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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

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Papst indes drung in die Bischöfe durch häufige Gesandschasten, tadelte ihre Nachsicht und Nachläßigkeit, drohete ihnen mit dem Banne, Der Erzbischof zu Meinz gab der Priesterschaft ein halbes Jahr Bedenkzeit, hielt alsdan im Oct. eine Versamlung zu Erfurth, konte aber das Werk nicht zum Stande bringen. Der König Heinrich 4 ward veranlaßet sich in die ungarischen Händel zumischen; da seiner Schwester Man, der König Salomo, welchen sein Vätter Gaisa zuverdrengen suchte, ihm zins- und lehnbar werden, auch ein Stük Landes abtreten wolte um Hülse zuhaben: es ward aber nicht viel wieder den Gaisa ausgerichtet. Gregorius indes war sehr ungehalten über Salomons Erbieten, weil Ungern ein Lehn des römischen Stuls sei und erklärete, daß dieserwegen Gaisa mit Rechte an seine Stelle gesezet würde: gleichwol schrieb er an die Judith, Heinrichs Schwester und Salomons Gemalin, daß er sie als Schwester liebte, mit ihrem Unglükke Mitleiden hätte, Gott für sie bäte, auch, wen er Gelegenheit fände, ihr gern mit äuserliger Hülfe beistehen wolte; wie die Falschen leere Worte zuverschwenden pflegen. Einfältige laßen sich wol durch solche Versichrungen einnemen: Agnes, die verwitwete Kaiserin war aus grossem Vertrauen zu dem Papste nach Rom kommen, wo sie im Kloster lebte. Heinrich hatte den Sachsen ihre Forderungen bewilli-

Papst indes drung in die Bischöfe durch häufige Gesandschasten, tadelte ihre Nachsicht und Nachläßigkeit, drohete ihnen mit dem Banne, Der Erzbischof zu Meinz gab der Priesterschaft ein halbes Jahr Bedenkzeit, hielt alsdan im Oct. eine Versamlung zu Erfurth, konte aber das Werk nicht zum Stande bringen. Der König Heinrich 4 ward veranlaßet sich in die ungarischen Händel zumischen; da seiner Schwester Man, der König Salomo, welchen sein Vätter Gaisa zuverdrengen suchte, ihm zins- und lehnbar werden, auch ein Stük Landes abtreten wolte um Hülse zuhaben: es ward aber nicht viel wieder den Gaisa ausgerichtet. Gregorius indes war sehr ungehalten über Salomons Erbieten, weil Ungern ein Lehn des römischen Stuls sei und erklärete, daß dieserwegen Gaisa mit Rechte an seine Stelle gesezet würde: gleichwol schrieb er an die Judith, Heinrichs Schwester und Salomons Gemalin, daß er sie als Schwester liebte, mit ihrem Unglükke Mitleiden hätte, Gott für sie bäte, auch, wen er Gelegenheit fände, ihr gern mit äuserliger Hülfe beistehen wolte; wie die Falschen leere Worte zuverschwenden pflegen. Einfältige laßen sich wol durch solche Versichrungen einnemen: Agnes, die verwitwete Kaiserin war aus grossem Vertrauen zu dem Papste nach Rom kommen, wo sie im Kloster lebte. Heinrich hatte den Sachsen ihre Forderungen bewilli-

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Papst indes drung in die                      Bischöfe durch häufige Gesandschasten, tadelte ihre Nachsicht und Nachläßigkeit,                      drohete ihnen mit dem Banne, Der Erzbischof zu Meinz gab der Priesterschaft ein                      halbes Jahr Bedenkzeit, hielt alsdan im Oct. eine Versamlung zu Erfurth, konte                      aber das Werk nicht zum Stande bringen. Der König Heinrich 4 ward veranlaßet                      sich in die ungarischen Händel zumischen; da seiner Schwester Man, der König                      Salomo, welchen sein Vätter Gaisa zuverdrengen suchte, ihm zins- und lehnbar                      werden, auch ein Stük Landes abtreten wolte um Hülse zuhaben: es ward aber nicht                      viel wieder den Gaisa ausgerichtet. Gregorius indes war sehr ungehalten über                      Salomons Erbieten, weil Ungern ein Lehn des römischen Stuls sei und erklärete,                      daß dieserwegen Gaisa mit Rechte an seine Stelle gesezet würde: gleichwol                      schrieb er an die Judith, Heinrichs Schwester und Salomons Gemalin, daß er sie                      als Schwester liebte, mit ihrem Unglükke Mitleiden hätte, Gott für sie bäte,                      auch, wen er Gelegenheit fände, ihr gern mit äuserliger Hülfe beistehen wolte;                      wie die Falschen leere Worte zuverschwenden pflegen. Einfältige laßen sich wol                      durch solche Versichrungen einnemen: Agnes, die verwitwete Kaiserin war aus                      grossem Vertrauen zu dem Papste nach Rom kommen, wo sie im Kloster lebte.                      Heinrich hatte den Sachsen ihre Forderungen bewilli-
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[363/0375] Papst indes drung in die Bischöfe durch häufige Gesandschasten, tadelte ihre Nachsicht und Nachläßigkeit, drohete ihnen mit dem Banne, Der Erzbischof zu Meinz gab der Priesterschaft ein halbes Jahr Bedenkzeit, hielt alsdan im Oct. eine Versamlung zu Erfurth, konte aber das Werk nicht zum Stande bringen. Der König Heinrich 4 ward veranlaßet sich in die ungarischen Händel zumischen; da seiner Schwester Man, der König Salomo, welchen sein Vätter Gaisa zuverdrengen suchte, ihm zins- und lehnbar werden, auch ein Stük Landes abtreten wolte um Hülse zuhaben: es ward aber nicht viel wieder den Gaisa ausgerichtet. Gregorius indes war sehr ungehalten über Salomons Erbieten, weil Ungern ein Lehn des römischen Stuls sei und erklärete, daß dieserwegen Gaisa mit Rechte an seine Stelle gesezet würde: gleichwol schrieb er an die Judith, Heinrichs Schwester und Salomons Gemalin, daß er sie als Schwester liebte, mit ihrem Unglükke Mitleiden hätte, Gott für sie bäte, auch, wen er Gelegenheit fände, ihr gern mit äuserliger Hülfe beistehen wolte; wie die Falschen leere Worte zuverschwenden pflegen. Einfältige laßen sich wol durch solche Versichrungen einnemen: Agnes, die verwitwete Kaiserin war aus grossem Vertrauen zu dem Papste nach Rom kommen, wo sie im Kloster lebte. Heinrich hatte den Sachsen ihre Forderungen bewilli-

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Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/375>, abgerufen am 22.11.2024.