kann nur ein Geist dem Streite wechselseitig sie- gender und unterliegender Kräfte Fortdauer geben.
Dies sind die Gründe, woraus der Neueste un- ter den Vertheidigern einer Weltseele auf die Iden- tität von lebend und beseelt schliesst, und ähnliche sind es auch, womit er die Nothwendig- keit der Annahme einer Weltseele zur Erklärung der fortdauernden Thätigkeit im Universum zu be- weisen sucht (n). Keiner vor ihm setzte jene Gründe mit so vieler Klarheit und Bestimmtheit aus einander. Aber auch hier bestätigt es sich, dass das Irrige einer Meynung desto eher in die Augen fällt, je deutlicher die Schlüsse, worauf sich dieselbe stützt, dargestellt sind. Die Voraus- setzung der Unendlichkeit des Weltalls überhebt uns der hyperphysischen Hypothese von einer Welt- seele. Denn was hindert uns jetzt, für jenes zur Unterhaltung des Streits zweyer entgegengesetzten Kräfte erforderliche Dritte wieder eine Kraft anzu- nehmen? Wir kommen freylich hierbey auf die vori- ge Alternative zurück. Aber da keine Kraft die letz- te seyn darf, so darf uns diese Alternative nicht irre machen. Eine Kraft ist es, die dem Streite jedes Paars entgegengesetzter Kräfte Fortdauer giebt; jene Dritte wird wieder durch eine vierte ihr
entge-
(n)Schellings Ideen zu einer Philosophie der Natur, S. LVIII. -- Ebenderselbe von der Weltseele.
I. Bd. C
kann nur ein Geist dem Streite wechselseitig sie- gender und unterliegender Kräfte Fortdauer geben.
Dies sind die Gründe, woraus der Neueste un- ter den Vertheidigern einer Weltseele auf die Iden- tität von lebend und beseelt schlieſst, und ähnliche sind es auch, womit er die Nothwendig- keit der Annahme einer Weltseele zur Erklärung der fortdauernden Thätigkeit im Universum zu be- weisen sucht (n). Keiner vor ihm setzte jene Gründe mit so vieler Klarheit und Bestimmtheit aus einander. Aber auch hier bestätigt es sich, daſs das Irrige einer Meynung desto eher in die Augen fällt, je deutlicher die Schlüsse, worauf sich dieselbe stützt, dargestellt sind. Die Voraus- setzung der Unendlichkeit des Weltalls überhebt uns der hyperphysischen Hypothese von einer Welt- seele. Denn was hindert uns jetzt, für jenes zur Unterhaltung des Streits zweyer entgegengesetzten Kräfte erforderliche Dritte wieder eine Kraft anzu- nehmen? Wir kommen freylich hierbey auf die vori- ge Alternative zurück. Aber da keine Kraft die letz- te seyn darf, so darf uns diese Alternative nicht irre machen. Eine Kraft ist es, die dem Streite jedes Paars entgegengesetzter Kräfte Fortdauer giebt; jene Dritte wird wieder durch eine vierte ihr
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(n)Schellings Ideen zu einer Philosophie der Natur, S. LVIII. — Ebenderselbe von der Weltseele.
I. Bd. C
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kann nur ein Geist dem Streite wechselseitig sie-
gender und unterliegender Kräfte Fortdauer geben.
Dies sind die Gründe, woraus der Neueste un-
ter den Vertheidigern einer Weltseele auf die Iden-
tität von lebend und beseelt schlieſst, und
ähnliche sind es auch, womit er die Nothwendig-
keit der Annahme einer Weltseele zur Erklärung
der fortdauernden Thätigkeit im Universum zu be-
weisen sucht (n). Keiner vor ihm setzte jene
Gründe mit so vieler Klarheit und Bestimmtheit
aus einander. Aber auch hier bestätigt es sich,
daſs das Irrige einer Meynung desto eher in die
Augen fällt, je deutlicher die Schlüsse, worauf
sich dieselbe stützt, dargestellt sind. Die Voraus-
setzung der Unendlichkeit des Weltalls überhebt
uns der hyperphysischen Hypothese von einer Welt-
seele. Denn was hindert uns jetzt, für jenes zur
Unterhaltung des Streits zweyer entgegengesetzten
Kräfte erforderliche Dritte wieder eine Kraft anzu-
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ge Alternative zurück. Aber da keine Kraft die letz-
te seyn darf, so darf uns diese Alternative nicht
irre machen. Eine Kraft ist es, die dem Streite
jedes Paars entgegengesetzter Kräfte Fortdauer
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/53>, abgerufen am 04.12.2024.
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