Der Schlund ist bey den meisten Vögeln weit, und der Magen bey vielen dreyfach. Erstens nehm- lich schwillet jener über der Brust, gleich unter der Haut, zu einem ovalen, sehr dehnbaren, häutigen, doch auch mit einigen Muskelfasern versehenen, drüsichten und vollsaftigen Sack, dem Kropfe (inglunies) auf. Der zweyte Magen liegt am un- tern Ende des Schlundes vor dem Hauptmagen. Er ist fleischicht, gleich dem letztern, doch schwächer als dieser, eyförmig, und mit sehr vielen Drüsen besetzt. Der dritte Magen findet sich bey allen Vö- geln, und bey allen ist er muskulös. Aber die Menge und Stärke dieser Muskelfasern ist sehr ver- schieden. Bey einigen Vögeln sind sie so dünn und in so geringer Anzahl vorhanden, dass der Magen mehr die Gestalt eines membranösen, als eines fleischichten Sacks hat; bey andern hingegen sind sie stärker und zahlreicher, wie in irgend einem hohlen Muskel eines andern Thiers. Bey den letz- tern bilden sie zwey strahlenförmige Muskeln, wo- von der obere in den Schlund, der untere in den Zwölffingerdarm übergeht, und welche auf der hin- tern und vordern Fläche des Magens in zwey seh- nichten Mittelpunkten zusammenkommen. Die in- nere Höhle dieses Magens ist so klein, dass ihr Queerdurchmesser kaum der Dicke ihrer Wände gleich kömmt, und die innere Fläche desselben nicht zottig, sondern knorpelartig.
Der
P 4
Der Schlund ist bey den meisten Vögeln weit, und der Magen bey vielen dreyfach. Erstens nehm- lich schwillet jener über der Brust, gleich unter der Haut, zu einem ovalen, sehr dehnbaren, häutigen, doch auch mit einigen Muskelfasern versehenen, drüsichten und vollsaftigen Sack, dem Kropfe (inglunies) auf. Der zweyte Magen liegt am un- tern Ende des Schlundes vor dem Hauptmagen. Er ist fleischicht, gleich dem letztern, doch schwächer als dieser, eyförmig, und mit sehr vielen Drüsen besetzt. Der dritte Magen findet sich bey allen Vö- geln, und bey allen ist er muskulös. Aber die Menge und Stärke dieser Muskelfasern ist sehr ver- schieden. Bey einigen Vögeln sind sie so dünn und in so geringer Anzahl vorhanden, daſs der Magen mehr die Gestalt eines membranösen, als eines fleischichten Sacks hat; bey andern hingegen sind sie stärker und zahlreicher, wie in irgend einem hohlen Muskel eines andern Thiers. Bey den letz- tern bilden sie zwey strahlenförmige Muskeln, wo- von der obere in den Schlund, der untere in den Zwölffingerdarm übergeht, und welche auf der hin- tern und vordern Fläche des Magens in zwey seh- nichten Mittelpunkten zusammenkommen. Die in- nere Höhle dieses Magens ist so klein, daſs ihr Queerdurchmesser kaum der Dicke ihrer Wände gleich kömmt, und die innere Fläche desselben nicht zottig, sondern knorpelartig.
Der
P 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0251"n="231"/><p>Der Schlund ist bey den meisten Vögeln weit,<lb/>
und der Magen bey vielen dreyfach. Erstens nehm-<lb/>
lich schwillet jener über der Brust, gleich unter der<lb/>
Haut, zu einem ovalen, sehr dehnbaren, häutigen,<lb/>
doch auch mit einigen Muskelfasern versehenen,<lb/>
drüsichten und vollsaftigen Sack, dem <hirendition="#g">Kropfe</hi><lb/>
(inglunies) auf. Der zweyte Magen liegt am un-<lb/>
tern Ende des Schlundes vor dem Hauptmagen. Er<lb/>
ist fleischicht, gleich dem letztern, doch schwächer<lb/>
als dieser, eyförmig, und mit sehr vielen Drüsen<lb/>
besetzt. Der dritte Magen findet sich bey allen Vö-<lb/>
geln, und bey allen ist er muskulös. Aber die<lb/>
Menge und Stärke dieser Muskelfasern ist sehr ver-<lb/>
schieden. Bey einigen Vögeln sind sie so dünn und<lb/>
in so geringer Anzahl vorhanden, daſs der Magen<lb/>
mehr die Gestalt eines membranösen, als eines<lb/>
fleischichten Sacks hat; bey andern hingegen sind<lb/>
sie stärker und zahlreicher, wie in irgend einem<lb/>
hohlen Muskel eines andern Thiers. Bey den letz-<lb/>
tern bilden sie zwey strahlenförmige Muskeln, wo-<lb/>
von der obere in den Schlund, der untere in den<lb/>
Zwölffingerdarm übergeht, und welche auf der hin-<lb/>
tern und vordern Fläche des Magens in zwey seh-<lb/>
nichten Mittelpunkten zusammenkommen. Die in-<lb/>
nere Höhle dieses Magens ist so klein, daſs ihr<lb/>
Queerdurchmesser kaum der Dicke ihrer Wände<lb/>
gleich kömmt, und die innere Fläche desselben nicht<lb/>
zottig, sondern knorpelartig.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[231/0251]
Der Schlund ist bey den meisten Vögeln weit,
und der Magen bey vielen dreyfach. Erstens nehm-
lich schwillet jener über der Brust, gleich unter der
Haut, zu einem ovalen, sehr dehnbaren, häutigen,
doch auch mit einigen Muskelfasern versehenen,
drüsichten und vollsaftigen Sack, dem Kropfe
(inglunies) auf. Der zweyte Magen liegt am un-
tern Ende des Schlundes vor dem Hauptmagen. Er
ist fleischicht, gleich dem letztern, doch schwächer
als dieser, eyförmig, und mit sehr vielen Drüsen
besetzt. Der dritte Magen findet sich bey allen Vö-
geln, und bey allen ist er muskulös. Aber die
Menge und Stärke dieser Muskelfasern ist sehr ver-
schieden. Bey einigen Vögeln sind sie so dünn und
in so geringer Anzahl vorhanden, daſs der Magen
mehr die Gestalt eines membranösen, als eines
fleischichten Sacks hat; bey andern hingegen sind
sie stärker und zahlreicher, wie in irgend einem
hohlen Muskel eines andern Thiers. Bey den letz-
tern bilden sie zwey strahlenförmige Muskeln, wo-
von der obere in den Schlund, der untere in den
Zwölffingerdarm übergeht, und welche auf der hin-
tern und vordern Fläche des Magens in zwey seh-
nichten Mittelpunkten zusammenkommen. Die in-
nere Höhle dieses Magens ist so klein, daſs ihr
Queerdurchmesser kaum der Dicke ihrer Wände
gleich kömmt, und die innere Fläche desselben nicht
zottig, sondern knorpelartig.
Der
P 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/251>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.