artige Wesen durch Zeichen, daher insbesondere Gebrauch der vocalen Organe zur Aussprache von Worten, und hier- aus entwickelt sich die Mittheilung an sich selber, durch lautes oder stummes Reden, d. i. Denken. Wie aber Mit- theilung überhaupt schon im animalischen Leben vorbereitet oder angelegt ist, so werden alle Fähigkeiten und Thätig- keiten, welche diesem angehören, durch Reden und Denken vermannigfacht, besondert, erhöht. Die gesammte dritte Kategorie ist als zurückwirkende Modification der zweiten, diese als der ersten zu begreifen. Im menschlichen Wesen- willen sind aber diese Arten zusammen zu denken, insofern als sie eine Einheit darstellen. Er ist der organische Wille, definirt durch einen animalisch-mentalen Willen, ist der animalische Wille ausgedrückt durch organischen und men- talen zugleich, und der mentale Wille selbst in seiner Be- dingtheit durch organisch-animalischen Willen. Im orga- nischen Leben beruhen zuletzt alle seine Motive; im men- talen erhalten sie ihre Richtung und Leitung, wie ihre be- sonderste Form; im animalischen treten ihre bedeutendsten und gewöhnlichsten Aeusserungen am meisten hervor. -- Hiernach bestimme ich mehrere Gruppen psychologischer Begriffe, als die Gestalten menschlichen Wesenwillens, in welchen er sich selber bejaht durch Bejahung oder Ver- neinung anderer Dinge. Nur der positive Sinn wird durch die Namen angezeigt: welcher aber seine Negation zugleich erkennbar macht: der Wille den Unwillen oder Widerwillen. In jeder Form sind aber die psychischen Werthe der eigentlichen oder productiven und motorischen Thätigkeiten mit denen der receptiven, sensitiven oder in- tellectuellen so verbunden, dass sie die Ordnung und den Zusammenhang derselben darstellen, wie im physiologischen Sinne die Centralorgane des thierischen Nervensystems solche Bedeutung haben. Daher ist denn ein bestimmter Empfang immer der Anfang oder die Tendenz (conatus) zu einer bestimmten Ausgabe, welche ihm folgen will und muss in der Richtung ihres geringsten Widerstandes oder des stärk- sten Zuges. Also sind mit den Eindrücken (oder Ideen) von gewissen Gegenständen die Neigungen (oder Ideen) zu gewissen Reactionen als Ausdrücken des eigenen Wesens
artige Wesen durch Zeichen, daher insbesondere Gebrauch der vocalen Organe zur Aussprache von Worten, und hier- aus entwickelt sich die Mittheilung an sich selber, durch lautes oder stummes Reden, d. i. Denken. Wie aber Mit- theilung überhaupt schon im animalischen Leben vorbereitet oder angelegt ist, so werden alle Fähigkeiten und Thätig- keiten, welche diesem angehören, durch Reden und Denken vermannigfacht, besondert, erhöht. Die gesammte dritte Kategorie ist als zurückwirkende Modification der zweiten, diese als der ersten zu begreifen. Im menschlichen Wesen- willen sind aber diese Arten zusammen zu denken, insofern als sie eine Einheit darstellen. Er ist der organische Wille, definirt durch einen animalisch-mentalen Willen, ist der animalische Wille ausgedrückt durch organischen und men- talen zugleich, und der mentale Wille selbst in seiner Be- dingtheit durch organisch-animalischen Willen. Im orga- nischen Leben beruhen zuletzt alle seine Motive; im men- talen erhalten sie ihre Richtung und Leitung, wie ihre be- sonderste Form; im animalischen treten ihre bedeutendsten und gewöhnlichsten Aeusserungen am meisten hervor. — Hiernach bestimme ich mehrere Gruppen psychologischer Begriffe, als die Gestalten menschlichen Wesenwillens, in welchen er sich selber bejaht durch Bejahung oder Ver- neinung anderer Dinge. Nur der positive Sinn wird durch die Namen angezeigt: welcher aber seine Negation zugleich erkennbar macht: der Wille den Unwillen oder Widerwillen. In jeder Form sind aber die psychischen Werthe der eigentlichen oder productiven und motorischen Thätigkeiten mit denen der receptiven, sensitiven oder in- tellectuellen so verbunden, dass sie die Ordnung und den Zusammenhang derselben darstellen, wie im physiologischen Sinne die Centralorgane des thierischen Nervensystems solche Bedeutung haben. Daher ist denn ein bestimmter Empfang immer der Anfang oder die Tendenz (conatus) zu einer bestimmten Ausgabe, welche ihm folgen will und muss in der Richtung ihres geringsten Widerstandes oder des stärk- sten Zuges. Also sind mit den Eindrücken (oder Ideen) von gewissen Gegenständen die Neigungen (oder Ideen) zu gewissen Reactionen als Ausdrücken des eigenen Wesens
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artige Wesen durch Zeichen, daher insbesondere Gebrauch
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lautes oder stummes Reden, d. i. Denken. Wie aber Mit-
theilung überhaupt schon im animalischen Leben vorbereitet
oder angelegt ist, so werden alle Fähigkeiten und Thätig-
keiten, welche diesem angehören, durch Reden und Denken
vermannigfacht, besondert, erhöht. Die gesammte dritte
Kategorie ist als zurückwirkende Modification der zweiten,
diese als der ersten zu begreifen. Im menschlichen Wesen-
willen sind aber diese Arten zusammen zu denken, insofern
als sie eine Einheit darstellen. Er ist der organische Wille,
definirt durch einen animalisch-mentalen Willen, ist der
animalische Wille ausgedrückt durch organischen und men-
talen zugleich, und der mentale Wille selbst in seiner Be-
dingtheit durch organisch-animalischen Willen. Im orga-
nischen Leben beruhen zuletzt alle seine Motive; im men-
talen erhalten sie ihre Richtung und Leitung, wie ihre be-
sonderste Form; im animalischen treten ihre bedeutendsten
und gewöhnlichsten Aeusserungen am meisten hervor. —
Hiernach bestimme ich mehrere Gruppen psychologischer
Begriffe, als die Gestalten menschlichen Wesenwillens, in
welchen er sich selber bejaht durch Bejahung oder Ver-
neinung anderer Dinge. Nur der positive Sinn wird
durch die Namen angezeigt: welcher aber seine Negation
zugleich erkennbar macht: der Wille den Unwillen oder
Widerwillen. In jeder Form sind aber die psychischen
Werthe der eigentlichen oder productiven und motorischen
Thätigkeiten mit denen der receptiven, sensitiven oder in-
tellectuellen so verbunden, dass sie die Ordnung und den
Zusammenhang derselben darstellen, wie im physiologischen
Sinne die Centralorgane des thierischen Nervensystems solche
Bedeutung haben. Daher ist denn ein bestimmter Empfang
immer der Anfang oder die Tendenz (conatus) zu einer
bestimmten Ausgabe, welche ihm folgen will und muss in
der Richtung ihres geringsten Widerstandes oder des stärk-
sten Zuges. Also sind mit den Eindrücken (oder Ideen)
von gewissen Gegenständen die Neigungen (oder Ideen) zu
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/141>, abgerufen am 24.11.2024.
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