für diese Meinung vorhanden wären. Indess giebt es allerdings solche Gründe. Wir werden diese im folgenden Buche aufstellen. Wir werden dort se- hen, dass der Weg, worauf die ganze lebende Na- tur gebildet wurde, derselbe war, auf welchem jetzt noch die plastischen Kräfte bey der Erzeugung aus formloser Materie wirken. Wir werden finden, dass so wie heut zu Tage aller ungebildete Stoff sich zuerst zu Zoophyten organisirt, so auch die ersten Rudimente der ganzen lebenden Natur aus Zoophy- ten bestanden. Hier bemerken wir nur noch, dass man nicht einwenden kann, eine solche Erzeugung von Thieren der höhern Classen müsse jetzt noch beobachtet werden, wenn unsere Meinung gegrün- det wäre. Denn was geschahe, als die lebende Natur noch im Werden begriffen war, kann nicht mehr geschehen, seitdem sie völlig organisirt ist.
Wir dürfen also nicht mehr zweifeln, dass eben jenes thätige Princip, welches in Aufgüssen von verweslichen Substanzen eine microscopische Thier- und Pflanzenwelt bildet, nicht auch grössere und mehr zusammengesetzte Organismen sollte hervor- bringen können. Indess würde an der Vollständig- keit unsers Beweises noch etwas fehlen, wenn wir nicht auch von jener Umwandlung thierischer For- men in vegetabilische, und der letztern in anima- lische, die Needham in seinen Infusionen beobach- tete, und wovon wir schon oben eine Bestätigung
bey
für diese Meinung vorhanden wären. Indeſs giebt es allerdings solche Gründe. Wir werden diese im folgenden Buche aufstellen. Wir werden dort se- hen, daſs der Weg, worauf die ganze lebende Na- tur gebildet wurde, derselbe war, auf welchem jetzt noch die plastischen Kräfte bey der Erzeugung aus formloser Materie wirken. Wir werden finden, daſs so wie heut zu Tage aller ungebildete Stoff sich zuerst zu Zoophyten organisirt, so auch die ersten Rudimente der ganzen lebenden Natur aus Zoophy- ten bestanden. Hier bemerken wir nur noch, daſs man nicht einwenden kann, eine solche Erzeugung von Thieren der höhern Classen müsse jetzt noch beobachtet werden, wenn unsere Meinung gegrün- det wäre. Denn was geschahe, als die lebende Natur noch im Werden begriffen war, kann nicht mehr geschehen, seitdem sie völlig organisirt ist.
Wir dürfen also nicht mehr zweifeln, daſs eben jenes thätige Princip, welches in Aufgüssen von verweslichen Substanzen eine microscopische Thier- und Pflanzenwelt bildet, nicht auch gröſsere und mehr zusammengesetzte Organismen sollte hervor- bringen können. Indeſs würde an der Vollständig- keit unsers Beweises noch etwas fehlen, wenn wir nicht auch von jener Umwandlung thierischer For- men in vegetabilische, und der letztern in anima- lische, die Needham in seinen Infusionen beobach- tete, und wovon wir schon oben eine Bestätigung
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für diese Meinung vorhanden wären. Indeſs giebt
es allerdings solche Gründe. Wir werden diese im
folgenden Buche aufstellen. Wir werden dort se-
hen, daſs der Weg, worauf die ganze lebende Na-
tur gebildet wurde, derselbe war, auf welchem
jetzt noch die plastischen Kräfte bey der Erzeugung
aus formloser Materie wirken. Wir werden finden,
daſs so wie heut zu Tage aller ungebildete Stoff sich
zuerst zu Zoophyten organisirt, so auch die ersten
Rudimente der ganzen lebenden Natur aus Zoophy-
ten bestanden. Hier bemerken wir nur noch, daſs
man nicht einwenden kann, eine solche Erzeugung
von Thieren der höhern Classen müsse jetzt noch
beobachtet werden, wenn unsere Meinung gegrün-
det wäre. Denn was geschahe, als die lebende
Natur noch im Werden begriffen war, kann nicht
mehr geschehen, seitdem sie völlig organisirt ist.
Wir dürfen also nicht mehr zweifeln, daſs eben
jenes thätige Princip, welches in Aufgüssen von
verweslichen Substanzen eine microscopische Thier-
und Pflanzenwelt bildet, nicht auch gröſsere und
mehr zusammengesetzte Organismen sollte hervor-
bringen können. Indeſs würde an der Vollständig-
keit unsers Beweises noch etwas fehlen, wenn wir
nicht auch von jener Umwandlung thierischer For-
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/388>, abgerufen am 24.11.2024.
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