Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.in den Schlitten stieg, reichte er ihm die Hand und sprach: Grüße mir die Brüder alle herzlich, recht herzlich, und unsern hochwürdigen Herren Prälaten lasse ich die Hand vielmals küssen. -- Ein Peitschenknall, und der Schlitten glitt in die dunkle Nacht hinein und verschwand. Der Pfarrer sah den Freunden lange nach, dann wendete er sich um und beschaute ängstlich die Straße in jener Richtung, in welcher sie tiefer ins Gebirg führt. Rosi, sagte er nach einigen Minuten, siehst du dort etwa einen Menschen mit einer Laterne näher kommen? Nein, sagte Rosi, wer wird denn jetzt auf der Straße sein. Keinen Hund soll man hinausjagen, rief der Pfarrer und eilte ins Haus. Rosi folgte ihm, sich die Schneeflocken aus den Augenwimpern und den braunen Haaren streifend. Sie trat in die Küche und wollte sich Licht machen, der Pfarrer aber widersprach diesem Beginnen. Komm du nur mit mir herauf. Herr Pfarrer, ich muß ja doch das Geschirr aufräumen. Das thue morgen, und rufe dir dazu die Meßnerin, heute bleibe noch ein Stündchen bei mir; ich trinke noch ein Glas Wein. Erzähle mir von deinem Bräutigam, wenn du willst, nur lasse mich nicht allein, denn sonst müßte ich in meinem so schnell wieder zur Einöde verwandelten Hause verzweifeln. -- Rosi folgte verwundert dem Priester, den sie noch nie in so aufgeregtem Zustande gesehen hatte. Wieder im Speisezimmer angekommen, setzte sich Malachias an den noch immer reich in den Schlitten stieg, reichte er ihm die Hand und sprach: Grüße mir die Brüder alle herzlich, recht herzlich, und unsern hochwürdigen Herren Prälaten lasse ich die Hand vielmals küssen. — Ein Peitschenknall, und der Schlitten glitt in die dunkle Nacht hinein und verschwand. Der Pfarrer sah den Freunden lange nach, dann wendete er sich um und beschaute ängstlich die Straße in jener Richtung, in welcher sie tiefer ins Gebirg führt. Rosi, sagte er nach einigen Minuten, siehst du dort etwa einen Menschen mit einer Laterne näher kommen? Nein, sagte Rosi, wer wird denn jetzt auf der Straße sein. Keinen Hund soll man hinausjagen, rief der Pfarrer und eilte ins Haus. Rosi folgte ihm, sich die Schneeflocken aus den Augenwimpern und den braunen Haaren streifend. Sie trat in die Küche und wollte sich Licht machen, der Pfarrer aber widersprach diesem Beginnen. Komm du nur mit mir herauf. Herr Pfarrer, ich muß ja doch das Geschirr aufräumen. Das thue morgen, und rufe dir dazu die Meßnerin, heute bleibe noch ein Stündchen bei mir; ich trinke noch ein Glas Wein. Erzähle mir von deinem Bräutigam, wenn du willst, nur lasse mich nicht allein, denn sonst müßte ich in meinem so schnell wieder zur Einöde verwandelten Hause verzweifeln. — Rosi folgte verwundert dem Priester, den sie noch nie in so aufgeregtem Zustande gesehen hatte. Wieder im Speisezimmer angekommen, setzte sich Malachias an den noch immer reich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0026"/> in den Schlitten stieg, reichte er ihm die Hand und sprach: Grüße mir die Brüder alle herzlich, recht herzlich, und unsern hochwürdigen Herren Prälaten lasse ich die Hand vielmals küssen. — Ein Peitschenknall, und der Schlitten glitt in die dunkle Nacht hinein und verschwand.</p><lb/> <p>Der Pfarrer sah den Freunden lange nach, dann wendete er sich um und beschaute ängstlich die Straße in jener Richtung, in welcher sie tiefer ins Gebirg führt. Rosi, sagte er nach einigen Minuten, siehst du dort etwa einen Menschen mit einer Laterne näher kommen?</p><lb/> <p>Nein, sagte Rosi, wer wird denn jetzt auf der Straße sein. Keinen Hund soll man hinausjagen, rief der Pfarrer und eilte ins Haus. Rosi folgte ihm, sich die Schneeflocken aus den Augenwimpern und den braunen Haaren streifend. Sie trat in die Küche und wollte sich Licht machen, der Pfarrer aber widersprach diesem Beginnen. Komm du nur mit mir herauf.</p><lb/> <p>Herr Pfarrer, ich muß ja doch das Geschirr aufräumen.</p><lb/> <p>Das thue morgen, und rufe dir dazu die Meßnerin, heute bleibe noch ein Stündchen bei mir; ich trinke noch ein Glas Wein. Erzähle mir von deinem Bräutigam, wenn du willst, nur lasse mich nicht allein, denn sonst müßte ich in meinem so schnell wieder zur Einöde verwandelten Hause verzweifeln. — Rosi folgte verwundert dem Priester, den sie noch nie in so aufgeregtem Zustande gesehen hatte. Wieder im Speisezimmer angekommen, setzte sich Malachias an den noch immer reich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0026]
in den Schlitten stieg, reichte er ihm die Hand und sprach: Grüße mir die Brüder alle herzlich, recht herzlich, und unsern hochwürdigen Herren Prälaten lasse ich die Hand vielmals küssen. — Ein Peitschenknall, und der Schlitten glitt in die dunkle Nacht hinein und verschwand.
Der Pfarrer sah den Freunden lange nach, dann wendete er sich um und beschaute ängstlich die Straße in jener Richtung, in welcher sie tiefer ins Gebirg führt. Rosi, sagte er nach einigen Minuten, siehst du dort etwa einen Menschen mit einer Laterne näher kommen?
Nein, sagte Rosi, wer wird denn jetzt auf der Straße sein. Keinen Hund soll man hinausjagen, rief der Pfarrer und eilte ins Haus. Rosi folgte ihm, sich die Schneeflocken aus den Augenwimpern und den braunen Haaren streifend. Sie trat in die Küche und wollte sich Licht machen, der Pfarrer aber widersprach diesem Beginnen. Komm du nur mit mir herauf.
Herr Pfarrer, ich muß ja doch das Geschirr aufräumen.
Das thue morgen, und rufe dir dazu die Meßnerin, heute bleibe noch ein Stündchen bei mir; ich trinke noch ein Glas Wein. Erzähle mir von deinem Bräutigam, wenn du willst, nur lasse mich nicht allein, denn sonst müßte ich in meinem so schnell wieder zur Einöde verwandelten Hause verzweifeln. — Rosi folgte verwundert dem Priester, den sie noch nie in so aufgeregtem Zustande gesehen hatte. Wieder im Speisezimmer angekommen, setzte sich Malachias an den noch immer reich
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