Es soll gleich einem Eichbaum stark Der Mann mit Stürmen ringen. Es soll ihm trotzig Bein und Mark Die Willenskraft durchdringen.
Im Jahre 1845 starb er -- eines jener blinden und dumpfen Werk- zeuge, welche die Vorsehung zuweilen für ihre unerforschlichen Pläne aus- wählt; unzweifelhaft ein historischer Charakter, denn mit seinem Namen verflicht sich das Gedächtniß einer der folgenreichsten Wandlungen unseres Parteilebens. --
Noch vernehmlicher als Droste's Buch redeten die Thaten der ultra- montanen Partei in Baiern. Dort behauptete sie ein Jahrzehnt hindurch die unbeschränkte Herrschaft, und es gelang ihr, das Beste was dieser Staat besaß, den kirchlichen Frieden von Grund aus zu verwüsten. "Lassen Sie Sich -- so schrieb bald nach Sedlnitzky's Abdankung ein clericaler Heißsporn des Breslauer Domcapitels -- durch das Gerücht, in Baiern bereite sich eine kirchliche Reaktion vor, nicht irre machen. Die Wider- strebenden werden mit eisernen Ruthen niedergehalten werden. Jetzt wo die weltliche und die kirchliche Macht den Entscheidungskampf auch hier in Deutschland beginnt, müssen die feindlichen Stützen brechen, und die Geschichte lehrt uns, daß der Sieg doch am Ende Rom bleibt."*) In der That war König Ludwig jetzt ganz in clericalen Gedanken befangen. Nichts lag ihm ferner als der bewußte Plan, die Gleichberechtigung der Bekenntnisse zu stören, die er noch immer für ein Kleinod seines König- reichs ansah. Doch seit den pfälzischen Unruhen und dem stürmischen jüngsten Landtage hielt er die Rechte seiner Krone für gefährdet: "jetzt ists noch Zeit; wie die Felswände an dem See ragen unerschütterlich, so stehe ich." Um die Krone zu retten, klammerte er sich fest an die neue politische Heilslehre der Clericalen; in dem Kampfe zwischen Rom und der Revolution sah er fortan den Inhalt der Zeitgeschichte. Wenn er nach dem Vorbilde seines Ahnherrn, des Kurfürsten Max den deutschen Katho- licismus mit starker Hand beschirmte, dann hoffte er nicht nur die Re- volution zu bändigen, sondern auch das zugleich geliebte und beargwöhnte Preußen zu überflügeln und nach dem mißlungenen griechischen Aben- teuer dem Hause Wittelsbach doch noch eine große europäische Machtstellung zu gewinnen.
So lange solche Ideen den unstäten Geist des Königs beherrschten, blieb Minister Abel für ihn der natürliche Rathgeber, ein geschäftskundiger, rastlos thätiger Bureaukrat von durchfahrender, brutaler Strenge, hart,
*) Schreiben an den katholischen Propst von Berlin, 12. Juni 1841, von einem Mitglied des Breslauer Domcapitels (vermuthlich Ritter).
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. V. 20
Droſte’s Ausgang.
Es ſoll gleich einem Eichbaum ſtark Der Mann mit Stürmen ringen. Es ſoll ihm trotzig Bein und Mark Die Willenskraft durchdringen.
Im Jahre 1845 ſtarb er — eines jener blinden und dumpfen Werk- zeuge, welche die Vorſehung zuweilen für ihre unerforſchlichen Pläne aus- wählt; unzweifelhaft ein hiſtoriſcher Charakter, denn mit ſeinem Namen verflicht ſich das Gedächtniß einer der folgenreichſten Wandlungen unſeres Parteilebens. —
Noch vernehmlicher als Droſte’s Buch redeten die Thaten der ultra- montanen Partei in Baiern. Dort behauptete ſie ein Jahrzehnt hindurch die unbeſchränkte Herrſchaft, und es gelang ihr, das Beſte was dieſer Staat beſaß, den kirchlichen Frieden von Grund aus zu verwüſten. „Laſſen Sie Sich — ſo ſchrieb bald nach Sedlnitzky’s Abdankung ein clericaler Heißſporn des Breslauer Domcapitels — durch das Gerücht, in Baiern bereite ſich eine kirchliche Reaktion vor, nicht irre machen. Die Wider- ſtrebenden werden mit eiſernen Ruthen niedergehalten werden. Jetzt wo die weltliche und die kirchliche Macht den Entſcheidungskampf auch hier in Deutſchland beginnt, müſſen die feindlichen Stützen brechen, und die Geſchichte lehrt uns, daß der Sieg doch am Ende Rom bleibt.“*) In der That war König Ludwig jetzt ganz in clericalen Gedanken befangen. Nichts lag ihm ferner als der bewußte Plan, die Gleichberechtigung der Bekenntniſſe zu ſtören, die er noch immer für ein Kleinod ſeines König- reichs anſah. Doch ſeit den pfälziſchen Unruhen und dem ſtürmiſchen jüngſten Landtage hielt er die Rechte ſeiner Krone für gefährdet: „jetzt iſts noch Zeit; wie die Felswände an dem See ragen unerſchütterlich, ſo ſtehe ich.“ Um die Krone zu retten, klammerte er ſich feſt an die neue politiſche Heilslehre der Clericalen; in dem Kampfe zwiſchen Rom und der Revolution ſah er fortan den Inhalt der Zeitgeſchichte. Wenn er nach dem Vorbilde ſeines Ahnherrn, des Kurfürſten Max den deutſchen Katho- licismus mit ſtarker Hand beſchirmte, dann hoffte er nicht nur die Re- volution zu bändigen, ſondern auch das zugleich geliebte und beargwöhnte Preußen zu überflügeln und nach dem mißlungenen griechiſchen Aben- teuer dem Hauſe Wittelsbach doch noch eine große europäiſche Machtſtellung zu gewinnen.
So lange ſolche Ideen den unſtäten Geiſt des Königs beherrſchten, blieb Miniſter Abel für ihn der natürliche Rathgeber, ein geſchäftskundiger, raſtlos thätiger Bureaukrat von durchfahrender, brutaler Strenge, hart,
*) Schreiben an den katholiſchen Propſt von Berlin, 12. Juni 1841, von einem Mitglied des Breslauer Domcapitels (vermuthlich Ritter).
v. Treitſchke, Deutſche Geſchichte. V. 20
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Droſte’s Ausgang.
Es ſoll gleich einem Eichbaum ſtark
Der Mann mit Stürmen ringen.
Es ſoll ihm trotzig Bein und Mark
Die Willenskraft durchdringen.
Im Jahre 1845 ſtarb er — eines jener blinden und dumpfen Werk-
zeuge, welche die Vorſehung zuweilen für ihre unerforſchlichen Pläne aus-
wählt; unzweifelhaft ein hiſtoriſcher Charakter, denn mit ſeinem Namen
verflicht ſich das Gedächtniß einer der folgenreichſten Wandlungen unſeres
Parteilebens. —
Noch vernehmlicher als Droſte’s Buch redeten die Thaten der ultra-
montanen Partei in Baiern. Dort behauptete ſie ein Jahrzehnt hindurch
die unbeſchränkte Herrſchaft, und es gelang ihr, das Beſte was dieſer
Staat beſaß, den kirchlichen Frieden von Grund aus zu verwüſten. „Laſſen
Sie Sich — ſo ſchrieb bald nach Sedlnitzky’s Abdankung ein clericaler
Heißſporn des Breslauer Domcapitels — durch das Gerücht, in Baiern
bereite ſich eine kirchliche Reaktion vor, nicht irre machen. Die Wider-
ſtrebenden werden mit eiſernen Ruthen niedergehalten werden. Jetzt wo
die weltliche und die kirchliche Macht den Entſcheidungskampf auch hier
in Deutſchland beginnt, müſſen die feindlichen Stützen brechen, und die
Geſchichte lehrt uns, daß der Sieg doch am Ende Rom bleibt.“ *) In
der That war König Ludwig jetzt ganz in clericalen Gedanken befangen.
Nichts lag ihm ferner als der bewußte Plan, die Gleichberechtigung der
Bekenntniſſe zu ſtören, die er noch immer für ein Kleinod ſeines König-
reichs anſah. Doch ſeit den pfälziſchen Unruhen und dem ſtürmiſchen
jüngſten Landtage hielt er die Rechte ſeiner Krone für gefährdet: „jetzt
iſts noch Zeit; wie die Felswände an dem See ragen unerſchütterlich, ſo
ſtehe ich.“ Um die Krone zu retten, klammerte er ſich feſt an die neue
politiſche Heilslehre der Clericalen; in dem Kampfe zwiſchen Rom und der
Revolution ſah er fortan den Inhalt der Zeitgeſchichte. Wenn er nach
dem Vorbilde ſeines Ahnherrn, des Kurfürſten Max den deutſchen Katho-
licismus mit ſtarker Hand beſchirmte, dann hoffte er nicht nur die Re-
volution zu bändigen, ſondern auch das zugleich geliebte und beargwöhnte
Preußen zu überflügeln und nach dem mißlungenen griechiſchen Aben-
teuer dem Hauſe Wittelsbach doch noch eine große europäiſche Machtſtellung
zu gewinnen.
So lange ſolche Ideen den unſtäten Geiſt des Königs beherrſchten,
blieb Miniſter Abel für ihn der natürliche Rathgeber, ein geſchäftskundiger,
raſtlos thätiger Bureaukrat von durchfahrender, brutaler Strenge, hart,
*) Schreiben an den katholiſchen Propſt von Berlin, 12. Juni 1841, von einem
Mitglied des Breslauer Domcapitels (vermuthlich Ritter).
v. Treitſchke, Deutſche Geſchichte. V. 20
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 5: Bis zur März-Revolution. Leipzig, 1894, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte05_1894/319>, abgerufen am 24.11.2024.
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