Willenssphäre und also die gemeinschaftliche Willenssphäre ist eine Masse von determinirter Kraft, Macht oder Recht; und dieses ein Inbegriff von Wollen als Können oder Mögen (Dürfen) und Wollen als Müssen oder Sollen. So ergibt sich dasselbe als Wesen und Inhalt aller abgeleiteten Willenssphären, in welchen daher Gerechtsame und Pflichten die beiden correspondirenden Seiten derselben Sache oder nichts als die subjektiven Modalitäten der gleichen objek- tiven Substanz von Recht oder Kraft sind. Und mithin bestehen und entstehen sowohl durch vermehrte als durch verminderte Pflichten und Gerechtsame reale Ungleich- heiten innerhalb der Gemeinschaft durch ihren Willen. Diese können aber nur bis zu einer gewissen Grenze zu- nehmen, da jenseits solcher das Wesen der Gemeinschaft als der Einheit des Differenten aufgehoben wird: auf der einen Seite (nach oben), weil die eigene Rechtskraft zu gross, daher der Zusammenhang mit der gesammten gleichgültig und werthlos wird; auf der anderen (nach unten), weil die eigene zu klein und der Zusammenhang irreal und werth- los wird. Je weniger aber Menschen, die mit einander in Berührung stehen oder kommen, mit einander verbunden sind in Bezug auf dieselbe Gemeinschaft, desto mehr stehen sie einander als freie Subjecte ihres Wollens und Könnens gegenüber. Und diese Freiheit ist um so grösser, je weniger sie überhaupt von ihrem eigenen vorher bestimmten Willen; mithin je weniger dieser von irgend welchem gemeinschaftlichen Willen abhängig ist oder empfunden wird. Denn für die Beschaffenheit und Bildung jeder indi- vidualen Gewohnheit und Gemüthsart ist, ausser den durch Erzeugung vererbten Kräften und Trieben, irgend ein gemein- schaftlicher als erziehender und leitender Wille der be- deutendste Factor; insonderheit der Familiengeist; aber auch aller Geist, der dem Familiengeist ähnlich ist und Aehnliches wirkt.
§ 9.
Gegenseitig-gemeinsame, verbindende Gesinnung, als einiger Wille einer Gemeinschaft, ist das, was hier als
Willenssphäre und also die gemeinschaftliche Willenssphäre ist eine Masse von determinirter Kraft, Macht oder Recht; und dieses ein Inbegriff von Wollen als Können oder Mögen (Dürfen) und Wollen als Müssen oder Sollen. So ergibt sich dasselbe als Wesen und Inhalt aller abgeleiteten Willenssphären, in welchen daher Gerechtsame und Pflichten die beiden correspondirenden Seiten derselben Sache oder nichts als die subjektiven Modalitäten der gleichen objek- tiven Substanz von Recht oder Kraft sind. Und mithin bestehen und entstehen sowohl durch vermehrte als durch verminderte Pflichten und Gerechtsame reale Ungleich- heiten innerhalb der Gemeinschaft durch ihren Willen. Diese können aber nur bis zu einer gewissen Grenze zu- nehmen, da jenseits solcher das Wesen der Gemeinschaft als der Einheit des Differenten aufgehoben wird: auf der einen Seite (nach oben), weil die eigene Rechtskraft zu gross, daher der Zusammenhang mit der gesammten gleichgültig und werthlos wird; auf der anderen (nach unten), weil die eigene zu klein und der Zusammenhang irreal und werth- los wird. Je weniger aber Menschen, die mit einander in Berührung stehen oder kommen, mit einander verbunden sind in Bezug auf dieselbe Gemeinschaft, desto mehr stehen sie einander als freie Subjecte ihres Wollens und Könnens gegenüber. Und diese Freiheit ist um so grösser, je weniger sie überhaupt von ihrem eigenen vorher bestimmten Willen; mithin je weniger dieser von irgend welchem gemeinschaftlichen Willen abhängig ist oder empfunden wird. Denn für die Beschaffenheit und Bildung jeder indi- vidualen Gewohnheit und Gemüthsart ist, ausser den durch Erzeugung vererbten Kräften und Trieben, irgend ein gemein- schaftlicher als erziehender und leitender Wille der be- deutendste Factor; insonderheit der Familiengeist; aber auch aller Geist, der dem Familiengeist ähnlich ist und Aehnliches wirkt.
§ 9.
Gegenseitig-gemeinsame, verbindende Gesinnung, als einiger Wille einer Gemeinschaft, ist das, was hier als
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Willenssphäre und also die gemeinschaftliche Willenssphäre
ist eine Masse von determinirter Kraft, Macht oder Recht;
und dieses ein Inbegriff von Wollen als Können oder
Mögen (Dürfen) und Wollen als Müssen oder Sollen. So
ergibt sich dasselbe als Wesen und Inhalt aller abgeleiteten
Willenssphären, in welchen daher Gerechtsame und Pflichten
die beiden correspondirenden Seiten derselben Sache oder
nichts als die subjektiven Modalitäten der gleichen objek-
tiven Substanz von Recht oder Kraft sind. Und mithin
bestehen und entstehen sowohl durch vermehrte als durch
verminderte Pflichten und Gerechtsame reale Ungleich-
heiten innerhalb der Gemeinschaft durch ihren Willen.
Diese können aber nur bis zu einer gewissen Grenze zu-
nehmen, da jenseits solcher das Wesen der Gemeinschaft
als der Einheit des Differenten aufgehoben wird: auf der
einen Seite (nach oben), weil die eigene Rechtskraft zu gross,
daher der Zusammenhang mit der gesammten gleichgültig
und werthlos wird; auf der anderen (nach unten), weil die
eigene zu klein und der Zusammenhang irreal und werth-
los wird. Je weniger aber Menschen, die mit einander in
Berührung stehen oder kommen, mit einander verbunden
sind in Bezug auf dieselbe Gemeinschaft, desto mehr stehen
sie einander als freie Subjecte ihres Wollens und Könnens
gegenüber. Und diese Freiheit ist um so grösser, je weniger
sie überhaupt von ihrem eigenen vorher bestimmten
Willen; mithin je weniger dieser von irgend welchem
gemeinschaftlichen Willen abhängig ist oder empfunden
wird. Denn für die Beschaffenheit und Bildung jeder indi-
vidualen Gewohnheit und Gemüthsart ist, ausser den durch
Erzeugung vererbten Kräften und Trieben, irgend ein gemein-
schaftlicher als erziehender und leitender Wille der be-
deutendste Factor; insonderheit der Familiengeist; aber
auch aller Geist, der dem Familiengeist ähnlich ist und
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§ 9.
Gegenseitig-gemeinsame, verbindende Gesinnung, als
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/58>, abgerufen am 21.11.2024.
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