leugneter Urheber, folglich auch Eigenthümer der durch (ihr fremde) menschliche Arbeit erzeugten menschlichen Werke, welche sie, um den Werth zu behalten, auf dem Markte abstösst.
§ 39.
Der Arbeitsmarkt setzt keinen Waarenmarkt voraus. Es ist durchaus gleichgültig für die Betrachtung, auf welche Weise der Kapitalist zu dem Gelde gekommen ist, womit er die Arbeitskräfte bezahlt, oder woher die Producte stammen, welche dieses Geld repräsentirt. Ein Theil derselben mag aus vorhergehender Production stammen -- vielleicht aus der eigenen Arbeit des Kapi- talisten -- ein Theil erst durch die gegenwärtige und zukünf- tige bedingt sein. Die Umsetzung von Geld in Genussmittel hat weder mit dem Waarenmarkte, noch mit dem Arbeits- markte unmittelbar zu thun; sie gehört einem dritten Markte an, den wir Kram-Markt nennen dürfen und welcher als das normale Vehikel der Distribution sich darstellt. Diese hat allerdings Production zur Voraussetzung und kann in einer regelmässigen Circulation auf dem Waaren- markte beruhend gedacht werden. Alsdann ist jener das letzte Glied, welches in das erste eingreift, wie es aus dem zweiten sich ableitet. Seine Bewegung ist vom Centro bis zur Peripherie: er gibt Waaren an alle Geldhabenden, ja er drängt die Waaren auf und hungert nach Geld, welches, in zahllosen kleinen Portionen aufgesogen, auf dem Waaren- markte wiederum in Massen verschlungen wird. Die Be- wegung des Waarenmarktes ist umgekehrter Weise von der Peripherie zum Centrum. Er ist die blosse Versammlung von Producten, deren Entstehung für ihn gleichgültig ist, die Systole oder Contraction, welcher die Diastole oder Expansion folgen muss. Der Arbeitsmarkt ist eine Com- munication innerhalb der Peripherie. Wenn nun Austausch auf dem Waarenmarkte wie auf dem Arbeitsmarkte ohne Vermittlung des Handels gedacht wurde, so ist dagegen der Krammarkt und die Distribution natürlicher Weise ein Ge- schäft des Ein- und Verkaufs, also die eigentliche Sphäre der Kaufleute. Und diese kann denn, im vollendeten
leugneter Urheber, folglich auch Eigenthümer der durch (ihr fremde) menschliche Arbeit erzeugten menschlichen Werke, welche sie, um den Werth zu behalten, auf dem Markte abstösst.
§ 39.
Der Arbeitsmarkt setzt keinen Waarenmarkt voraus. Es ist durchaus gleichgültig für die Betrachtung, auf welche Weise der Kapitalist zu dem Gelde gekommen ist, womit er die Arbeitskräfte bezahlt, oder woher die Producte stammen, welche dieses Geld repräsentirt. Ein Theil derselben mag aus vorhergehender Production stammen — vielleicht aus der eigenen Arbeit des Kapi- talisten — ein Theil erst durch die gegenwärtige und zukünf- tige bedingt sein. Die Umsetzung von Geld in Genussmittel hat weder mit dem Waarenmarkte, noch mit dem Arbeits- markte unmittelbar zu thun; sie gehört einem dritten Markte an, den wir Kram-Markt nennen dürfen und welcher als das normale Vehikel der Distribution sich darstellt. Diese hat allerdings Production zur Voraussetzung und kann in einer regelmässigen Circulation auf dem Waaren- markte beruhend gedacht werden. Alsdann ist jener das letzte Glied, welches in das erste eingreift, wie es aus dem zweiten sich ableitet. Seine Bewegung ist vom Centro bis zur Peripherie: er gibt Waaren an alle Geldhabenden, ja er drängt die Waaren auf und hungert nach Geld, welches, in zahllosen kleinen Portionen aufgesogen, auf dem Waaren- markte wiederum in Massen verschlungen wird. Die Be- wegung des Waarenmarktes ist umgekehrter Weise von der Peripherie zum Centrum. Er ist die blosse Versammlung von Producten, deren Entstehung für ihn gleichgültig ist, die Systole oder Contraction, welcher die Diastole oder Expansion folgen muss. Der Arbeitsmarkt ist eine Com- munication innerhalb der Peripherie. Wenn nun Austausch auf dem Waarenmarkte wie auf dem Arbeitsmarkte ohne Vermittlung des Handels gedacht wurde, so ist dagegen der Krammarkt und die Distribution natürlicher Weise ein Ge- schäft des Ein- und Verkaufs, also die eigentliche Sphäre der Kaufleute. Und diese kann denn, im vollendeten
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leugneter Urheber, folglich auch Eigenthümer der durch
(ihr fremde) menschliche Arbeit erzeugten menschlichen
Werke, welche sie, um den Werth zu behalten, auf dem
Markte abstösst.
§ 39.
Der Arbeitsmarkt setzt keinen Waarenmarkt voraus.
Es ist durchaus gleichgültig für die Betrachtung, auf welche
Weise der Kapitalist zu dem Gelde gekommen ist,
womit er die Arbeitskräfte bezahlt, oder woher die
Producte stammen, welche dieses Geld repräsentirt. Ein
Theil derselben mag aus vorhergehender Production
stammen — vielleicht aus der eigenen Arbeit des Kapi-
talisten — ein Theil erst durch die gegenwärtige und zukünf-
tige bedingt sein. Die Umsetzung von Geld in Genussmittel
hat weder mit dem Waarenmarkte, noch mit dem Arbeits-
markte unmittelbar zu thun; sie gehört einem dritten Markte
an, den wir Kram-Markt nennen dürfen und welcher
als das normale Vehikel der Distribution sich darstellt.
Diese hat allerdings Production zur Voraussetzung und
kann in einer regelmässigen Circulation auf dem Waaren-
markte beruhend gedacht werden. Alsdann ist jener das letzte
Glied, welches in das erste eingreift, wie es aus dem zweiten
sich ableitet. Seine Bewegung ist vom Centro bis zur
Peripherie: er gibt Waaren an alle Geldhabenden, ja er
drängt die Waaren auf und hungert nach Geld, welches, in
zahllosen kleinen Portionen aufgesogen, auf dem Waaren-
markte wiederum in Massen verschlungen wird. Die Be-
wegung des Waarenmarktes ist umgekehrter Weise von der
Peripherie zum Centrum. Er ist die blosse Versammlung
von Producten, deren Entstehung für ihn gleichgültig ist,
die Systole oder Contraction, welcher die Diastole oder
Expansion folgen muss. Der Arbeitsmarkt ist eine Com-
munication innerhalb der Peripherie. Wenn nun Austausch
auf dem Waarenmarkte wie auf dem Arbeitsmarkte ohne
Vermittlung des Handels gedacht wurde, so ist dagegen der
Krammarkt und die Distribution natürlicher Weise ein Ge-
schäft des Ein- und Verkaufs, also die eigentliche Sphäre
der Kaufleute. Und diese kann denn, im vollendeten
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/129>, abgerufen am 24.11.2024.
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