Küsten Nordafrikas und beendigten die häßlichste Episode aus der häß- lichen Geschichte der orientalischen Frage.
Auch den zahlreichen Beschwerden und Bitten der mediatisirten Reichs- stände begegnete der Bundestag mit unverwüstlicher Trägheit. Schon auf dem Wiener Congresse hatte Preußen vorgeschlagen, den Mediatisirten einige Curiatstimmen am Bundestage zu gewähren, damit der schwer miß- handelte hohe Adel sich mit der neuen Ordnung der deutschen Dinge ver- söhnen und aus seiner unnatürlichen Sonderstellung wieder heraustreten könne. Aber der Antrag scheiterte an der Eifersucht der rheinbündischen Höfe. Die Bundesakte verhieß den Mediatisirten (Art. 14) eine lange Reihe von Vorrechten in Sachen der Besteuerung, des Gerichtsstandes u. s. w. -- Privilegien, die den modernen Vorstellungen von Staatseinheit und Rechtsgleichheit widersprachen und also die öffentliche Meinung auch gegen die gerechten Ansprüche der alten Reichsstände verstimmten. Ueber die Curiatstimmen sagte der Art. 6 der Bundesakte nur, die Bundesver- sammlung solle diese Frage bei Berathung der organischen Gesetze in Er- wägung nehmen. Die Verheißungen des Art. 14 wurden in den größeren Staaten, begreiflich genug, weit bereitwilliger ausgeführt als von den kleinen Fürsten, denen die Mediatisirten als gefährliche Nebenbuhler erschienen. In Oesterreich, dem classischen Lande der Adelsprivilegien, stand der hohe Reichsadel von jeher in Gnaden, schon weil er vor Alters immer zur kai- serlichen Partei gehört hatte. Auch der König von Preußen betrachtete es als fürstliche Ehrenpflicht, das den Entthronten widerfahrene Unrecht zu sühnen und erließ schon am 21. Juli 1815 eine Verordnung, welche weit über die Verheißungen der Bundesakte hinausging und den Mediatisirten, fast allzu großmüthig, sehr bedeutende Vorrechte, sogar die Befreiung von allen direkten Steuern gewährte. Peinlicher war ihre Lage in Baiern. Mont- gelas und seine Bureaukratie konnten sich's nicht versagen, diese erlauchten Geschlechter zuweilen das Halsband der Unterthänigkeit fühlen zu lassen; man zwang sie ihre Adelsbriefe gegen hohe Gebühren bei dem Heroldsamte eintragen zu lassen und sprach amtlich nur noch von Herrn Waldburg, als der Fürst von Waldburg-Zeil die Zahlung verweigerte. Immerhin besaßen die bairischen Standesherren noch einen leidlich festen Rechtsboden an einer königlichen Verordnung v. J. 1807, die den Vorschriften der Bundesakte zum Muster gedient hatte.
In Württemberg dagegen, in Baden, Nassau und beiden Hessen nahm der Hader kein Ende; alle diese Höfe ahnten, daß die Fürstenberg, Lei- ningen, Löwenstein und Hohenlohe sich niemals schlichtweg als badische oder württembergische Unterthanen fühlen konnten. Mit brutaler Grobheit ver- wies König Friedrich von Württemberg die Fürsten und Grafen von Wald- burg, Königsegg u. A. zur Ruhe, da sie sich unterstanden, ihn in einer Adresse an "den glorreichen Vorgang" des Königs von Preußen zu erinnern. Darauf schlossen "die als schuldlose Staatsopfer niedergebeugten Reichs-
II. 4. Die Eröffnung des Deutſchen Bundestages.
Küſten Nordafrikas und beendigten die häßlichſte Epiſode aus der häß- lichen Geſchichte der orientaliſchen Frage.
Auch den zahlreichen Beſchwerden und Bitten der mediatiſirten Reichs- ſtände begegnete der Bundestag mit unverwüſtlicher Trägheit. Schon auf dem Wiener Congreſſe hatte Preußen vorgeſchlagen, den Mediatiſirten einige Curiatſtimmen am Bundestage zu gewähren, damit der ſchwer miß- handelte hohe Adel ſich mit der neuen Ordnung der deutſchen Dinge ver- ſöhnen und aus ſeiner unnatürlichen Sonderſtellung wieder heraustreten könne. Aber der Antrag ſcheiterte an der Eiferſucht der rheinbündiſchen Höfe. Die Bundesakte verhieß den Mediatiſirten (Art. 14) eine lange Reihe von Vorrechten in Sachen der Beſteuerung, des Gerichtsſtandes u. ſ. w. — Privilegien, die den modernen Vorſtellungen von Staatseinheit und Rechtsgleichheit widerſprachen und alſo die öffentliche Meinung auch gegen die gerechten Anſprüche der alten Reichsſtände verſtimmten. Ueber die Curiatſtimmen ſagte der Art. 6 der Bundesakte nur, die Bundesver- ſammlung ſolle dieſe Frage bei Berathung der organiſchen Geſetze in Er- wägung nehmen. Die Verheißungen des Art. 14 wurden in den größeren Staaten, begreiflich genug, weit bereitwilliger ausgeführt als von den kleinen Fürſten, denen die Mediatiſirten als gefährliche Nebenbuhler erſchienen. In Oeſterreich, dem claſſiſchen Lande der Adelsprivilegien, ſtand der hohe Reichsadel von jeher in Gnaden, ſchon weil er vor Alters immer zur kai- ſerlichen Partei gehört hatte. Auch der König von Preußen betrachtete es als fürſtliche Ehrenpflicht, das den Entthronten widerfahrene Unrecht zu ſühnen und erließ ſchon am 21. Juli 1815 eine Verordnung, welche weit über die Verheißungen der Bundesakte hinausging und den Mediatiſirten, faſt allzu großmüthig, ſehr bedeutende Vorrechte, ſogar die Befreiung von allen direkten Steuern gewährte. Peinlicher war ihre Lage in Baiern. Mont- gelas und ſeine Bureaukratie konnten ſich’s nicht verſagen, dieſe erlauchten Geſchlechter zuweilen das Halsband der Unterthänigkeit fühlen zu laſſen; man zwang ſie ihre Adelsbriefe gegen hohe Gebühren bei dem Heroldsamte eintragen zu laſſen und ſprach amtlich nur noch von Herrn Waldburg, als der Fürſt von Waldburg-Zeil die Zahlung verweigerte. Immerhin beſaßen die bairiſchen Standesherren noch einen leidlich feſten Rechtsboden an einer königlichen Verordnung v. J. 1807, die den Vorſchriften der Bundesakte zum Muſter gedient hatte.
In Württemberg dagegen, in Baden, Naſſau und beiden Heſſen nahm der Hader kein Ende; alle dieſe Höfe ahnten, daß die Fürſtenberg, Lei- ningen, Löwenſtein und Hohenlohe ſich niemals ſchlichtweg als badiſche oder württembergiſche Unterthanen fühlen konnten. Mit brutaler Grobheit ver- wies König Friedrich von Württemberg die Fürſten und Grafen von Wald- burg, Königsegg u. A. zur Ruhe, da ſie ſich unterſtanden, ihn in einer Adreſſe an „den glorreichen Vorgang“ des Königs von Preußen zu erinnern. Darauf ſchloſſen „die als ſchuldloſe Staatsopfer niedergebeugten Reichs-
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Küſten Nordafrikas und beendigten die häßlichſte Epiſode aus der häß-
lichen Geſchichte der orientaliſchen Frage.
Auch den zahlreichen Beſchwerden und Bitten der mediatiſirten Reichs-
ſtände begegnete der Bundestag mit unverwüſtlicher Trägheit. Schon auf
dem Wiener Congreſſe hatte Preußen vorgeſchlagen, den Mediatiſirten
einige Curiatſtimmen am Bundestage zu gewähren, damit der ſchwer miß-
handelte hohe Adel ſich mit der neuen Ordnung der deutſchen Dinge ver-
ſöhnen und aus ſeiner unnatürlichen Sonderſtellung wieder heraustreten
könne. Aber der Antrag ſcheiterte an der Eiferſucht der rheinbündiſchen
Höfe. Die Bundesakte verhieß den Mediatiſirten (Art. 14) eine lange
Reihe von Vorrechten in Sachen der Beſteuerung, des Gerichtsſtandes
u. ſ. w. — Privilegien, die den modernen Vorſtellungen von Staatseinheit
und Rechtsgleichheit widerſprachen und alſo die öffentliche Meinung auch
gegen die gerechten Anſprüche der alten Reichsſtände verſtimmten. Ueber
die Curiatſtimmen ſagte der Art. 6 der Bundesakte nur, die Bundesver-
ſammlung ſolle dieſe Frage bei Berathung der organiſchen Geſetze in Er-
wägung nehmen. Die Verheißungen des Art. 14 wurden in den größeren
Staaten, begreiflich genug, weit bereitwilliger ausgeführt als von den kleinen
Fürſten, denen die Mediatiſirten als gefährliche Nebenbuhler erſchienen.
In Oeſterreich, dem claſſiſchen Lande der Adelsprivilegien, ſtand der hohe
Reichsadel von jeher in Gnaden, ſchon weil er vor Alters immer zur kai-
ſerlichen Partei gehört hatte. Auch der König von Preußen betrachtete es als
fürſtliche Ehrenpflicht, das den Entthronten widerfahrene Unrecht zu ſühnen
und erließ ſchon am 21. Juli 1815 eine Verordnung, welche weit über
die Verheißungen der Bundesakte hinausging und den Mediatiſirten, faſt
allzu großmüthig, ſehr bedeutende Vorrechte, ſogar die Befreiung von allen
direkten Steuern gewährte. Peinlicher war ihre Lage in Baiern. Mont-
gelas und ſeine Bureaukratie konnten ſich’s nicht verſagen, dieſe erlauchten
Geſchlechter zuweilen das Halsband der Unterthänigkeit fühlen zu laſſen;
man zwang ſie ihre Adelsbriefe gegen hohe Gebühren bei dem Heroldsamte
eintragen zu laſſen und ſprach amtlich nur noch von Herrn Waldburg, als
der Fürſt von Waldburg-Zeil die Zahlung verweigerte. Immerhin beſaßen
die bairiſchen Standesherren noch einen leidlich feſten Rechtsboden an einer
königlichen Verordnung v. J. 1807, die den Vorſchriften der Bundesakte
zum Muſter gedient hatte.
In Württemberg dagegen, in Baden, Naſſau und beiden Heſſen nahm
der Hader kein Ende; alle dieſe Höfe ahnten, daß die Fürſtenberg, Lei-
ningen, Löwenſtein und Hohenlohe ſich niemals ſchlichtweg als badiſche oder
württembergiſche Unterthanen fühlen konnten. Mit brutaler Grobheit ver-
wies König Friedrich von Württemberg die Fürſten und Grafen von Wald-
burg, Königsegg u. A. zur Ruhe, da ſie ſich unterſtanden, ihn in einer Adreſſe
an „den glorreichen Vorgang“ des Königs von Preußen zu erinnern.
Darauf ſchloſſen „die als ſchuldloſe Staatsopfer niedergebeugten Reichs-
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 2: Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. Leipzig, 1882, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte02_1882/190>, abgerufen am 23.11.2024.
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