mit Zustimmung des Volks zum römischen Kaiser oder erhabenen Feldherren aus und salbete ihn: wobei Karl sich stellete und nachmals vorgab, als wen er das Vorhaben vorher weder gewust, noch vermuthet hätte. Es konte damals das Ansehen haben, daß der Papst und sein römisches Volk sich nunmer wenigstens dem neuen Kaiser unterwürfe, wen sie auch bisher dem ersten edeln von Rom nicht unterworfen gewesen: allein, da Karls Nachfolger nicht gleiche Fähigkeit und Macht besaßen, da des Papstes Ansehen und Anhang sehr gros worden war; so erklärte dieser das Kaiserthum für eine von ihm ertheilte Wolthat und für ein Lehn, weswegen ihm der Kaiser verpflichtet sei, den er dadurch zu seinem obersten Feldherren gemacht, also über seine andern Stathalter und Lehnsleute, die sämtliaen Könige, erhöhet habe. Wie das römische Volk und sein Papst nicht Recht gehabt hatte vom Kaiser zu Constantinopel abzufallen, also hatten sie auch kein Recht einen andern Kaiser zuernennen: doch das grichisch römische Reich war im äusersten Verfalle, das Geschlecht des Isaurischen Leons war ausgerottet und eine Mörderin ihres eigenen Sohnes herschte. Die Gewohnheit einander der Herschaft wegen zuermorden, zublenden, zuverstümmeln, daurete fort in dem Yberbleibsel des alten römischen Reiches, fand auch wol im neuen einige Nachamung: Irene hatte ihren Sohn
mit Zustimmung des Volks zum römischen Kaiser oder erhabenen Feldherren aus und salbete ihn: wobei Karl sich stellete und nachmals vorgab, als wen er das Vorhaben vorher weder gewust, noch vermuthet hätte. Es konte damals das Ansehen haben, daß der Papst und sein römisches Volk sich nunmer wenigstens dem neuen Kaiser unterwürfe, wen sie auch bisher dem ersten edeln von Rom nicht unterworfen gewesen: allein, da Karls Nachfolger nicht gleiche Fähigkeit und Macht besaßen, da des Papstes Ansehen und Anhang sehr gros worden war; so erklärte dieser das Kaiserthum für eine von ihm ertheilte Wolthat und für ein Lehn, weswegen ihm der Kaiser verpflichtet sei, den er dadurch zu seinem obersten Feldherren gemacht, also über seine andern Stathalter und Lehnsleute, die sämtliaen Könige, erhöhet habe. Wie das römische Volk und sein Papst nicht Recht gehabt hatte vom Kaiser zu Constantinopel abzufallen, also hatten sie auch kein Recht einen andern Kaiser zuernennen: doch das grichisch römische Reich war im äusersten Verfalle, das Geschlecht des Isaurischen Leons war ausgerottet und eine Mörderin ihres eigenen Sohnes herschte. Die Gewohnheit einander der Herschaft wegen zuermorden, zublenden, zuverstümmeln, daurete fort in dem Yberbleibsel des alten römischen Reiches, fand auch wol im neuen einige Nachamung: Irene hatte ihren Sohn
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0270"n="258"/>
mit Zustimmung des Volks zum römischen Kaiser oder erhabenen Feldherren aus und salbete ihn: wobei Karl sich stellete und nachmals vorgab, als wen er das Vorhaben vorher weder gewust, noch vermuthet hätte. Es konte damals das Ansehen haben, daß der Papst und sein römisches Volk sich nunmer wenigstens dem neuen Kaiser unterwürfe, wen sie auch bisher dem ersten edeln von Rom nicht unterworfen gewesen: allein, da Karls Nachfolger nicht gleiche Fähigkeit und Macht besaßen, da des Papstes Ansehen und Anhang sehr gros worden war; so erklärte dieser das Kaiserthum für eine von ihm ertheilte Wolthat und für ein Lehn, weswegen ihm der Kaiser verpflichtet sei, den er dadurch zu seinem obersten Feldherren gemacht, also über seine andern Stathalter und Lehnsleute, die sämtliaen Könige, erhöhet habe. Wie das römische Volk und sein Papst nicht Recht gehabt hatte vom Kaiser zu Constantinopel abzufallen, also hatten sie auch kein Recht einen andern Kaiser zuernennen: doch das grichisch römische Reich war im äusersten Verfalle, das Geschlecht des Isaurischen Leons war ausgerottet und eine Mörderin ihres eigenen Sohnes herschte. Die Gewohnheit einander der Herschaft wegen zuermorden, zublenden, zuverstümmeln, daurete fort in dem Yberbleibsel des alten römischen Reiches, fand auch wol im neuen einige Nachamung: Irene hatte ihren Sohn
</p></div></body></text></TEI>
[258/0270]
mit Zustimmung des Volks zum römischen Kaiser oder erhabenen Feldherren aus und salbete ihn: wobei Karl sich stellete und nachmals vorgab, als wen er das Vorhaben vorher weder gewust, noch vermuthet hätte. Es konte damals das Ansehen haben, daß der Papst und sein römisches Volk sich nunmer wenigstens dem neuen Kaiser unterwürfe, wen sie auch bisher dem ersten edeln von Rom nicht unterworfen gewesen: allein, da Karls Nachfolger nicht gleiche Fähigkeit und Macht besaßen, da des Papstes Ansehen und Anhang sehr gros worden war; so erklärte dieser das Kaiserthum für eine von ihm ertheilte Wolthat und für ein Lehn, weswegen ihm der Kaiser verpflichtet sei, den er dadurch zu seinem obersten Feldherren gemacht, also über seine andern Stathalter und Lehnsleute, die sämtliaen Könige, erhöhet habe. Wie das römische Volk und sein Papst nicht Recht gehabt hatte vom Kaiser zu Constantinopel abzufallen, also hatten sie auch kein Recht einen andern Kaiser zuernennen: doch das grichisch römische Reich war im äusersten Verfalle, das Geschlecht des Isaurischen Leons war ausgerottet und eine Mörderin ihres eigenen Sohnes herschte. Die Gewohnheit einander der Herschaft wegen zuermorden, zublenden, zuverstümmeln, daurete fort in dem Yberbleibsel des alten römischen Reiches, fand auch wol im neuen einige Nachamung: Irene hatte ihren Sohn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
Ligaturen werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.
Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/270>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.