desselben ein Schein von Willkühr finden, und diesen treffen wir wirklich bey ihm an. Denn war- um schreiben wir den abgeschnittenen und zucken- den Muskeln noch Leben zu, als weil wir in ihren Bewegungen noch eine Art von Willkühr erblicken? Willkühr ist aber nur in Beziehung auf zufällige Einwirkungen der Aussenwelt möglich, und der Zweck derselben besteht darin, diese Einwirkun- gen so zu modifiziren, dass sie dem Zustande des von ihnen assicirten Wesens angemessen werden, und also den Schein der Nothwendigkeit erhalten. Bey dem geistigen Leben ist daher das Gesetz von der Gleichheit der Einwirkung und Gegenwirkung aufgehoben. Der Spiegel der Seele wirft die Bilder des Weltalls nicht so zurück, wie er sie empfan- gen hat, sondern verändert sie, und bildet sich aus ihnen eine andere Welt, die ihm angemessener ist, als die der Urbilder. So muss es auch bey dem physischen Leben seyn. Auch der lebende, aber seelenlose Körper steht unter zufälligen Ein- flüssen, und er giebt dem Zufälligen bey diesen Einwirkungen den Schein der Nothwendigkeit. Das physische Leben ist daher ein Zustand, den zufällige Einwirkungen der Aussenwelt hervorbringen und unterhalten, in wel- chem aber, dieser Zufälligkeit ohnge- achtet, dennoch eine Gleichförmigkeit der Erscheinungen herrscht.
Aber
B 4
desselben ein Schein von Willkühr finden, und diesen treffen wir wirklich bey ihm an. Denn war- um schreiben wir den abgeschnittenen und zucken- den Muskeln noch Leben zu, als weil wir in ihren Bewegungen noch eine Art von Willkühr erblicken? Willkühr ist aber nur in Beziehung auf zufällige Einwirkungen der Aussenwelt möglich, und der Zweck derselben besteht darin, diese Einwirkun- gen so zu modifiziren, daſs sie dem Zustande des von ihnen aſſicirten Wesens angemessen werden, und also den Schein der Nothwendigkeit erhalten. Bey dem geistigen Leben ist daher das Gesetz von der Gleichheit der Einwirkung und Gegenwirkung aufgehoben. Der Spiegel der Seele wirft die Bilder des Weltalls nicht so zurück, wie er sie empfan- gen hat, sondern verändert sie, und bildet sich aus ihnen eine andere Welt, die ihm angemessener ist, als die der Urbilder. So muſs es auch bey dem physischen Leben seyn. Auch der lebende, aber seelenlose Körper steht unter zufälligen Ein- flüssen, und er giebt dem Zufälligen bey diesen Einwirkungen den Schein der Nothwendigkeit. Das physische Leben ist daher ein Zustand, den zufällige Einwirkungen der Aussenwelt hervorbringen und unterhalten, in wel- chem aber, dieser Zufälligkeit ohnge- achtet, dennoch eine Gleichförmigkeit der Erscheinungen herrscht.
Aber
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desselben ein Schein von Willkühr finden, und
diesen treffen wir wirklich bey ihm an. Denn war-
um schreiben wir den abgeschnittenen und zucken-
den Muskeln noch Leben zu, als weil wir in ihren
Bewegungen noch eine Art von Willkühr erblicken?
Willkühr ist aber nur in Beziehung auf zufällige
Einwirkungen der Aussenwelt möglich, und der
Zweck derselben besteht darin, diese Einwirkun-
gen so zu modifiziren, daſs sie dem Zustande des
von ihnen aſſicirten Wesens angemessen werden,
und also den Schein der Nothwendigkeit erhalten.
Bey dem geistigen Leben ist daher das Gesetz von
der Gleichheit der Einwirkung und Gegenwirkung
aufgehoben. Der Spiegel der Seele wirft die Bilder
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gen hat, sondern verändert sie, und bildet sich
aus ihnen eine andere Welt, die ihm angemessener
ist, als die der Urbilder. So muſs es auch bey
dem physischen Leben seyn. Auch der lebende,
aber seelenlose Körper steht unter zufälligen Ein-
flüssen, und er giebt dem Zufälligen bey diesen
Einwirkungen den Schein der Nothwendigkeit.
Das physische Leben ist daher ein Zustand, den
zufällige Einwirkungen der Aussenwelt
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/43>, abgerufen am 21.11.2024.
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