Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Trakl, Georg: Gedichte. Leipzig, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite
DÄMMERUNG
Im Hof, verhext von milchigem Dämmerschein,
Durch Herbstgebräuntes weiche Kranke gleiten.
Ihr wächsern-runder Blick sinnt goldner Zeiten,
Erfüllt von Träumerei und Ruh und Wein.
Ihr Siechentum schließt geisterhaft sich ein.
Die Sterne weiße Traurigkeit verbreiten.
Im Grau, erfüllt von Täuschung und Geläuten,
Sieh, wie die Schrecklichen sich wirr zerstreun.
Formlose Spottgestalten huschen, kauern
Und flattern sie auf schwarz-gekreuzten Pfaden.
O! trauervolle Schatten an den Mauern.
Die andern fliehn durch dunkelnde Arkaden;
Und nächtens stürzen sie aus roten Schauern
Des Sternenwinds, gleich rasenden Mänaden.
DÄMMERUNG
Im Hof, verhext von milchigem Dämmerschein,
Durch Herbstgebräuntes weiche Kranke gleiten.
Ihr wächsern-runder Blick sinnt goldner Zeiten,
Erfüllt von Träumerei und Ruh und Wein.
Ihr Siechentum schließt geisterhaft sich ein.
Die Sterne weiße Traurigkeit verbreiten.
Im Grau, erfüllt von Täuschung und Geläuten,
Sieh, wie die Schrecklichen sich wirr zerstreun.
Formlose Spottgestalten huschen, kauern
Und flattern sie auf schwarz-gekreuzten Pfaden.
O! trauervolle Schatten an den Mauern.
Die andern fliehn durch dunkelnde Arkaden;
Und nächtens stürzen sie aus roten Schauern
Des Sternenwinds, gleich rasenden Mänaden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0038" n="40"/>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <head>DÄMMERUNG</head><lb/>
          <lg n="1">
            <l>Im Hof, verhext von milchigem Dämmerschein,</l><lb/>
            <l>Durch Herbstgebräuntes weiche Kranke gleiten.</l><lb/>
            <l>Ihr wächsern-runder Blick sinnt goldner Zeiten,</l><lb/>
            <l>Erfüllt von Träumerei und Ruh und Wein.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="2">
            <l>Ihr Siechentum schließt geisterhaft sich ein.</l><lb/>
            <l>Die Sterne weiße Traurigkeit verbreiten.</l><lb/>
            <l>Im Grau, erfüllt von Täuschung und Geläuten,</l><lb/>
            <l>Sieh, wie die Schrecklichen sich wirr zerstreun.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="3">
            <l>Formlose Spottgestalten huschen, kauern</l><lb/>
            <l>Und flattern sie auf schwarz-gekreuzten Pfaden.</l><lb/>
            <l>O! trauervolle Schatten an den Mauern.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="4">
            <l>Die andern fliehn durch dunkelnde Arkaden;</l><lb/>
            <l>Und nächtens stürzen sie aus roten Schauern</l><lb/>
            <l>Des Sternenwinds, gleich rasenden Mänaden.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0038] DÄMMERUNG Im Hof, verhext von milchigem Dämmerschein, Durch Herbstgebräuntes weiche Kranke gleiten. Ihr wächsern-runder Blick sinnt goldner Zeiten, Erfüllt von Träumerei und Ruh und Wein. Ihr Siechentum schließt geisterhaft sich ein. Die Sterne weiße Traurigkeit verbreiten. Im Grau, erfüllt von Täuschung und Geläuten, Sieh, wie die Schrecklichen sich wirr zerstreun. Formlose Spottgestalten huschen, kauern Und flattern sie auf schwarz-gekreuzten Pfaden. O! trauervolle Schatten an den Mauern. Die andern fliehn durch dunkelnde Arkaden; Und nächtens stürzen sie aus roten Schauern Des Sternenwinds, gleich rasenden Mänaden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-03-14T09:09:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-14T09:09:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-14T09:09:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/trakl_gedichte_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/trakl_gedichte_1913/38
Zitationshilfe: Trakl, Georg: Gedichte. Leipzig, 1913, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trakl_gedichte_1913/38>, abgerufen am 21.11.2024.