Nur die Anwendung, nicht der Besitz, macht den Werth des Reichthums. Eine geringe Anzahl aus einem obersten Grundsatze abge- leiteter, und zu einem consequenten Ganzen verbundener Sätze ist schätzbarer, als alle un- zusammenhängende Kenntnisse des grössten Vielwissers. Jede Wissenschaft, deren Leh- ren blos nach einem willkührlichen System ge- ordnet sind, ist ein Schatz, der erst Zinsen tragen soll, aber noch keine trug. Eine sol- che Wissenschaft war bisher die Naturge- schichte. Lange standen ihre Lehren so iso- lirt, wie die Pyramiden in den Wüsten Ae- gyptens. Als die Menge ihrer Erfahrungen sich mehrte, fühlte man die Nothwendigkeit, durch ein gewisses System die Uebersicht der- selben zu erleichtern. Man suchte ein solches, fand aber desto grössere Hindernisse bey der Ausführung desselben, je mehr man mit der Natur vertraut wurde. Diese Schwürigkeiten
reitz-
* 2
Vorrede.
Nur die Anwendung, nicht der Besitz, macht den Werth des Reichthums. Eine geringe Anzahl aus einem obersten Grundsatze abge- leiteter, und zu einem consequenten Ganzen verbundener Sätze ist schätzbarer, als alle un- zusammenhängende Kenntnisse des gröſsten Vielwissers. Jede Wissenschaft, deren Leh- ren blos nach einem willkührlichen System ge- ordnet sind, ist ein Schatz, der erst Zinsen tragen soll, aber noch keine trug. Eine sol- che Wissenschaft war bisher die Naturge- schichte. Lange standen ihre Lehren so iso- lirt, wie die Pyramiden in den Wüsten Ae- gyptens. Als die Menge ihrer Erfahrungen sich mehrte, fühlte man die Nothwendigkeit, durch ein gewisses System die Uebersicht der- selben zu erleichtern. Man suchte ein solches, fand aber desto gröſsere Hindernisse bey der Ausführung desselben, je mehr man mit der Natur vertraut wurde. Diese Schwürigkeiten
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[[III]/0009]
Vorrede.
Nur die Anwendung, nicht der Besitz, macht
den Werth des Reichthums. Eine geringe
Anzahl aus einem obersten Grundsatze abge-
leiteter, und zu einem consequenten Ganzen
verbundener Sätze ist schätzbarer, als alle un-
zusammenhängende Kenntnisse des gröſsten
Vielwissers. Jede Wissenschaft, deren Leh-
ren blos nach einem willkührlichen System ge-
ordnet sind, ist ein Schatz, der erst Zinsen
tragen soll, aber noch keine trug. Eine sol-
che Wissenschaft war bisher die Naturge-
schichte. Lange standen ihre Lehren so iso-
lirt, wie die Pyramiden in den Wüsten Ae-
gyptens. Als die Menge ihrer Erfahrungen
sich mehrte, fühlte man die Nothwendigkeit,
durch ein gewisses System die Uebersicht der-
selben zu erleichtern. Man suchte ein solches,
fand aber desto gröſsere Hindernisse bey der
Ausführung desselben, je mehr man mit der
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. [III]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/9>, abgerufen am 23.11.2024.
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