Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 3: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorwort.
verstorbene Oberstleutnant v. Motz in Weimar zur Einsicht übersendete.
Durch sie ward es mir erst möglich, das Bild des hochsinnigen Staats-
mannes, der in den Jahren nach Hardenberg's Tode das Beste für
Deutschlands Einheit gethan hat, in das rechte Licht zu rücken.

Die quellenmäßige Darstellung einer nahen Vergangenheit, welche
fast Niemand recht kennt und doch Jedermann zu kennen glaubt, müßte
sehr geistlos sein, wenn sie nicht den Zorn politischer Gegner erregte.
Halbkenner haben zu allen Zeiten die ungeschminkte Wahrheit am schwersten
ertragen.

Auch für diesen Band muß ich die Leser um einige Geduld bitten,
zumal für seine ersten Bogen. Aus dem Gewühl der oft so kleinlichen
und abgeschmackten Händel deutscher Politik treten doch immer wieder be-
deutende Männer, große Machtfragen, fruchtbare Gedanken heraus, deren
Wirksamkeit wir heute noch spüren. Ueber dem bunten Wirrsal waltet
die Nothwendigkeit einer erhabenen Vernunft.

Noch deutlicher als sein Vorgänger zeigt der vorliegende Band, daß
die politische Geschichte des Deutschen Bundes nur vom preußischen
Standpunkt aus betrachtet werden kann; denn nur wer selber fest steht,
vermag den Wandel der Dinge zu beurtheilen. Die Macht Preußens in
unserem neuen Reiche ist von langer Hand her durch redliche stille Arbeit
vorbereitet; darum wird sie dauern. --

Berlin, 5. December 1885.

Heinrich v. Treitschke.

Vorwort.
verſtorbene Oberſtleutnant v. Motz in Weimar zur Einſicht überſendete.
Durch ſie ward es mir erſt möglich, das Bild des hochſinnigen Staats-
mannes, der in den Jahren nach Hardenberg’s Tode das Beſte für
Deutſchlands Einheit gethan hat, in das rechte Licht zu rücken.

Die quellenmäßige Darſtellung einer nahen Vergangenheit, welche
faſt Niemand recht kennt und doch Jedermann zu kennen glaubt, müßte
ſehr geiſtlos ſein, wenn ſie nicht den Zorn politiſcher Gegner erregte.
Halbkenner haben zu allen Zeiten die ungeſchminkte Wahrheit am ſchwerſten
ertragen.

Auch für dieſen Band muß ich die Leſer um einige Geduld bitten,
zumal für ſeine erſten Bogen. Aus dem Gewühl der oft ſo kleinlichen
und abgeſchmackten Händel deutſcher Politik treten doch immer wieder be-
deutende Männer, große Machtfragen, fruchtbare Gedanken heraus, deren
Wirkſamkeit wir heute noch ſpüren. Ueber dem bunten Wirrſal waltet
die Nothwendigkeit einer erhabenen Vernunft.

Noch deutlicher als ſein Vorgänger zeigt der vorliegende Band, daß
die politiſche Geſchichte des Deutſchen Bundes nur vom preußiſchen
Standpunkt aus betrachtet werden kann; denn nur wer ſelber feſt ſteht,
vermag den Wandel der Dinge zu beurtheilen. Die Macht Preußens in
unſerem neuen Reiche iſt von langer Hand her durch redliche ſtille Arbeit
vorbereitet; darum wird ſie dauern. —

Berlin, 5. December 1885.

Heinrich v. Treitſchke.

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014" n="VI"/><fw place="top" type="header">Vorwort.</fw><lb/>
ver&#x017F;torbene Ober&#x017F;tleutnant v. Motz in Weimar zur Ein&#x017F;icht über&#x017F;endete.<lb/>
Durch &#x017F;ie ward es mir er&#x017F;t möglich, das Bild des hoch&#x017F;innigen Staats-<lb/>
mannes, der in den Jahren nach Hardenberg&#x2019;s Tode das Be&#x017F;te für<lb/>
Deut&#x017F;chlands Einheit gethan hat, in das rechte Licht zu rücken.</p><lb/>
        <p>Die quellenmäßige Dar&#x017F;tellung einer nahen Vergangenheit, welche<lb/>
fa&#x017F;t Niemand recht kennt und doch Jedermann zu kennen glaubt, müßte<lb/>
&#x017F;ehr gei&#x017F;tlos &#x017F;ein, wenn &#x017F;ie nicht den Zorn politi&#x017F;cher Gegner erregte.<lb/>
Halbkenner haben zu allen Zeiten die unge&#x017F;chminkte Wahrheit am &#x017F;chwer&#x017F;ten<lb/>
ertragen.</p><lb/>
        <p>Auch für die&#x017F;en Band muß ich die Le&#x017F;er um einige Geduld bitten,<lb/>
zumal für &#x017F;eine er&#x017F;ten Bogen. Aus dem Gewühl der oft &#x017F;o kleinlichen<lb/>
und abge&#x017F;chmackten Händel deut&#x017F;cher Politik treten doch immer wieder be-<lb/>
deutende Männer, große Machtfragen, fruchtbare Gedanken heraus, deren<lb/>
Wirk&#x017F;amkeit wir heute noch &#x017F;püren. Ueber dem bunten Wirr&#x017F;al waltet<lb/>
die Nothwendigkeit einer erhabenen Vernunft.</p><lb/>
        <p>Noch deutlicher als &#x017F;ein Vorgänger zeigt der vorliegende Band, daß<lb/>
die politi&#x017F;che Ge&#x017F;chichte des Deut&#x017F;chen Bundes nur vom preußi&#x017F;chen<lb/>
Standpunkt aus betrachtet werden kann; denn nur wer &#x017F;elber fe&#x017F;t &#x017F;teht,<lb/>
vermag den Wandel der Dinge zu beurtheilen. Die Macht Preußens in<lb/>
un&#x017F;erem neuen Reiche i&#x017F;t von langer Hand her durch redliche &#x017F;tille Arbeit<lb/>
vorbereitet; darum wird &#x017F;ie dauern. &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Berlin</hi>, 5. December 1885.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#b">Heinrich v. Treit&#x017F;chke.</hi> </hi> </p>
      </div><lb/>
    </front>
  </text>
</TEI>
[VI/0014] Vorwort. verſtorbene Oberſtleutnant v. Motz in Weimar zur Einſicht überſendete. Durch ſie ward es mir erſt möglich, das Bild des hochſinnigen Staats- mannes, der in den Jahren nach Hardenberg’s Tode das Beſte für Deutſchlands Einheit gethan hat, in das rechte Licht zu rücken. Die quellenmäßige Darſtellung einer nahen Vergangenheit, welche faſt Niemand recht kennt und doch Jedermann zu kennen glaubt, müßte ſehr geiſtlos ſein, wenn ſie nicht den Zorn politiſcher Gegner erregte. Halbkenner haben zu allen Zeiten die ungeſchminkte Wahrheit am ſchwerſten ertragen. Auch für dieſen Band muß ich die Leſer um einige Geduld bitten, zumal für ſeine erſten Bogen. Aus dem Gewühl der oft ſo kleinlichen und abgeſchmackten Händel deutſcher Politik treten doch immer wieder be- deutende Männer, große Machtfragen, fruchtbare Gedanken heraus, deren Wirkſamkeit wir heute noch ſpüren. Ueber dem bunten Wirrſal waltet die Nothwendigkeit einer erhabenen Vernunft. Noch deutlicher als ſein Vorgänger zeigt der vorliegende Band, daß die politiſche Geſchichte des Deutſchen Bundes nur vom preußiſchen Standpunkt aus betrachtet werden kann; denn nur wer ſelber feſt ſteht, vermag den Wandel der Dinge zu beurtheilen. Die Macht Preußens in unſerem neuen Reiche iſt von langer Hand her durch redliche ſtille Arbeit vorbereitet; darum wird ſie dauern. — Berlin, 5. December 1885. Heinrich v. Treitſchke.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte03_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte03_1885/14
Zitationshilfe: Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 3: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig, 1885, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte03_1885/14>, abgerufen am 21.11.2024.