den lebenden Organismus der vita minima, oder bringt Krankheit hervor: folglich setzt jede dieser verschiedenen Modifikationen des Lebens eine Form- und Mischungsveränderung der lebensfähi- gen Materie voraus: Allein die Materie bleibt un- verändert, so lange die Einwirkungen der Aussen- welt auf dieselbe sich gleich bleiben. Geschähen nun diese Einwirkungen blos durch das Medium der Lebenskraft, so würde keine relative Ungleich- heit in denselben, und daher auch keine Verände- rung in der lebensfähigen Materie statt finden kön- nen. Um diese Veränderungen möglich zu machen, müssen wir also Kräfte der Aussenwelt annehmen, welche unmittelbar und ohne vorher durch die Le- benskraft gebrochen zu seyn, auf die lebensfähige Materie einwirken.
Diese Einwirkungen können die Lebensfähig- keit der Materie entweder vermehren, oder vermin- dern. Zunahme der Lebenskraft und also auch der Lebensfähigkeit der Materie findet in der Periode der Jugend, Abnahme der erstern, und daher auch der letztern in der Periode des Alters statt. Wären diese Perioden zufällig, wie Krankheiten, so hätte die Erklärung derselben keine Schwürigkeiten. Aber beyde sind für jeden lebenden Organismus durchaus nothwendig. Die Voraussetzung, dass von dem Ursprunge desselben an bis zu seinen männlichen Jahren nur Potenzen, welche die Le-
bens-
den lebenden Organismus der vita minima, oder bringt Krankheit hervor: folglich setzt jede dieser verschiedenen Modifikationen des Lebens eine Form- und Mischungsveränderung der lebensfähi- gen Materie voraus: Allein die Materie bleibt un- verändert, so lange die Einwirkungen der Aussen- welt auf dieselbe sich gleich bleiben. Geschähen nun diese Einwirkungen blos durch das Medium der Lebenskraft, so würde keine relative Ungleich- heit in denselben, und daher auch keine Verände- rung in der lebensfähigen Materie statt finden kön- nen. Um diese Veränderungen möglich zu machen, müssen wir also Kräfte der Aussenwelt annehmen, welche unmittelbar und ohne vorher durch die Le- benskraft gebrochen zu seyn, auf die lebensfähige Materie einwirken.
Diese Einwirkungen können die Lebensfähig- keit der Materie entweder vermehren, oder vermin- dern. Zunahme der Lebenskraft und also auch der Lebensfähigkeit der Materie findet in der Periode der Jugend, Abnahme der erstern, und daher auch der letztern in der Periode des Alters statt. Wären diese Perioden zufällig, wie Krankheiten, so hätte die Erklärung derselben keine Schwürigkeiten. Aber beyde sind für jeden lebenden Organismus durchaus nothwendig. Die Voraussetzung, daſs von dem Ursprunge desselben an bis zu seinen männlichen Jahren nur Potenzen, welche die Le-
bens-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0104"n="84"/>
den lebenden Organismus der vita minima, oder<lb/>
bringt Krankheit hervor: folglich setzt jede dieser<lb/>
verschiedenen Modifikationen des Lebens eine<lb/>
Form- und Mischungsveränderung der lebensfähi-<lb/>
gen Materie voraus: Allein die Materie bleibt un-<lb/>
verändert, so lange die Einwirkungen der Aussen-<lb/>
welt auf dieselbe sich gleich bleiben. Geschähen<lb/>
nun diese Einwirkungen blos durch das Medium<lb/>
der Lebenskraft, so würde keine relative Ungleich-<lb/>
heit in denselben, und daher auch keine Verände-<lb/>
rung in der lebensfähigen Materie statt finden kön-<lb/>
nen. Um diese Veränderungen möglich zu machen,<lb/>
müssen wir also Kräfte der Aussenwelt annehmen,<lb/>
welche unmittelbar und ohne vorher durch die Le-<lb/>
benskraft gebrochen zu seyn, auf die lebensfähige<lb/>
Materie einwirken.</p><lb/><p>Diese Einwirkungen können die Lebensfähig-<lb/>
keit der Materie entweder vermehren, oder vermin-<lb/>
dern. Zunahme der Lebenskraft und also auch der<lb/>
Lebensfähigkeit der Materie findet in der Periode<lb/>
der Jugend, Abnahme der erstern, und daher auch<lb/>
der letztern in der Periode des Alters statt. Wären<lb/>
diese Perioden zufällig, wie Krankheiten, so hätte<lb/>
die Erklärung derselben keine Schwürigkeiten.<lb/>
Aber beyde sind für jeden lebenden Organismus<lb/>
durchaus nothwendig. Die Voraussetzung, daſs<lb/>
von dem Ursprunge desselben an bis zu seinen<lb/>
männlichen Jahren nur Potenzen, welche die Le-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">bens-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[84/0104]
den lebenden Organismus der vita minima, oder
bringt Krankheit hervor: folglich setzt jede dieser
verschiedenen Modifikationen des Lebens eine
Form- und Mischungsveränderung der lebensfähi-
gen Materie voraus: Allein die Materie bleibt un-
verändert, so lange die Einwirkungen der Aussen-
welt auf dieselbe sich gleich bleiben. Geschähen
nun diese Einwirkungen blos durch das Medium
der Lebenskraft, so würde keine relative Ungleich-
heit in denselben, und daher auch keine Verände-
rung in der lebensfähigen Materie statt finden kön-
nen. Um diese Veränderungen möglich zu machen,
müssen wir also Kräfte der Aussenwelt annehmen,
welche unmittelbar und ohne vorher durch die Le-
benskraft gebrochen zu seyn, auf die lebensfähige
Materie einwirken.
Diese Einwirkungen können die Lebensfähig-
keit der Materie entweder vermehren, oder vermin-
dern. Zunahme der Lebenskraft und also auch der
Lebensfähigkeit der Materie findet in der Periode
der Jugend, Abnahme der erstern, und daher auch
der letztern in der Periode des Alters statt. Wären
diese Perioden zufällig, wie Krankheiten, so hätte
die Erklärung derselben keine Schwürigkeiten.
Aber beyde sind für jeden lebenden Organismus
durchaus nothwendig. Die Voraussetzung, daſs
von dem Ursprunge desselben an bis zu seinen
männlichen Jahren nur Potenzen, welche die Le-
bens-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/104>, abgerufen am 11.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.