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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803.

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Foetus kommen, indem jener, wie wir in der Fol-
ge sehen werden, bey der Befruchtung nicht zu
dem weiblichen Zeugungsstoff gelanget. Dieser
weibliche Saame müsste also ein Magazin von Ey-
ern seyn, und zwar nicht blos von Eyern Einer,
sondern aller der Arten von Eingeweidewürmern,
welche die Thierart, wozu die Mutter gehört, in
sich beherrbergt. Denn fehlte nur eine einzige
Art darunter, so würde nicht nur der Foetus, son-
dern auch dessen ganze Nachkommenschaft auf
immer von dieser Art befreyet seyn.

Hier ist also schon Eine Ungereimtheit, worauf
die obige Voraussetzung führt. Eine noch grössere
entsteht, wenn man überlegt, welchen Weg jene
Eyer zurückzulegen haben, und wie vielen Zu-
fällen sie ausgesetzt sind, ehe sie zu den Eyer-
stöcken gelangen können. Sie müssen erst von den
lymphatischen Gefässen, oder von den Milchgefä-
ssen eingesogen, von hier in den Brustgang, dann
in die Schlüsselbeinvene, in den Hohlvenensack,
und nun zum Herzen geführt werden. Dieses muss
sie weiter in die Aorta treiben, und dann müssen
die Saamenarterien eine eigene Anziehung auf sie
äussern, weil sie sonst eben so gut den Weg zum Ge-
hirne und zu jedem andern Eingeweide, als zu den
Ovarien nehmen könnten. Auf diesem langen We-
ge müssen sie die heftigste Friktion erleiden, ohne
davon beschädigt zu werden. Sie müssen endlich,

wenn
Bd. II. Aa

Foetus kommen, indem jener, wie wir in der Fol-
ge sehen werden, bey der Befruchtung nicht zu
dem weiblichen Zeugungsstoff gelanget. Dieser
weibliche Saame müſste also ein Magazin von Ey-
ern seyn, und zwar nicht blos von Eyern Einer,
sondern aller der Arten von Eingeweidewürmern,
welche die Thierart, wozu die Mutter gehört, in
sich beherrbergt. Denn fehlte nur eine einzige
Art darunter, so würde nicht nur der Foetus, son-
dern auch dessen ganze Nachkommenschaft auf
immer von dieser Art befreyet seyn.

Hier ist also schon Eine Ungereimtheit, worauf
die obige Voraussetzung führt. Eine noch gröſsere
entsteht, wenn man überlegt, welchen Weg jene
Eyer zurückzulegen haben, und wie vielen Zu-
fällen sie ausgesetzt sind, ehe sie zu den Eyer-
stöcken gelangen können. Sie müssen erst von den
lymphatischen Gefäſsen, oder von den Milchgefä-
ſsen eingesogen, von hier in den Brustgang, dann
in die Schlüsselbeinvene, in den Hohlvenensack,
und nun zum Herzen geführt werden. Dieses muſs
sie weiter in die Aorta treiben, und dann müssen
die Saamenarterien eine eigene Anziehung auf sie
äussern, weil sie sonst eben so gut den Weg zum Ge-
hirne und zu jedem andern Eingeweide, als zu den
Ovarien nehmen könnten. Auf diesem langen We-
ge müssen sie die heftigste Friktion erleiden, ohne
davon beschädigt zu werden. Sie müssen endlich,

wenn
Bd. II. Aa
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[369/0379] Foetus kommen, indem jener, wie wir in der Fol- ge sehen werden, bey der Befruchtung nicht zu dem weiblichen Zeugungsstoff gelanget. Dieser weibliche Saame müſste also ein Magazin von Ey- ern seyn, und zwar nicht blos von Eyern Einer, sondern aller der Arten von Eingeweidewürmern, welche die Thierart, wozu die Mutter gehört, in sich beherrbergt. Denn fehlte nur eine einzige Art darunter, so würde nicht nur der Foetus, son- dern auch dessen ganze Nachkommenschaft auf immer von dieser Art befreyet seyn. Hier ist also schon Eine Ungereimtheit, worauf die obige Voraussetzung führt. Eine noch gröſsere entsteht, wenn man überlegt, welchen Weg jene Eyer zurückzulegen haben, und wie vielen Zu- fällen sie ausgesetzt sind, ehe sie zu den Eyer- stöcken gelangen können. Sie müssen erst von den lymphatischen Gefäſsen, oder von den Milchgefä- ſsen eingesogen, von hier in den Brustgang, dann in die Schlüsselbeinvene, in den Hohlvenensack, und nun zum Herzen geführt werden. Dieses muſs sie weiter in die Aorta treiben, und dann müssen die Saamenarterien eine eigene Anziehung auf sie äussern, weil sie sonst eben so gut den Weg zum Ge- hirne und zu jedem andern Eingeweide, als zu den Ovarien nehmen könnten. Auf diesem langen We- ge müssen sie die heftigste Friktion erleiden, ohne davon beschädigt zu werden. Sie müssen endlich, wenn Bd. II. Aa

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/379>, abgerufen am 02.06.2024.