tauschen und schliessen Contracte. Und diese Freiheit der Zusammenkunft, die Leichtigkeit Geschäfte zu machen und die Gleichheit der vernünftigen Menschen, erscheint alsdann und ist ihnen das Natürliche.
§ 16.
Das natürliche Recht in diesem Verstande über- wand das bürgerliche Recht der Römer und aller politischen Gemeinden der antiken Cultur. Es wurde definirt, wie be- kannt ist, als das gemeinsame Recht aller Menschen; als was die natürliche Vernunft unter allen Menschen festge- setzt habe, das daher bei allen Völkern durchweg in glei- cher Weise beobachtet und auch gemeines Recht (ius gen- tium) gehiessen werde. Und es wurde, von dem richtigen Begriffe aus, dass die Entwicklung vom Allgemeinen zum Besonderen ihren Progress habe, der Schluss gezogen, dass dieses gemeine Recht der Zeit nach früher sei, als das particulare der Städte. Und doch erhob die Wirklichkeit den Widerspruch, dass sie jenes (nach den Bedürfnissen eines Verkehrs, der nicht zwischen Städten und Städten, mithin nicht zwischen Bürgern der einen und Bürgern der anderen als solchen, sondern zwischen Allen und Allen, den nackten Individuen sich entspann, welche ihre differenten bürgerlichen Trachten abgeworfen hatten), als ein Reagens in den Misch- kessel warf, das alle verschiedenen Stoffe in ihre gleichen Elemente auflösen musste. Und also war es später als das particulare Recht, nicht dessen Grund und Voraus- setzung, sondern seine Folge und Negation. Denn es ist ihm nichts als Hemmniss; und das Gemeine ist so natürlich und einfach, als ob es von Ewigkeit her müsse vorhanden gewesen sein und habe gar keine Voraussetzungen, sondern sei nur durch künstlich-positive Erfindungen und Satzungen verdunkelt worden, deren Auslöschung mithin die Wieder- herstellung ursprünglichen Zustandes bedeute. Hier ist die Lösung des Widerspruchs gelegen; denn hier ist die Verwechslung fast unvermeidlich. Nämlich es ist diese Ur- sprünglichkeit eigentlich nicht als zeitliche zu verstehen, sondern als aeterna veritas, als ein Gedankending oder Ideal, das ebensowohl in die grenzenlose Ferne der Zukunft als
tauschen und schliessen Contracte. Und diese Freiheit der Zusammenkunft, die Leichtigkeit Geschäfte zu machen und die Gleichheit der vernünftigen Menschen, erscheint alsdann und ist ihnen das Natürliche.
§ 16.
Das natürliche Recht in diesem Verstande über- wand das bürgerliche Recht der Römer und aller politischen Gemeinden der antiken Cultur. Es wurde definirt, wie be- kannt ist, als das gemeinsame Recht aller Menschen; als was die natürliche Vernunft unter allen Menschen festge- setzt habe, das daher bei allen Völkern durchweg in glei- cher Weise beobachtet und auch gemeines Recht (ius gen- tium) gehiessen werde. Und es wurde, von dem richtigen Begriffe aus, dass die Entwicklung vom Allgemeinen zum Besonderen ihren Progress habe, der Schluss gezogen, dass dieses gemeine Recht der Zeit nach früher sei, als das particulare der Städte. Und doch erhob die Wirklichkeit den Widerspruch, dass sie jenes (nach den Bedürfnissen eines Verkehrs, der nicht zwischen Städten und Städten, mithin nicht zwischen Bürgern der einen und Bürgern der anderen als solchen, sondern zwischen Allen und Allen, den nackten Individuen sich entspann, welche ihre differenten bürgerlichen Trachten abgeworfen hatten), als ein Reagens in den Misch- kessel warf, das alle verschiedenen Stoffe in ihre gleichen Elemente auflösen musste. Und also war es später als das particulare Recht, nicht dessen Grund und Voraus- setzung, sondern seine Folge und Negation. Denn es ist ihm nichts als Hemmniss; und das Gemeine ist so natürlich und einfach, als ob es von Ewigkeit her müsse vorhanden gewesen sein und habe gar keine Voraussetzungen, sondern sei nur durch künstlich-positive Erfindungen und Satzungen verdunkelt worden, deren Auslöschung mithin die Wieder- herstellung ursprünglichen Zustandes bedeute. Hier ist die Lösung des Widerspruchs gelegen; denn hier ist die Verwechslung fast unvermeidlich. Nämlich es ist diese Ur- sprünglichkeit eigentlich nicht als zeitliche zu verstehen, sondern als aeterna veritas, als ein Gedankending oder Ideal, das ebensowohl in die grenzenlose Ferne der Zukunft als
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tauschen und schliessen Contracte. Und diese Freiheit der
Zusammenkunft, die Leichtigkeit Geschäfte zu machen
und die Gleichheit der vernünftigen Menschen, erscheint
alsdann und ist ihnen das Natürliche.
§ 16.
Das natürliche Recht in diesem Verstande über-
wand das bürgerliche Recht der Römer und aller politischen
Gemeinden der antiken Cultur. Es wurde definirt, wie be-
kannt ist, als das gemeinsame Recht aller Menschen; als
was die natürliche Vernunft unter allen Menschen festge-
setzt habe, das daher bei allen Völkern durchweg in glei-
cher Weise beobachtet und auch gemeines Recht (ius gen-
tium) gehiessen werde. Und es wurde, von dem richtigen
Begriffe aus, dass die Entwicklung vom Allgemeinen zum
Besonderen ihren Progress habe, der Schluss gezogen, dass
dieses gemeine Recht der Zeit nach früher sei, als das
particulare der Städte. Und doch erhob die Wirklichkeit den
Widerspruch, dass sie jenes (nach den Bedürfnissen eines
Verkehrs, der nicht zwischen Städten und Städten, mithin
nicht zwischen Bürgern der einen und Bürgern der anderen
als solchen, sondern zwischen Allen und Allen, den nackten
Individuen sich entspann, welche ihre differenten bürgerlichen
Trachten abgeworfen hatten), als ein Reagens in den Misch-
kessel warf, das alle verschiedenen Stoffe in ihre gleichen
Elemente auflösen musste. Und also war es später als
das particulare Recht, nicht dessen Grund und Voraus-
setzung, sondern seine Folge und Negation. Denn es ist
ihm nichts als Hemmniss; und das Gemeine ist so natürlich
und einfach, als ob es von Ewigkeit her müsse vorhanden
gewesen sein und habe gar keine Voraussetzungen, sondern
sei nur durch künstlich-positive Erfindungen und Satzungen
verdunkelt worden, deren Auslöschung mithin die Wieder-
herstellung ursprünglichen Zustandes bedeute. Hier ist
die Lösung des Widerspruchs gelegen; denn hier ist die
Verwechslung fast unvermeidlich. Nämlich es ist diese Ur-
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sondern als aeterna veritas, als ein Gedankending oder Ideal,
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/273>, abgerufen am 26.11.2024.
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