwehleten sie 476 aus ihrer Mitte den Odoaeer zum Anfürer: unter diesem eroberten sie Pavia, plünderten es und legtens in die Asche, Orestes, der daselbst gefangen worden, wurde zu Placencia den 28 August hingerichtet, Augustulus aber, der zu Ravenna in die Gefangenschaft geriet, ward seiner Jugend wegen am Leben gelaßen und eingesperret: Rom öfnete die Thore und Odoacer wurde als König von Italien ausgerufen; der königliche Name ward also zu Rom nach langer Zeit wieder eingefüret. Die Aufhebung des westigen Kaiserthums ist in diesen Worten der Schrift vorher angezeiget
</p></div></body></text></TEI>
[146/0158]
Orestes, der vormals dem Attila, nachher den Römern gedienet hatte und jezt vom Nepote zum Feldherren ernant war, brauchte 475 diesen nachtheiligen Vergleich mit den Gothen zum Vorwande der Empörung und rükte gegen Ravenna; daher Nepos, welcher nicht wiederstehen konte den 28 August zu Schiffe nach Salona floh, wo er von dem nunmerigen Bischofe Glycerio unterhalten wurde. Orestes lies darauf den 29 October seinen minderjährigen Sohn Romulum Augustum zum Kaiser ausrufen. Bei solcher Verwirrung wurden die Turcilinger, Scyrren, Heruler, Rügier und andern Fremden, so in römischen Solde stunden, so kün, daß sie zur Belonung ihrer Dienste das dritte Theil der Akker in Italien forderten; um selbst sich zuverschaffen, was ihnen verweiget ward, erwehleten sie 476 aus ihrer Mitte den Odoaeer zum Anfürer: unter diesem eroberten sie Pavia, plünderten es und legtens in die Asche, Orestes, der daselbst gefangen worden, wurde zu Placencia den 28 August hingerichtet, Augustulus aber, der zu Ravenna in die Gefangenschaft geriet, ward seiner Jugend wegen am Leben gelaßen und eingesperret: Rom öfnete die Thore und Odoacer wurde als König von Italien ausgerufen; der königliche Name ward also zu Rom nach langer Zeit wieder eingefüret. Die Aufhebung des westigen Kaiserthums ist in diesen Worten der Schrift vorher angezeiget
475
476
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
Ligaturen werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.
Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/158>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.