Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Trakl, Georg: Gedichte. Leipzig, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite
IN DER HEIMAT
Resedenduft durchs kranke Fenster irrt;
Ein alter Platz, Kastanien schwarz und wüst.
Das Dach durchbricht ein goldener Strahl und fließt
Auf die Geschwister traumhaft und verwirrt.
Im Spülicht treibt Verfallnes, leise girrt
Der Föhn im braunen Gärtchen; sehr still genießt
Ihr Gold die Sonnenblume und zerfließt.
Durch blaue Luft der Ruf der Wache klirrt.
Resedenduft. Die Mauern dämmern kahl.
Der Schwester Schlaf ist schwer. Der Nachtwind wühlt
In ihrem Haar, das mondner Glanz umspült.
Der Katze Schatten gleitet blau und schmal
Vom morschen Dach, das nahes Unheil säumt,
Die Kerzenflamme, die sich purpurn bäumt.
IN DER HEIMAT
Resedenduft durchs kranke Fenster irrt;
Ein alter Platz, Kastanien schwarz und wüst.
Das Dach durchbricht ein goldener Strahl und fließt
Auf die Geschwister traumhaft und verwirrt.
Im Spülicht treibt Verfallnes, leise girrt
Der Föhn im braunen Gärtchen; sehr still genießt
Ihr Gold die Sonnenblume und zerfließt.
Durch blaue Luft der Ruf der Wache klirrt.
Resedenduft. Die Mauern dämmern kahl.
Der Schwester Schlaf ist schwer. Der Nachtwind wühlt
In ihrem Haar, das mondner Glanz umspült.
Der Katze Schatten gleitet blau und schmal
Vom morschen Dach, das nahes Unheil säumt,
Die Kerzenflamme, die sich purpurn bäumt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0050" n="52"/>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <head>IN DER HEIMAT</head><lb/>
          <lg n="1">
            <l>Resedenduft durchs kranke Fenster irrt;</l><lb/>
            <l>Ein alter Platz, Kastanien schwarz und wüst.</l><lb/>
            <l>Das Dach durchbricht ein goldener Strahl und fließt</l><lb/>
            <l>Auf die Geschwister traumhaft und verwirrt.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="2">
            <l>Im Spülicht treibt Verfallnes, leise girrt</l><lb/>
            <l>Der Föhn im braunen Gärtchen; sehr still genießt</l><lb/>
            <l>Ihr Gold die Sonnenblume und zerfließt.</l><lb/>
            <l>Durch blaue Luft der Ruf der Wache klirrt.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="3">
            <l>Resedenduft. Die Mauern dämmern kahl.</l><lb/>
            <l>Der Schwester Schlaf ist schwer. Der Nachtwind wühlt</l><lb/>
            <l>In ihrem Haar, das mondner Glanz umspült.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="4">
            <l>Der Katze Schatten gleitet blau und schmal</l><lb/>
            <l>Vom morschen Dach, das nahes Unheil säumt,</l><lb/>
            <l>Die Kerzenflamme, die sich purpurn bäumt.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0050] IN DER HEIMAT Resedenduft durchs kranke Fenster irrt; Ein alter Platz, Kastanien schwarz und wüst. Das Dach durchbricht ein goldener Strahl und fließt Auf die Geschwister traumhaft und verwirrt. Im Spülicht treibt Verfallnes, leise girrt Der Föhn im braunen Gärtchen; sehr still genießt Ihr Gold die Sonnenblume und zerfließt. Durch blaue Luft der Ruf der Wache klirrt. Resedenduft. Die Mauern dämmern kahl. Der Schwester Schlaf ist schwer. Der Nachtwind wühlt In ihrem Haar, das mondner Glanz umspült. Der Katze Schatten gleitet blau und schmal Vom morschen Dach, das nahes Unheil säumt, Die Kerzenflamme, die sich purpurn bäumt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-03-14T09:09:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-14T09:09:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-14T09:09:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/trakl_gedichte_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/trakl_gedichte_1913/50
Zitationshilfe: Trakl, Georg: Gedichte. Leipzig, 1913, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trakl_gedichte_1913/50>, abgerufen am 23.11.2024.