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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887.

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als eine Art von Besoldung dar. In allen diesen Fällen
indess erscheint das, worin wir eine Verwendung der All-
mende zur Bezahlung besonderer der Gemeinde als solcher
geleisteter Dienste zu erblicken geneigt sind, der gemein-
schaftlichen Denkungsart zugleich als eine Verwendung des
Allen gemeinen Gutes für die unmittelbaren Bedürfnisse
Aller. Denn Vorsteher, Beamte und Diener so gut wie
angestellte Handwerker sind von der Gesammtheit schlecht-
hin beauftragt, und ihr so gut in ihrer Vielheit wie in ihrer
Einheit nützlich." (Nach Gierke l. c. p. 239 f.) Sie sind
wahre Organe ihres Leibes. Die Verfassung des Zusammen-
lebens ist ökonomisch, das heisst kommunistisch.

§ 18.

Und so ist auch die Stadt, nach der aristotelischen
Beschreibung, und nach der Idee, welche ihren natürlichen
Erscheinungen unterliegt, ein sich selbst genügender Haus-
halt, ein gemeinschaftlich lebender Organismus. Wie auch
immer ihre empirische Entstehung sein mag, ihrem Dasein
nach muss sie als Ganzes betrachtet werden, in Bezug
worauf die einzelnen Genossenschaften und Familien, aus
welchen sie besteht, in nothwendiger Abhängigkeit sich be-
finden. So ist sie mit ihrer Sprache, ihrem Brauch, ihrem
Glauben, wie mit ihrem Boden, ihren Gebäuden und Schätzen,
ein Beharrendes, das den Wechsel vieler Generationen über-
dauert, und theils aus sich selber, theils durch Vererbung
und Erziehung ihrer Bürgerhäuser, wesentlich gleichen
Charakter und Denkungsart immer auf's Neue hervorbringt.
Und ob sie durch eigenen Besitz und den ihrer Bürger
oder durch regelmässigen Bezug aus umgebendem Gebiete,
ihrer Nahrung und der Stoffe für ihre Arbeit sicher ist, so
widmet sie die Fülle ihrer Kraft auf die feinere Thätigkeit
des Gehirnes und der Hände, welche als Verleihung einer
gefälligen, d. i. dem gemeinsamen Sinne und Geiste har-
monischen Form
, das allgemeine Wesen der Kunst
darstellt. Denn seiner Tendenz nach, und wie es durch
irgendwelchen Stil der Gemeinde oder ihrer Stände be-
dingt wird, ist alles städtische Handwerk wahre Kunst;
wenn auch in einigen Zweigen sich diese Tendenz
wenig verwirklichen kann. Als Kunst aber ist das Hand-

als eine Art von Besoldung dar. In allen diesen Fällen
indess erscheint das, worin wir eine Verwendung der All-
mende zur Bezahlung besonderer der Gemeinde als solcher
geleisteter Dienste zu erblicken geneigt sind, der gemein-
schaftlichen Denkungsart zugleich als eine Verwendung des
Allen gemeinen Gutes für die unmittelbaren Bedürfnisse
Aller. Denn Vorsteher, Beamte und Diener so gut wie
angestellte Handwerker sind von der Gesammtheit schlecht-
hin beauftragt, und ihr so gut in ihrer Vielheit wie in ihrer
Einheit nützlich.« (Nach Gierke l. c. p. 239 f.) Sie sind
wahre Organe ihres Leibes. Die Verfassung des Zusammen-
lebens ist ökonomisch, das heisst kommunistisch.

§ 18.

Und so ist auch die Stadt, nach der aristotelischen
Beschreibung, und nach der Idee, welche ihren natürlichen
Erscheinungen unterliegt, ein sich selbst genügender Haus-
halt, ein gemeinschaftlich lebender Organismus. Wie auch
immer ihre empirische Entstehung sein mag, ihrem Dasein
nach muss sie als Ganzes betrachtet werden, in Bezug
worauf die einzelnen Genossenschaften und Familien, aus
welchen sie besteht, in nothwendiger Abhängigkeit sich be-
finden. So ist sie mit ihrer Sprache, ihrem Brauch, ihrem
Glauben, wie mit ihrem Boden, ihren Gebäuden und Schätzen,
ein Beharrendes, das den Wechsel vieler Generationen über-
dauert, und theils aus sich selber, theils durch Vererbung
und Erziehung ihrer Bürgerhäuser, wesentlich gleichen
Charakter und Denkungsart immer auf’s Neue hervorbringt.
Und ob sie durch eigenen Besitz und den ihrer Bürger
oder durch regelmässigen Bezug aus umgebendem Gebiete,
ihrer Nahrung und der Stoffe für ihre Arbeit sicher ist, so
widmet sie die Fülle ihrer Kraft auf die feinere Thätigkeit
des Gehirnes und der Hände, welche als Verleihung einer
gefälligen, d. i. dem gemeinsamen Sinne und Geiste har-
monischen Form
, das allgemeine Wesen der Kunst
darstellt. Denn seiner Tendenz nach, und wie es durch
irgendwelchen Stil der Gemeinde oder ihrer Stände be-
dingt wird, ist alles städtische Handwerk wahre Kunst;
wenn auch in einigen Zweigen sich diese Tendenz
wenig verwirklichen kann. Als Kunst aber ist das Hand-

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[42/0078] als eine Art von Besoldung dar. In allen diesen Fällen indess erscheint das, worin wir eine Verwendung der All- mende zur Bezahlung besonderer der Gemeinde als solcher geleisteter Dienste zu erblicken geneigt sind, der gemein- schaftlichen Denkungsart zugleich als eine Verwendung des Allen gemeinen Gutes für die unmittelbaren Bedürfnisse Aller. Denn Vorsteher, Beamte und Diener so gut wie angestellte Handwerker sind von der Gesammtheit schlecht- hin beauftragt, und ihr so gut in ihrer Vielheit wie in ihrer Einheit nützlich.« (Nach Gierke l. c. p. 239 f.) Sie sind wahre Organe ihres Leibes. Die Verfassung des Zusammen- lebens ist ökonomisch, das heisst kommunistisch. § 18. Und so ist auch die Stadt, nach der aristotelischen Beschreibung, und nach der Idee, welche ihren natürlichen Erscheinungen unterliegt, ein sich selbst genügender Haus- halt, ein gemeinschaftlich lebender Organismus. Wie auch immer ihre empirische Entstehung sein mag, ihrem Dasein nach muss sie als Ganzes betrachtet werden, in Bezug worauf die einzelnen Genossenschaften und Familien, aus welchen sie besteht, in nothwendiger Abhängigkeit sich be- finden. So ist sie mit ihrer Sprache, ihrem Brauch, ihrem Glauben, wie mit ihrem Boden, ihren Gebäuden und Schätzen, ein Beharrendes, das den Wechsel vieler Generationen über- dauert, und theils aus sich selber, theils durch Vererbung und Erziehung ihrer Bürgerhäuser, wesentlich gleichen Charakter und Denkungsart immer auf’s Neue hervorbringt. Und ob sie durch eigenen Besitz und den ihrer Bürger oder durch regelmässigen Bezug aus umgebendem Gebiete, ihrer Nahrung und der Stoffe für ihre Arbeit sicher ist, so widmet sie die Fülle ihrer Kraft auf die feinere Thätigkeit des Gehirnes und der Hände, welche als Verleihung einer gefälligen, d. i. dem gemeinsamen Sinne und Geiste har- monischen Form, das allgemeine Wesen der Kunst darstellt. Denn seiner Tendenz nach, und wie es durch irgendwelchen Stil der Gemeinde oder ihrer Stände be- dingt wird, ist alles städtische Handwerk wahre Kunst; wenn auch in einigen Zweigen sich diese Tendenz wenig verwirklichen kann. Als Kunst aber ist das Hand-

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Zitationshilfe: Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/78>, abgerufen am 24.11.2024.